Quelle vor der Pleite:Warten auf den nächsten Tiefschlag

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Franken zittert um das traditionsreiche Versandhaus Quelle: Der Region droht erneut der Verlust von vielen Arbeitsplätzen.

Uwe Ritzer

Kaum hatte sich Franken von der Grundig-Pleite und der AEG-Werksschließung erholt, da gerät der nächste ehemalige Wirtschaftswunder-Riese der Region gefährlich ins Taumeln: Mit dem insolventen Arcandor-Konzern kämpft auch dessen Versandhandelstochter Primondo um das Überleben. Und damit deren Nürnberg-Fürther Flaggschiff Quelle.

Droht nach der Grundig-Pleite und der AEG-Werkssschließung der nächsten Schlag für Franken? Mit dem insolventen Arcandor-Konzern kämpft auch das Traditionshaus Quelle ums Überleben. (Foto: Foto: dpa)

Gemeinsam mit den rechtlich eigenständigen, jedoch viel kleineren Firmen Foto Quelle und Profectis (einem Unternehmen für technischen Kundendienst) bildet Quelle die Primondo-Sparte Universalversand. Sie erwirtschaftete zuletzt gut zwei Drittel des Primondo-Umsatzes von 4,3 Milliarden Euro.

50 Millionen Euro könnten zu wenig sein

Primondo zählt insgesamt knapp 20.000 Beschäftigte. Quelle ist nicht nur das mit Abstand größte Einzelunternehmen unter dem Primondo-Dach, sondern auch das größte Sorgenkind. Anders als etwa für die Arcandor-Sparte Karstadt interessiert sich bislang kaum jemand für Quelle.

Emsig ist Quelle-Markenchef Konrad Hilbers in diesen Tagen unterwegs, um bei Kunden, Mitarbeitern, Lieferanten und Banken um Vertrauen für die Traditionsmarke zu werben. Gleichzeitig muss er das Geschäft am Laufen halten. Am Dienstag hieß es, dass Quelle zum Überleben eine kurzfristige Finanzspritze in Höhe von 50 Millionen Euro benötige.

In der Fürther Quelle-Zentrale wird diese Summe sogar für deutlich zu niedrig gehalten. Man erinnert an Aussagen von Arcandor-Chef Karl-Gerhard Eick vom April, wonach in den kommenden fünf Jahren 1,8 Milliarden Euro notwendig sind, um Quelle flottzumachen. Entsprechend groß ist die Zukunftsangst unter den insgesamt 8000 Beschäftigten.

Die Mitarbeiter sind verunsichert

An diesem Mittwoch sollen sie bei Betriebsversammlungen informiert werden. Sie sind verunsichert, die Lage ist unübersichtlich. Längst nicht alle Firmen unter dem Primondo-Dach sind insolvent. So sind zum Beispiel die 17 Auslandsgesellschaften von Quelle bislang nicht betroffen. Ebensowenig die Spezialversender-Sparte mit ihren 18 Markenfirmen wie Baby-Waltz, Bon'A'Parte, Hess-Natur oder Planet Sports.

In diesem Geschäftsbereich arbeiten 5.000 Menschen. Sie können gelassener sein als ihre Quelle-Kollegen. Denn im Zweifelsfall wird es einfacher werden, für einen kleinen Spezialversender einen Käufer zu finden als für einen Versandhaus-Riesen.

Auch die mit Abstand kleinste Primondo-Sparte "Neue Medien" ist bislang weitgehend außen vor. Zwar wurde der kleine Online-Fachmarkt MyBy inzwischen vom Netz genommen. Hingegen strahlt der TV-Verkaufskanal HSE24 sein Programm weiterhin in 40 Millionen Haushalte aus. Die Geschäfte laufen offenbar nach wie vor gut.

Deutlich kritischer sieht es bei der Primondo-Service-Gruppe aus, wo in Kundendienstzentren oder Logistikbereichen insgesamt 6.000 Menschen arbeiten. Hier werden in den kommenden Tagen und Wochen zahlreiche Folgeinsolvenzen erwartet. Die entsprechenden Anträge für die Gerichte werden bereits vorbereitet.

© SZ vom 17.06.2009/as/hgn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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