Raumfahrt:Pannendienst für Satelliten

25 Jahre Weltraumteleskop ´Hubble"

Das Weltraumteleskop Hubble wurde schon mehrmals repariert, bei weniger teuren Satelliten lohnt sich das dagegen kaum.

(Foto: NASA/dpa)

Das Start-up Reflex hat eine Marktlücke aufgetan: Es will defekte Satelliten möglichst schnell ersetzen. Geld verdienen will es jedoch auf andere Art und Weise.

Von Dieter Sürig

Wenn ein Satellit im Erdorbit ausfällt, dann kann der Betreiber ihn nicht reparieren, so wie es die US-Raumfahrtbehörde Nasa einst mit dem defekten Hubble-Teleskop getan hat. Der Satellit ist kaputt, wenn die betroffene Komponente nicht doppelt verbaut ist. Es kann Jahre dauern, bis ein neuer Satellit den defekten ersetzt.

Das Berliner Start-up Reflex Aerospace will genau diese Lücke schließen. "Wir könnten schnell einen Satelliten starten, der zumindest teilweise die Funktionalität übernehmen kann", sagt Gründer Walter Ballheimer. Dazu bestücken sie zum Beispiel in wenigen Wochen eine einheitliche Satelliten-Plattform mit einem Transponder, der vorübergehend für einen defekten Kommunikationssatelliten einspringen kann. "Wir haben nicht den Anspruch, alles zu ersetzen, sondern nur die Kernfunktion, um den Verlust zu lindern", sagt er.

Dabei handelt es sich nicht um Cubesats, wie sie Ballheimer bei dem Berliner Start-up German Orbital Systems gebaut hat. Im Frühjahr hat er das Unternehmen verlassen, weil er in dem Bereich keine Perspektive mehr für sich gesehen hat. Die Schuhkarton-großen Minisatelliten seien ein Low-Budget-Produkt, "der Kunde will wenig Geld dafür ausgeben", sagt er. "Dem ein 'Made in Germany' aufzudrücken und zu einem höheren Preis zu verkaufen, ist schwierig, und kann mit osteuropäischen Konkurrenten nicht mithalten." Er hat also die "Federgewichtklasse" verlassen, wie er es scherzhaft ausdrückt, und zwei Monate später Reflex Aerospace gegründet. Dies mit Hilfe des Investors Alpine Space Ventures, hinter dem auch der frühere Space-X-Ingenieur und heutige Mynaric-Chef Bulent Altan steckt.

Und so ein Ersatzsatellit bei Reflex kann durchaus 400 Kilogramm schwer sein. "Das Interface muss passen, aber es gibt keinen Konflikt mit Patenten", sagt Ballheimer. Er will diesen Service ähnlich wie eine Versicherung aufziehen und das Geschäft mit den Abschlagszahlungen der Kunden finanzieren. Der Gründer rechnet damit, pro Jahr bis zu fünf solcher Ersatzsatelliten zu verkaufen. Doch angesichts des Booms in der Branche könnten seine Dienste bald öfter gefragt sein. Analysten von Fortune Business Insights schätzen, dass sich das jährliche Marktvolumen für Satellitenbau und Startsysteme bis 2027 weltweit von etwa 25 auf 54 Milliarden Dollar mehr als verdoppeln wird, verglichen mit 2019.

Der Notfallservice soll aber nicht das Hauptgeschäft für Reflex werden. "Ein herkömmlicher Satellit dieser Klasse überlebt etwa 15 Jahre im All", sagt Ballheimer. Es sei jedoch nicht mehr notwendig, diese Lebensdauer auszureizen, zumal der Satellit unter Umständen bald veraltet sei, falls ein Konkurrent zum Beispiel nach zwei Jahren mit einem neueren System nachziehe. Seine Überlegung: Bauelemente und Raketenstarts würden immer günstiger, da biete es sich doch an, Satelliten öfter auszutauschen - damit könne auch die Redundanz zumindest teilweise entfallen, doppelt verbaute Komponenten seien nicht mehr so nötig. Er hat sich deswegen eine Art Abomodell ausgedacht. "Der Kunde hätte dann die Möglichkeit, seine Nutzlast über die 15 Jahre lange Vertragszeitlauf zweimal upzudaten." Satelliten könnten auf diese Weise mit neuen Funktionen ausgestattet werden.

Markt für gebrauchte Satelliten

Kritik, dass dadurch noch mehr ausgediente Satelliten als Müll durch den Erdorbit fliegen, lässt er nicht gelten. "Es wäre sicher nicht nachhaltig, Satelliten nach der Nutzungszeit gleich zu entsorgen", sagt er. Solche Satelliten könnten je nach Bedarf neu programmiert werden. "So entsteht ein Markt für gebrauchte Satelliten, die aber auch zum Beispiel als Spende an Greenpeace denkbar wären" - etwa für die Erdbeobachtung.

Letztlich will das Start-up sein Geld mit kleinen und mittleren Konstellationen verdienen - etwa für Fernerkundung und Kommunikation. Jeweils an die 70 Satelliten. Konkret beteiligt sich das Unternehmen gerade an einem Konsortium unter der Führung des französischen Start-ups Rovial, das sich an einer EU-Ausschreibung für ein europäisches Breitbandsatellitensystem beteiligt. Dazu gehören auch der Laserkommunikationshersteller Mynaric und der Raketenbauer Isar Aerospace. Eine erste Testmission ist für nächstes Jahr geplant. Ballheimer kann sich auch vorstellen, nicht nur Satelliten für eine Konstellation zu bauen, sondern sie auch gleich zu betreiben - so wie es Space-X mit seinen Internetsatelliten Starlink macht.

Er rechnet in etwa eineinhalb Jahren mit einer Finanzierungsrunde, "wir brauchen dann wohl einen zweistelligen Millionenbetrag". Bauen will er die Satelliten wohl im Großraum München. Immerhin ist der Startdienstleister Isar Aerospace dann gleich um die Ecke, "da gibt es keine großen Transportwege". Softwareentwicklung und Verwaltung sollen aber in Berlin bleiben.

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