Süddeutsche Zeitung

Raumfahrt:Mehr Europa im All

Die Esa-Länder einigen sich in Sevilla auf ein Rekordbudget für die nächsten europäischen Raumfahrtmissionen.

Von Dieter Sürig

"Wir haben unsere gesteckten Ziele erreicht!", twitterte Walther Pelzer vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) bereits am Donnerstagmittag von der Esa-Ministerratskonferenz in Sevilla und nannte Aufträge für den Mittelstand und die Führung beim Erdbeobachtungsprogramm Copernicus. Esa-Chef Jan Wörner legte zwei Stunden später nach: Die europäische Raumfahrtagentur wird in den kommenden fünf Jahren insgesamt 14,4 Milliarden Euro zur Verfügung haben, um ihre Missionen umsetzen zu können. Hauptzahler ist nun Deutschland mit knapp 3,3 Milliarden Euro, gefolgt von Frankreich (knapp 2,7 Milliarden Euro) und Italien (knapp 2,3 Milliarden Euro). "Wir sind nun der größte Unterstützerstaat der Esa", freute sich der Raumfahrtbeauftragte der Bundesregierung, Thomas Jarzombek, der für Wirtschaftsminister Peter Altmaier nach Spanien gereist war. Nun könnten auch der Mittelstand unterstützt und erstmals Kleinraketen in Deutschland finanziert werden. "Das stärkt die industrielle Struktur", schrieb er via Twitter.

Neben Grundlagenforschung, Erdbeobachtung und Telekommunikation (5G) will die Esa Projekte zur Sicherheit im All und für Mond- und Marsflüge finanzieren sowie die Raumstation ISS fortführen und den europäischen Zugang zum All sichern.

"Sie sehen einen glücklichen Generaldirektor vor sich", sagte Esa-Chef Jan Wörner in Sevilla. Nach mehr als zwei Jahren Vorbereitung haben sich die Esa-Mitglieder auf ein Rekordbudget geeinigt. "14,4 Milliarden Euro, ich muss es wiederholen", sagte Wörner, "es ist mehr als ich vorgeschlagen habe". Bei der vorigen Esa-Konferenz 2016 waren es 10,3 Milliarden Euro. Dies sei umso bemerkenswerter, weil viele Mitgliedsländer unter einen Hut gebracht werden mussten. "Nasa hat eine Regierung, wir haben 22", sagte er und sprach von "United Space of Europe" - "alle Länder arbeiten im All zusammen".

Wörner freute sich darüber, dass die Mitgliedsländer nun ein Programm zur Weltraumsicherheit auf den Weg bringen wollen: Dabei geht es um Themen wie Weltraummüll, die Gefahr von Sonnenstürmen, aber auch die Abwehr von Asteroiden - die Länder wollen dafür rund 540 Millionen Euro aufwenden, allerdings weniger als erhofft. Das Projekt Hera, bei dem die Esa mit der Nasa erprobt, einen Asteroiden von der Bahn abzulenken, wird aber voll finanziert - davon dürfte auch das Bremer Raumfahrtunternehmen OHB profitieren, das mit der Studie beauftragt war. Bei der Esa-Konferenz 2016 war das Projekt aus finanziellen Gründen noch durchgefallen.

In Deutschland sollen auch mittelständische Firmen profitieren

Ein weiterer Schwerpunkt soll bei Mond und Mars liegen. So finanziert die Esa ihr Programm Mars 2020 weiter, um später Marsgestein zur Erde bringen zu können. Ferner plant sie für 150 Millionen Euro eine europäische Robotik-Mondmission mit der Ariane, will sich mit 300 Millionen Euro am Gateway beteiligen, das die Nasa im Mondorbit bauen möchte, und Mittel bereitstellen, damit Airbus in Bremen Versorgungsmodule für die US-Raumkapsel Orion bauen kann, die Astronauten auf den Erdtrabanten bringen soll. Beim Gateway sollen in Deutschland mittelständische Firmen profitieren, sagte Jarzombek.

Wörner hob angesichts des Klimawandels die Bedeutung der Erdbeobachtung hervor, für die 2,5 Milliarden Euro bereit stehen. Zudem will die Esa mit der Ariane 6, der kleineren Rakete Vega und Microlaunchern den Zugang zum All sichern. Geplant ist auch ein Transportshuttle namens Spacerider, das in Italien gebaut werden soll. Für Launcher stehen 2,2 Milliarden Euro zur Verfügung.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4701526
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 29.11.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.