Qimonda:SOS - Berlin, bitte hilf!

Qimonda in der Krise: Der angeschlagene Chipkonzern appelliert an die Bundesregierung, der Freistaat Sachsen prüft bereits eine Teilverstaatlichung des Unternehmens.

Markus Balser

Die Vertreter der gebeutelten Autobranche hatten die Hauptstadt nach dem Krisengipfel vergangene Woche gerade wieder verlassen, da standen am Mittwoch in Berlin schon die nächsten Bittsteller vor der Tür. Um 14.00 Uhr hatte Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) eine weitere brisante Verabredung: Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung waren Infineon-Chef Peter Bauer und der Aufsichtsratsvorsitzende Max Dietrich Kley zum Krisengespräch in die Hauptstadt gereist.

Qimonda: Qimonda in Dresden - droht bald die Pleite? Etliche Jobs stehen auf dem Spiel.

Qimonda in Dresden - droht bald die Pleite? Etliche Jobs stehen auf dem Spiel.

(Foto: Foto: Rolf Seyboldt)

Für Glos dürfte das Treffen mit den Emissären aus München ein Déjà-vu-Erlebnis gewesen sein: Schon wieder ging es um eine drohende Pleite, schon wieder sind Tausende Jobs in Deutschland in Gefahr.

Bauer und Kley hätten um die Rettung der angeschlagenen Tochter Qimonda und um Hilfen für die Chipindustrie in Deutschland insgesamt geworben, hieß es aus Konzernkreisen. Eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums erklärte lediglich, man führe derzeit Gespräche mit Vertretern aller Branchen. Das Treffen mit der Infineon-Spitze bestätigte sie nicht.

Geldhahn zugedreht

Die Hilferufe aus der High-Tech-Branche könnten kaum dramatischer sein. Qimonda selbst bezeichnete die Situation zuletzt als "sehr ernst". Wegen eines rasanten Preisverfalls droht dem Konzern mit 13.000 Beschäftigten und wichtigen Standorten in München und Dresden in den nächsten Wochen das Geld auszugehen.

Die Tochter Qimonda brauche eine Finanzspritze in dreistelliger Millionenhöhe, hieß es am Mittwoch in Konzernkreisen. Die Mutter Infineon hat den Geldhahn bereits zugedreht.

Lesen Sie weiter, warum Sachsen eine Teilverstaatlichung des Unternehmens prüft.

SOS - Berlin, bitte hilf!

Aus Sorge um den wichtigsten europäischen Chipstandort Dresden will die sächsische Landesregierung eine Pleite von Qimonda offenbar auf jeden Fall verhindern. Sachsen prüfe, ob eine Teilverstaatlichung des Unternehmens in Frage komme, verlautete aus Konzernkreisen. Es werde neben der technischen Zukunftsfähigkeit des Unternehmens auch die finanzielle Lage geprüft, um mögliche Hilfspakete auszuloten, hieß es. Der Konzern könne im Rahmen einer Kapitalerhöhung neue Aktien ausgeben und diese an den Freistaat verkaufen, verlautete aus dem Unternehmen weiter. Ein Sprecher des Finanzministeriums wollte sich zu den Details der Rettungsoptionen nicht äußern. Je nach Zustand des Unternehmens gebe es verschiedene Möglichkeiten, sagte er lediglich.

"Alles Notwendige getan"

Allerdings lehnt die Bundesregierung eine Verstaatlichung - zumindest einen Mehrheitseinstieg der öffentlichen Hand- nach SZ-Informationen bislang kategorisch ab. Es gehe jetzt darum, die Wettbewerbsfähigkeit von Qimonda zu erhalten, teilte Jochen Homann, Staatssekretär des Wirtschaftsministeriums auf Anfrage der Bundestagsabgeordneten Katja Kipping (Die Linke) schriftlich mit. "Die Verstaatlichung des Unternehmens ist hierzu weder zielführend noch sachgerecht", warnt Homann in dem Schreiben, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt.

Der Bundesregierung sei die schwierige wirtschaftliche Situation von Qimonda bekannt. "Alle Beteiligten suchen derzeit nach einer Lösung", schreibt der Staatssekretär weiter. Man habe schon in der Vergangenheit alles Notwendige für den Standort Dresden getan und werde dies auch in Zukunft tun. Es lägen allerdings noch keine Anfragen des Unternehmens oder des Freistaats Sachsen vor, um bei der Europäischen Union Beihilfen genehmigen zu lassen.

Eine Nachricht vom Mittwoch dürfte die Situation von Qimonda vorübergehend entspannen. Das Management schloss den Verkauf der Qimonda-Anteile am taiwanischen Wettbewerber Inotera an den US-Konkurrenten Micron ab. Die zweite Teilzahlung über 200 Millionen Dollar sei eingegangen, teilte die Infineon-Tochter mit. Qimonda hatte den Verkauf der 35,6-prozentigen Beteiligung Mitte Oktober bekanntgegeben. Insgesamt fließen 400 Millionen Dollar in die klammen Kassen der Münchner.

Micron, selbst lange als möglicher Käufer des gesamten Qimonda-Konzerns gehandelt, kämpft seinerseits mit Finanzierungsproblemen. Die Amerikaner mussten sich am Mittwoch etwa 285 Millionen Dollar von Inotera und deren Schwestergesellschaft Nan Ya Plastics leihen. Angesichts dieser Schwierigkeiten waren zuletzt Zweifel aufgekommen, ob Micron die zweite Tranche an Qimonda überhaupt zahlen kann. Qimonda werde diese Finanzspritze jedoch nur kurz helfen, vermutet ein Mitglied der Konzernspitze.

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