Prozess gegen Ex-Infineon-Chef:Es waren einst "drei Kameraden"

Schnelle Autos und Kaviar: Der ehemalige Infineon-Vorstand Andreas von Zitzewitz sagt vor Gericht gegen seinen Ex-Chef Ulrich Schumacher aus.

C. Busse

Fünf Jahre haben die zwei Männer nicht mehr miteinander gesprochen, an diesem Mittwoch haben sie sich im Saal B 173 des Münchner Landgerichts wiedergetroffen: Ulrich Schumacher, 51, und Andreas von Zitzewitz, 49. Ein Kopfnicken, ein kurzes Gespräch: "Grau geworden um die Schläfen", sagt Schumacher, Zitzewitz schmunzelt nur.

Die beiden hochgewachsenen studierten Elektroingenieure waren einst enge Freunde. Gemeinsam arbeiteten sie bei Siemens im Halbleiterbereich, wurden ab 1999 in den Vorstand des neu gegründeten Chipkonzerns Infineon berufen, brachten die Firma dann mit großem Erfolg an die Börse. Schumacher war der Chef, Zitzewitz für das operative Geschäft zuständig. Beide, Schumacher und Zitzewitz, hatten eine Leidenschaft: Sie waren Motorsport-Fans.

Jetzt wird Schumacher unter anderem Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr sowie Untreue und Betrug vorgeworfen. Gegen Bares soll Schumacher der Sportsponsoring-Firma seines Freundes Udo Schneider Aufträge von Infineon im Motorsport gesichert haben. Jetzt ist Zitzewitz als Zeuge im Prozess gegen Schumacher geladen. Fast zwei Stunden lang wird er vernommen. Ergiebig sind seine Aussagen nicht. Schon gar nicht kann er wirklich Belastendes gegen Schumacher liefern, wie es sich möglicherweise die Staatsanwaltschaft erhofft hatte.

Nichts zu verlieren

Das ist bemerkenswert: Denn 2004 war Zitzewitz am Sturz Schumachers als Infineon-Chef maßgeblich beteiligt, und spätestens seitdem gelten die zwei als verfeindet.

Dazu kommt: Zitzewitz hat nichts zu verlieren. Er selbst war auch in die Affäre verwickelt und büßte bereits dafür. Im November 2006 wurde er in München wegen Bestechlichkeit verurteilt - zu einem Jahr Haft auf Bewährung und einer Geldstrafe von 90.000 Euro. Ein Jahr zuvor hatte die Polizei eine Razzia bei ihm gemacht, er war daraufhin als Infineon-Vorstand zurückgetreten. Strafmildernd hatte sich für ihn ausgewirkt, dass er ein umfangreiches Geständnis abgelegte. Von Sponsoring-Vermittler Schneider hatte Zitzewitz immer wieder Geld angenommen, mindestens einmal im Jahr habe er Bares in einem Umschlag in einem Büro erhalten. Gezählt habe er es nicht, aber insgesamt seien es zwischen 70.000 und 100.000 Euro gewesen. Schneider ist nun auch der Hauptbelastungszeuge gegen Schumacher.

Schneider, Schumacher und er - das wären früher "drei Kameraden" gewesen, "die sich ordentlich verstehen", berichtet Zitzewitz nun vor Gericht. Gemeinsam sei das Trio Rennen gefahren, Schneider habe sich um die Abwicklung gekümmert. Konkrete Hinweise aber, dass auch Schumacher Geld angenommen hat, liefert Zitzewitz nicht. Einmal habe Schneider ihm zwar sinngemäß gesagt, auch der Schumacher bekomme ja was. Aber das könnte auch eine Art Beruhigungspille gewesen sein. Denn Zitzewitz hatte damals Zweifel an den Geldgeschenken bekommen. Bei einer Gelegenheit habe er, Zitzewitz, auch beobachtet, "wie Schumacher einen dicken Stapel Bargeld von einem Koffer in einen anderen umgeschichtet" habe. Woher dieses Geld kam, habe er aber nicht gewusst.

Kaviar und Gänseleber

Die Vernehmung verläuft schleppend, offenbar redet Zitzewitz, der inzwischen im Vorstand der Hamburger Solarfirma Conergy ist, nicht mehr gerne über Vergangenes. Immer wieder müssen die Richter und die Staatsanwälte nachhaken und Zitzewitz sogar zurechtweisen: "Die Fragen stellt das Gericht, nicht der Zeuge."

Ein klare Aussage macht Zitzewitz nur ganz am Schluss, als der Anwalt Schumachers ihn auf ein gemeinsames Abendessen im Münchner Restaurant Käfer anspricht. Damals soll unter anderem Kaviar und Gänseleber verspeist worden sein.

Am Ende habe die Rechnung bei 3500 D-Mark gelegen, hatte Zeuge Schneider am 21. September vor Gericht zu Protokoll gegeben. Die Rechnung sei so hoch gewesen, dass Schneider Zitzewitz um Rat fragte. Der habe empfohlen, das ganze getrennt bei Infineon abzurechnen und einzureichen. Zitzewitz sagt am Mittwoch zu dieser Darstellung Schneiders nur: "Das ist gelogen." Dann verlässt er den Gerichtssaal - mit einem Nicken in Richtung des Angeklagten Schumacher.

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