Süddeutsche Zeitung

Prozess gegen Ex-HSH-Vorstand:Nonnenmacher attackiert Staatsanwälte

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Mit riskanten Geschäften soll Dirk Jens Nonnenmacher die HSH Nordbank fast in die Pleite getrieben haben. Der Staat musste mit Milliarden einspringen. Nun unterstellt der ehemalige Chef der Landesbank den Staatsanwälten Voreingenommenheit - und nennt die Vorwürfe "absurd".

Im Verfahren gegen den ehemaligen Vorstand der HSH Nordbank hat der Angeklagte Dirk Jens Nonnenmacher die Hamburger Staatsanwaltschaft massiv angegriffen. Angesichts der Voreingenommenheit der Behörde werde er Fragen der Staatsanwälte nicht beantworten, sagte der frühere Finanz- und Vorstandschef zum Abschluss einer längeren Erklärung im Gerichtssaal. Er sei lediglich bereit, Fragen des Gerichts zu beantworten.

"Ich sehe eine Haltung, die mit der Suche nach Wahrheit nichts zu tun hat", sagte Nonnenmacher vor dem Hamburger Landgericht. Er hielt der Anklagebehörde insbesondere vor, ihm während der Ermittlungen keine Fragen zu ihrem Verdacht gestellt zu haben. "Ich konnte nicht glauben, dass eine Behörde, die zur Aufklärung verpflichtet ist, mich nicht vernehmen wollte." Der Vorwurf, er habe die Quartalsbilanz zum 31.3.2008 vorsätzlich falsch dargestellt, sei "mehr als lebensfremd".

Die Anklage wirft Nonnenmacher sowie seinen früheren Vorstandskollegen Untreue in einem besonders schweren Fall vor. "Dr. No", wie Nonnenmacher intern bei der HSH genannt wurde, und der frühere Kapitalmarktvorstand Joachim Friedrich sind zudem der Bilanzfälschung beschuldigt. Es ist der erste Prozess überhaupt, in dem ein kompletter Bankvorstand wegen Ereignissen während der Finanzkrise auf der Anklagebank sitzt.

"Er hat Gelegenheit gehabt, sich zu äußern"

An anderer Stelle seines rund 45-minütigen Vortrags nannte Nonnenmacher Vorwürfe der Staatsanwälte "absurd" und eine "abwegige Einschätzung". Mit dem fraglichen Geschäft "Omega 55" hätten sich mehrfach Rechnungsprüfer, Juristen und Aufsichtsbehörden befasst. Es gebe wohl keinen Sachverhalt im deutschen Bankenbereich, der von so vielen sachkundigen Institutionen geprüft und gewürdigt worden sei. "Sämtliche Untersuchungen sind zu dem Ergebnis gelangt, dass mir aktien- und zivilrechtlich keine Pflichtverletzungen vorzuwerfen sind", sagte Nonnenmacher.

Im Kern geht es in dem Prozess um ein komplexes Wertpapiergeschäft unter dem Codenamen "Omega 55", mit dem die HSH Nordbank ihr Kapitalpolster aufhübschen wollte, um für Anleger attraktiv zu werden. Doch damit holte sich die Bank Risiken ins Haus, die sie beinahe in die Pleite getrieben hätten. Hamburg und Schleswig-Holstein mussten die Landesbank mit einem 13 Milliarden Euro schweren Rettungspaket vor dem Aus bewahren.

Nonnenmacher wies darauf hin, dass er nicht für "Omega 55" zuständig gewesen sei. "In die Planung, Vorbereitung, Ausgestaltung, Umsetzung und Überwachung der Transaktion war ich persönlich zu keinem Zeitpunkt eingebunden", sagte er. Nonnenmacher war erst wenige Wochen vor dem Geschäft in die Bank eingetreten. In den rund 50 Arbeitstagen bis Weihnachten 2007 habe er sich mit seinen Aufgabenbereichen und der Organisation der HSH Nordbank vertraut gemacht.

Die Anklagebehörde erklärte im Anschluss an die Verhandlungen, sie habe mit Nonnenmachers Kritik gerechnet. "Er hat Gelegenheit gehabt, sich zu äußern", sagte Staatsanwalt Karsten Wegerich.

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