Quartalsgewinn bricht ein:Commerzbank muss Boni in Millionenhöhe nachzahlen

Die Erwartungen waren ohnehin schon niedrig, doch die Commerzbank hat sie noch einmal unterboten: Um fast zwei Drittel ist der Gewinn des teilverstaatlichten Geldinstituts eingebrochen. Dazu kommt ein Urteil aus London: Die Bank muss mehr Boni ausschütten.

Die Commerzbank muss mehr als 100 Investmentbankern mehr als 52 Millionen Euro an Prämien nachzahlen. Das Londoner Court of Justice urteilte zugunsten der Banker. Die Commerzbank will das Verfahren allerdings neu aufrollen.

Die Klagen waren eine Altlast aus der Zeit der Finanzkrise und der Übernahme der Dresdner Bank. In London erregt der Prozess großes Aufsehen, weil in Großbritannien gerade hitzig über Boni diskutiert wird. Erst im Januar hatte Premierminister David Cameron kritisiert, die Sonderzahlungen und Leistungsprämien an die Investmentbanker seien "außer Kontrolle geraten".

Das Urteil kommt für die Commerzbank an einem Tag, der von schlechten Zahlen geprägt ist. Das teilverstaatlichte Institut ist mit einem deutlichen Gewinnrückgang ins Jahr gestartet. In den ersten drei Monaten 2012 verdiente das zweitgrößte deutsche Kreditinstitut nach eigenen Angaben 369 Millionen Euro. Das sind gut 60 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Damals waren die Geschäfte noch gut gelaufen, ehe die Schuldenkrise in der Eurozone der Commerzbank im weiteren Jahresverlauf schwer zusetzte und sie nur durch Sondereffekte einen Verlust vermied.

Die jetzigen Zahlen blieben hinter den ohnehin niedrigen Erwartungen der Analysten zurück. Der Commerzbank-Vorstand hatte für das gesamte erste Halbjahr 2012 eigentlich einen Überschuss von 1,2 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Gemessen an dieser Kalkulation hätte das Institut mindestens 600 Millionen Euro verdienen müssen, zumal das zweite Quartal bei den Banken normalerweise schlechter läuft als das erste.

Größte Lücke aller deutschen Institute

Vorstandschef Martin Blessing entschuldigte das schlechte Ergebnis mit den Anstrengungen, die Bilanzrisiken zu reduzieren, was auf Kosten des Gewinns gegangen sei: "Im ersten Quartal lag unsere Priorität auf der Erreichung des EBA-Kapitalziels" sagte er. Europas Banken müssen bis Ende Juni eine Kernkapitalquote von neun Prozent einschließlich eines Puffers für eine Verschärfung der Euro-Staatschuldenkrise erreichen. Die Einhaltung dieses Ziels wird von der europäischen Bankenaufsicht (EBA) mit einem Stresstest kontrolliert.

Dafür sieht sich die Commerzbank gut gerüstet. Bereits drei Monate vor Ablauf der Frist seien die Anforderungen der EBA erfüllt, teilte das Institut mit. Es habe die Vorgaben sogar um 1,1 Milliarden Euro übertroffen und gehe nun davon aus, dass dies auch zum Stichtag am 30. Juni so sein werde. Bei ihrem letzten Stresstest Ende 2011 hatte die Behörde bei der Commerzbank einen Kapitalbedarf von 5,3 Milliarden Euro festgestellt - das war die größte Lücke aller deutschen Institute.

Die Bank schloss diese Lücke nun durch den Abbau von Risikopositionen in der Bilanz. Die neuen Griechenland-Anleihen wurden komplett verkauft, in den anderen Schuldenstaaten Südeuropas hält die Commerzbank nur noch Staatsanleihen im Wert von 12,1 Milliarden Euro, das sind 4,7 Milliarden Euro weniger als Anfang 2011. Außerdem wurden Randaktivitäten zurückgefahren, eigene Schulden zurückgekauft und Gewinne einbehalten.

Die zu einem Viertel in Staatsbesitz befindliche Bank hatte stets betont, das Loch ohne neuerliche Staatshilfe oder eine große Kapitalerhöhung schließen zu können.

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