Quartalszahlen Infineon:Auf den Dominator folgt der Teamspieler

Bilanzpressekonferenz eins nach Schumacher: Interims-Vorsitzender Kley sagt, dass man sich mit den Besten messen wolle, dass sich das Unternehmen keineswegs in der Schwebe befinde und dass Teamgeist ungeheuer wichtig sei. Nur einen neuen Chef, den hat er (noch) nicht.

Vier Wochen nach dem Ende der Ära Schumacher setzt der Chipkonzern Infineon auf Gemeinschaftsgeist. "Unternehmensführung ist eine Team-Veranstaltung. Ich lege Wert auf einen kollegialen Führungsstil", grenzte sich der Interims-Vorsitzende Max Dietrich Kley am Mittwoch bei seinem ersten öffentlichen Auftritt von seinem Vorgänger Ulrich Schumacher ab.

Max Dieterich Kley

Strahlen für die Fotografen: Kley demonstriert, wie es gemacht wird.

(Foto: Foto: dpa)

Was ist Führungsstärke?

Führungsstärke heiße auch, Widerspruch von Untergebenen annehmen zu können. Vor der Bekanntgabe überraschend guter Ergebnisse für das abgelaufene Quartal legte Kley erst einmal demonstrativ für die Fotografen den Arm auf die Schultern seiner Vorstandskollegen. Schumacher wollte dem Vernehmen nach dagegen die Vorstände entmachten und wurde auch deshalb vom Aufsichtsrat zum Rücktritt gezwungen.

Die wahren Hintergründe der Führungskrise bei dem Chipkonzern blieben aber auch am Mittwoch im Dunklen. "Es war ein nicht sehr geordneter Übergang", räumte Kley ein, der den Vorstandsvorsitz als Aufsichtsrats-Chef kommissarisch übernommen hat, bis ein Nachfolger gefunden ist. Der Rücktritt Schumachers habe persönliche Gründe, beteuerte Kley.

Es habe keine Unregelmäßigkeiten beim Bau der neuen Konzernzentrale gegeben. Ansonsten aber sei Stillschweigen vereinbart worden. Derzeit werde über die Modalitäten der Vertragsauflösung mit Schumacher und den anderen Managern verhandelt, die mit dem egozentrischen Vorstandsvorsitzenden gehen mussten.

Ganz neues Infineon-Gefühl

Infineon ohne Schumacher — das war bisher undenkbar. Der Manager hatte das Unternehmen seit der Abspaltung von Siemens geführt und erfolgreich an die Börse gebracht. Seither aber ging es bergab. In den vergangenen drei Jahren machte Infineon in der Branchenkrise Verluste von rund 2,5 Milliarden Euro. Zudem legte sich Schumacher mit der mächtigen IG Metall an und drohte immer wieder mit der Verlagerung des Konzernsitzes ins Ausland. Dieses Thema ist aber endgültig vom Tisch, sandte Kley am Mittwoch Friedenssignale an die Arbeitnehmervertreter aus.

Dennoch wird Infineon weiter seine Kosten reduzieren müssen. Denn auch jetzt im Aufschwung verdient der Konzern mit einem operativen Gewinn von 71 Millionen Euro im zweiten Quartal des Geschäftsjahres 2003/04 (30. September) weit weniger als beispielsweise Konkurrent Samsung. "Beim Ergebnis wollen wir uns an den besten der Branche orientieren", sagte denn auch Finanzvorstand Peter Fischl. Mit dem Ergebnis sei man daher nicht zufrieden, auch wenn die Analysten-Erwartungen deutlich übertroffen wurden.

Gewinn, aber wie?

Manche Beobachter befürchteten angesichts der Interims-Lösung an der Unternehmensspitze nun erst einmal Stillstand. Kley versuchte, dem entgegenzutreten. "Es gibt kein Vakuum in der Unternehmensführung." Allerdings blieb offen, wie ein Ertragssprung geschafft werden soll. Schließlich soll es an der Strategie keine großen Veränderungen geben. Fehler, die Schumacher gemacht haben könnte, wollte Kley auch auf Nachfrage nicht nennen.

Der 64-jährige Kley hatte im vergangenen Jahr seinen Posten als Finanzvorstand und stellvertretender Chef bei BASF aufgegeben und sich in den Ruhestand verabschiedet — von etlichen Aufsichtsratsmandaten einmal abgesehen. Für seine Hobbys wie Literatur und Geschichte dürfte der studierte Jurist derzeit noch weniger Zeit haben. Nicht nur deshalb will der Aufsichtsratschef bis zum Sommer einen Nachfolger präsentieren. Mit zwei externen Kandidaten steht er derzeit in Verhandlungen. Beide kommen aus Deutschland und haben Erfahrung in der Chipbranche.

Namen nannte Kley nicht. Die, die sich selbst ins Gespräch gebracht hätten oder in den Zeitungen gehandelt wurden, kämen in solchen Fällen aber ja meist nicht zum Zuge. Damit dürften Intel-Deutschlandchef Jürgen Thiel und Siemens-Vorstand Klaus Wucherer schon einmal nicht zu den Kandidaten gehören.

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