Süddeutsche Zeitung

Ukrainekrieg:Putin hilft den russischen Airlines

Es geht um mehr als zehn Milliarden Dollar: Eigentlich müssten viele Flugzeuge an westliche Leasingfirmen zurückgehen, so sehen es die Sanktionen vor. Doch ein neues russisches Gesetz soll dies verhindern.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Russische Airlines sollen Flugzeuge als ihr Eigentum eintragen lassen, obwohl sie ihnen gar nicht gehören: Russlands Präsident Wladimir Putin hat am Montag ein Gesetz unterzeichnet, durch das Hunderte Flugzeuge dem Zugriff ihrer ausländischen Eigentümer entzogen werden sollen. Es geht um Maschinen im Wert von mehr als zehn Milliarden Dollar. Die Fluggesellschaften sollen laut Gesetz die von ihnen geleasten Flugzeuge in Russland registrieren und neue Lufttüchtigkeitszertifikate ausstellen, damit sie dort weiter eingesetzt werden können.

Die wegen des Krieges gegen die Ukraine eingeführten Sanktionen der Europäischen Union sehen unter anderem vor, dass Leasingverträge bis zum 28. März gekündigt werden und mehr als 600 Maschinen an ihre zumeist in Irland ansässigen Eigentümer übergeben werden. Flugzeughersteller dürfen zudem weder neue Flugzeuge noch Ersatzteile nach Russland liefern. Ein Großteil der Flotte der russischen Airlines ist geleast und auf Bermuda registriert. Die Luftfahrtbehörde Bermudas hatte am Wochenende entschieden, die Lufttüchtigkeitszeugnisse der geleasten Flotte nicht mehr zu verlängern, weil künftig Ersatzteile fehlten.

In Branchenkreisen rechnet kaum jemand damit, dass die Flugzeuge an ihre Eigentümer zurückgegeben werden. "Es wird keine Beschlagnahmungen geben", so der Chef einer Leasingfirma, die Dutzende Maschinen an russische Fluglinien vermietet hat. Die Branche rechnet mittlerweile damit, dass sie die in Russland eingesetzte Flotte zumindest zum Teil abschreiben muss. Denn selbst wenn die Leasingfirmen irgendwann wieder Zugriff auf die Maschinen bekämen, wären die Flugzeuge wahrscheinlich in einem unverkäuflichen Zustand. Die russischen Airlines müssen wahrscheinlich schon in den kommenden Wochen damit beginnen, einen Teil der Flotte als Ersatzteillager auszuschlachten, um den Rest weiterfliegen lassen zu können. Damit einher geht ein riesiger Wertverlust.

Beobachter rechnen damit, dass sich die Rechtsstreitigkeiten über Jahre hinziehen könnten. Die Maschinen sind zwar über die Airlines und oft auch noch über die Leasingfirmen gegen Kriegsschäden und Konfiszierung versichert. Jedoch ist noch völlig unklar, ob die Versicherer einen so großen Schadensfall ohne Weiteres übernehmen.

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