Qimonda:Spätestens im März ist die Kasse leer

Qimonda ruft um Hilfe: Findet der Chiphersteller nicht in letzter Minute einen Partner, droht die Insolvenz. Das Land Sachsen berät über Staatshilfen.

Markus Balser

Seit Wochen schon meldet sich das Management des angeschlagenen Chipkonzerns Qimonda nicht mehr zu Wort. An diesem Montag brach eine spartanische Mitteilung das Schweigen der abgetauchten Spitzenkräfte. Was das Führungsteam Mitarbeitern und Investoren zu sagen hatte, löste in der ohnehin verunsicherten Belegschaft allerdings nur noch größere Unruhe aus. Denn nun ist offiziell, was die Belegschaft schon seit langem befürchtete: Der Speicherchip-Hersteller steht mit dem Rücken zur Wand.

Qimonda: Hoffen auf ein gutes Ende: Eine Qimonda-Mitarbeiterin vor der Fabrik in Dresden.

Hoffen auf ein gutes Ende: Eine Qimonda-Mitarbeiterin vor der Fabrik in Dresden.

(Foto: Foto: dpa)

Der Infineon-Tochter mit Milliardenumsätzen droht die Insolvenz. Nur ein finanzstarker Partner kann das Unternehmen nun noch vor dem Aus retten. Qimonda berichtete zwar von "Fortschritten" bei Gesprächen mit potentiellen Investoren. Doch fällt nicht bald eine Entscheidung, ist spätestens im März die Kasse leer. Unter gewissen Umständen könnten im ersten Kalenderquartal 2009 Liquiditätsengpässe in Teilen des Betriebs entstehen, "die sich auf die Fähigkeit des Unternehmens auswirken könnten, sein Geschäft weiter zu betreiben", heißt es in einer Mitteilung des Konzerns verklausuliert.

Infineon soll dabei bleiben

Die Hilferufe des Unternehmens könnten damit noch dramatischer werden, denn die wirtschaftliche Schieflage spitzt sich zu. Wegen der Verhandlungen über eine Rettung sagte Qimonda zu Wochenbeginn Hals über Kopf die für Montag geplante Bekanntgabe der Geschäftszahlen ab. Der Konzern ließ aber durchblicken, dass der Verlust bei sinkenden Umsätzen weiter steigt. Er werde über dem Fehlbetrag von 401 Millionen Euro des vorangegangenen Vierteljahres liegen, kündigte der Konzern an. Der Umsatz sank auf 476 MillionenEuro. Damit machte der Konzern mit jedem Euro Umsatz im abgelaufenen Quartal beinahe auch einen Euro Verlust.

Aus Sorge um den wichtigsten europäischen Chipstandort Dresden verstärkt die sächsische Landesregierung ihre Bemühungen um eine Rettung des Konzerns mit mehr als 13.000 Beschäftigten.

Aus Aufsichtsratskreisen verlautete, schon in der kommenden Woche könne sich entscheiden, ob der Freistaat Hilfen bereitstellt und damit den Erhalt des Dresdner Werks mit 3000 Beschäftigten sichert. Aus Regierungskreisen in Sachsen verlautete, dazu gebe es auch laufend Gespräche mit dem Bund. Den Angaben zufolge wird Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) am Rande des Bundesparteitags in Stuttgart mit Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) zu einem Krisengespräch zusammenkommen, um über die Lage der deutschen Chipindustrie zu beraten.

Lesen Sie im zweiten Teil, warum es für Infineon schwer wird, sich von seinen Qimonda-Anteilen zu trennen - und welche Lösung nun am wahrscheinlichsten ist.

Spätestens im März ist die Kasse leer

Nach Angaben aus Konzernkreisen könnte es für Infineon schwierig werden, sich wie geplant möglichst rasch von der notleidenden Tochter zu trennen. "Die Regierung will, dass Infineon mit im Boot bleibt und sich am Risiko einer Rettungsaktion beteiligt", verlautete aus Konzernkreisen. Sachsens Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) machte die Kräfteverhältnisse am Montag in Dresden deutlich: "In erster Linie muss das Unternehmen seiner Verantwortung gerecht werden. Erst dann kann man darüber reden, ob überhaupt und in welchem Umfang staatliche Hilfe in Anspruch genommen werden kann. Und erst dann kann auch über die Art der Mittel geredet werden."

Kritik an Konzernführung

Im Gegenzug für einen Einstieg im Chipkonzern fordere die Politik Mitspracherechte im Unternehmen, hieß es. Das "offenbar überforderte Management" von Qimonda brauche Kontrolle, verlautete aus Verhandlungskreisen.

Ein Qimonda-Verkauf an einen Wettbewerber gilt derweil nicht mehr als wahrscheinlichste Variante. Aus Regierungskreisen ist zu hören, dass ein neuer Investor vor allem die in Dresden entwickelte Technologie im Blick haben könnte, die "Fertigung aber in wenigen Jahren tot ist", hieß es. Das Land Sachsen befürchtet nach Angaben aus den Kreisen bei einem Aus für Qimonda den Wegfall von direkt und indirekt bis zu 9000 Stellen in der Region Dresden.

Infineon sucht seit Monaten händeringend nach einem Käufer für die verlustreiche Tochter, an der die Mutter noch 77,5 Prozent hält. Zuletzt sondierte Infineon-Chef Peter Bauer zusammen mit Aufsichtsratschef Max Dietrich Kley die Bereitschaft von Bundesregierung und sächsischer Landesregierung, Qimonda mit Staatshilfen zu stützen. Die Firma kämpft mit dem heftigen Preisverfall auf dem Markt für DRAM-Chips. Seit geraumer Zeit verbilligen sich die Speicher, die in Computern und Unterhaltungselektronik eingesetzt werden. Eine Trendwende ist bislang nicht auszumachen.

An der Börse schoss die Qimonda-Aktie im Frankfurter Parketthandel um 35 Prozent auf 21 Cent in die Höhe. Die Papiere der Mutter Infineon verloren nach anfänglichen Kursgewinnen dagegen mehr als sieben Prozent.

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