Quartalszahlen von Apple:Ein Igel, gehetzt von tausend Hasen

Bei der Vorstellung der Quartalszahlen von Apple bleibt Firmenboss Cook in Sachen Innovation vage; da können die Analysten mit ihren Fragen noch so viele Haken schlagen. Der gewiefte Igel spricht und schweigt zugleich. Dafür gibt es Hinweise auf ein Produkt namens "iTime".

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Wer an einer Telefonkonferenz mit Apple-Chef Tim Cook teilnimmt, kommt sich irgendwann vor wie im Märchen von Hase und Igel - nur, dass es Tausende von Hasen (Investoren und Analysten) gibt und nur einen Igel (Cook). Der scheint dennoch schneller zu sein als die vielen Hasen, die sich abrackern und mit schnell geschlagenen Haken und kurzen Zwischenspurts versuchen, den Igel irgendwie zu erwischen. Sie schaffen es aber nicht.

Zunächst einmal durften Cook und sein Finanzchef Luca Maestri am Dienstag das Ergebnis des vergangenen Quartals verkünden. Der Konzern veröffentlichte solide Zahlen und blieb in den meisten Segmenten im Bereich der Branchenerwartungen. Das Unternehmen setzte 37,4 Milliarden US-Dollar um (Vorjahresquartal: 35,3 Milliarden) und erwirtschaftete dabei einen Gewinn von 7,75 Milliarden Dollar (6,9 Milliarden im gleichen Zeitraum 2013). An die Anleger wird deshalb im August eine Dividende von 47 Cent pro Aktie ausgeschüttet. Nach Handelsschluss legte der Kurs des Wertpapiers um ein Prozent zu.

Den Anstieg der iPhone-Verkaufszahlen um 13 Prozent auf 35,2 Millionen führte Cook auf das gestiegene Interesse in Ländern wie Brasilien, Indien und vor allem China zurück. Keine Sorgen bereite ihm der Rückgang verkaufter iPads um neun Prozent auf 13,3 Millionen Einheiten, behauptete er: "Unsere Erwartungen wurden erfüllt, aber uns ist durchaus bewusst, dass Ihre Erwartungen nicht erfüllt wurden." Er verwies auf die kürzlich vereinbarte Partnerschaft mit IBM und darauf, dass er diese Kooperation als "Katalysator für künftiges Wachstum bei iPads" sehe.

Cook lädt zum Elfmeter ein

Maestri sagte: "Wir erwarten einen geschäftigen Herbst, wir haben sehr Aufregendes in der Pipeline." Und Cook sagte dazu: "Wir können es nicht erwarten, die neuen Produkte und Angebote vorzustellen." Das klang zunächst einmal wie eine Einladung zur Nachfrage - als hätten Cook und Maestri den Ball auf den Elfmeterpunkt gelegt und würden nun darauf warten, ihn ins Tor schießen zu dürfen.

Dann aber begann die Fragerunde und damit das Hase-Igel-Spiel. Die neugierigen Fragesteller versuchten durchaus, mit allerlei rhetorischen Kniffen eine konkrete Aussage von Cook zu möglichen neuen Produkten zu bekommen. Was er sich denn genau von der Zusammenarbeit mit IBM verspreche, wollte einer wissen - und fragte damit indirekt: Wird es eine neue Version des iPads geben? Und wie wird es aussehen? Und wann kommt es auf den Markt? Cook beantwortete nur die ganz konkret gestellte Frage und erklärte dann wolkig, dass sich die Benutzerfreundlichkeit des iPads wunderbar mit den Cloud-Diensten und der Datenanalyse von IBM verbinden lassen würde.

Ein anderer Fragesteller wollte etwas zu den iPhone-Verkäufen in Ländern wie China wissen und wie die Produkte für diesen Markt auszusehen hätten. Eine freundliche Umschreibung der Frage, ob Apple tatsächlich plane, im Herbst eine neue iPhone-Generation mit zwei unterschiedlichen Bildschirmgrößen (4,7 und 5,5 Zoll) zu veröffentlichen. Das Wall Street Journal hatte berichtet, dass Apple von Zulieferern insgesamt 70-80 Millionen neuer Geräte bestellt habe. Es gibt aber auch Berichte, wonach es bei der Variante mit dem größeren Bildschirm zu Verzögerungen kommen und deshalb in diesem Jahr nur die kleinere Version verkauft werde. Cooks Antwort: "Ehrlicherweise hat uns China überrascht, es hat unsere Erwartungen übertroffen."

Was ist iTime?

Eine konkrete Frage zu möglichen neuen Produkten gab es nicht, weil die Analysten natürlich wussten, dass Cook und Maestri keine Antwort darauf geben würden. Hinweise musste man also in der Analyse der Prognose suchen. Denn in der sagte Meastri: "Für das kommende Quartal erwarten wir einen Umsatz zwischen 37 und 40 Milliarden Dollar." Das ist eine recht weite Spanne und lässt zumindest den Schluss zu, dass das Unternehmen selbst noch nicht genau weiß, wie die kommenden drei Monate aussehen werden. "Die Verantwortlichen deuten ganz klar die Einführung des iPhone 6 an", behauptet dagegen Bill Kreher von der Analysefirma Edward Jones.

Am Dienstag wurde zudem bekannt, dass die US-Behörde für Patente und Markennamen einen Antrag von Apple genehmigt hat, in dem es um ein elektronisches Gerät am Handgelenk geht und das in einer Zeichnung als "iTime" bezeichnet wird. Mehr ist nicht zu sehen, auch die Beschreibung des Patents ist äußerst vage. Also darf von nun an gerätselt werden, ob es sich bei diesem Gerät um eine Smartwatch, ein Armband zur Erfassung medizinischer Daten oder doch nur um eine Weiterentwicklung des iPod Nano handelt. Cook und Maestri sagten dazu in der Telefonkonferenz zu den Quartalszahlen: nichts.

Man kann sich vorstellen, wie Cook und Maestri am Ende der Fragerunde im Konferenzraum des Firmensitzes in Cupertino saßen und sich zufrieden zunickten. Sie hatten ordentlich Zahlen verkündet und darüber hinaus das Interesse an der Firma durch ihre vagen Andeutungen erhalten. Sie hatten genau das erreicht, was sie erreichen wollten - während die vielen Hasen erschöpft am Boden lagen.

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