Der Sommer ist da, und das Fahrradfahren macht wieder Spaß. Neben den klassischen Zweirädern steigt die Zahl der Räder mit zusätzlichem Antrieb, also Pedelecs, die beim Pedaletreten den Elektromotor zuschalten, oder E-Bikes, bei denen der Motor auch ohne Treten Energie liefert.
Damit können Radler respektable Geschwindigkeiten erreichen. Deshalb und weil es mehr Elektrofahrräder gibt, steigt die Zahl der Unfälle. Im Jahr 2016 - aktuellere Zahlen des Statistischem Bundesamtes gibt es noch nicht - verunglückten in Deutschland 3901 Personen bei einem Unfall, an dem ein Pedelec oder E-Bike beteiligt war, davon 62 tödlich. Zwei Jahre zuvor waren es 2223 Personen, von denen 39 starben. Die Zahlen zeigen: Bei Unfällen mit Pedelecs können Beteiligten schwer verletzt werden - aber nicht immer hat der Verursacher eine Haftpflichtversicherung. Diese Police springt zum Beispiel ein, wenn ein Radfahrer einem Dritten einen Schaden zufügt und der dadurch körperlich eingeschränkt ist, beispielsweise längere Zeit nicht mehr arbeiten kann.
Eine Haftpflichtversicherung lohnt sich in jedem Fall
Die EU-Kommission will nun entschiedener gegen Fahrer vorgehen, die ohne eine entsprechende Police unterwegs sind. Sie schlägt eine Versicherungspflicht für Elektrofahrräder vor, ganz unabhängig davon, wie schnell sie fahren können.
Radfahrerverbände protestieren: "Mit ihrem Vorschlag versucht die EU-Kommission, Millionen von E-Bike-Fahrern zu kriminalisieren", schimpft etwa die European Cyclists Federation. Außerdem würden "Millionen von Europäern entmutigt, mit E-Bikes zu fahren". Das sei nicht im Sinne einer nachhaltigen, also möglichst umweltschonenden Mobilität.
Andere Fachleute geben dagegen Entwarnung: "In Deutschland fallen Modelle, die schneller als 25 Stundenkilometer fahren und deren Motor auch ohne Treten arbeitet, in dieselbe Kategorie wie Mopeds. Sie gelten als Kleinkrafträder und unterliegen deshalb ohnehin schon jetzt der Versicherungspflicht", sagt der Erfurter Versicherungs- und Verkehrsrechtler Michael Burmann. Für S-Pedelecs oder schnelle E-Bikes gilt also: "Sie brauchen ein Versicherungskennzeichen, das der Fahrer beim Kfz-Versicherer erhält", wie Burmann erläutert. "Außerdem unterliegen die Fahrer denselben Promillegrenzen wie andere Kraftfahrzeugfahrer."
Für die schnellen Elektroräder gilt übrigens auch die Helmpflicht. "Wer keinen Helm trägt und in einen Unfall verwickelt wird, dem kann eine Mitschuld von bis zu 50 Prozent gegeben werden, auch wenn er den Unfall nicht verursacht hat", sagt Burmann. Und: Schnelle E-Bikes dürfen nicht auf Radwegen unterwegs sein. Darauf weist der Allgemeine Deutsche Fahrradclub hin.
Pedelecs, die langsamer als 25 Stundenkilometer fahren und deren Motor nur tretunterstützend arbeitet, betrachtet der Gesetzgeber dagegen als normale Fahrräder. Diese bequemen Fahrräder sind viel häufiger auf den Straßen zu sehen als die schnelleren Varianten. Sie brauchen kein Mofa-Kennzeichen, es gilt keine Helmpflicht. "Bei einem Unfall übernimmt der private Haftpflichtversicherer die Kosten", sagt ein Sprecher des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft. Das heißt im Umkehrschluss auch: Wer als Fahrer keine Haftpflichtversicherung hat, ist nicht gegen Ansprüche von möglichen Unfallopfern geschützt.
Peter Grieble von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg glaubt deshalb auch, dass der EU-Vorschlag am eigentlichen Problem vorbeigeht. "Viel wichtiger wäre es, die Privathaftpflichtversicherung zur Pflicht zu machen, dann müsste diese Debatte gar nicht geführt werden", sagt er.
Eine Diebstahlversicherung ist sinnvoll
Da Pedelecs und E-Bikes in der Anschaffung ziemlich kostspielig sind, lohnt es sich zudem darüber nachzudenken, ob das Fahrzeug auch gegen Diebstahl und Beschädigung versichert sein soll. Dabei spielt die Unterscheidung zwischen einfachem und schnellem Modell eine wichtige Rolle. Die langsamere Variante kann über die Hausratpolice mitversichert werden, die schnelleren S-Pedelecs und E-Bikes lassen sich über Kaskodeckungen versichern.
Wer sich ein Pedelec oder ein E-Bike anschafft, sollte das dem Hausratversicherer mitteilen und nachfragen, unter welchen Bedingungen es versichert ist. Häufig sind die Räder nur bis zu einem bestimmten Prozentsatz der gesamten Versicherungssumme geschützt. Dann erhält der Versicherte im Schadensfall vielleicht nicht mehr als einige hundert Euro.
Bei besonders hochwertigen Rädern kann eine separate Diebstahlversicherung sinnvoll sein, die den gesamten Wert des Rades ersetzt. Allerdings ersetzt die Versicherung nicht die eigene Vorsicht: Ein hochwertiges Schloss erschwert Langfingern die Arbeit. Und: Wer das Rad über Nacht draußen anschließt, sollte den Akku mitnehmen.