Prozess gegen die Deutsche Bank:Kirch kommt nicht

Kurzfristige Absage: Aus gesundheitlichen Gründen erscheint Leo Kirch nun doch nicht vor Gericht. Feiern darf er trotzdem, denn sein Gegenspieler Rolf Breuer räumt ein gewisses Fehlverhalten ein.

Der mit Spannung erwartet Auftritt von Leo Kirch in einem Schadenersatzverfahren gegen die Deutsche Bank ist ausgefallen. Grund seien gesundheitliche Probleme des 84-Jährigen. Der Termin sei ärztlich nicht zu verantworten, sagte einer seiner Anwälte vor dem 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München.

Leo Kirch

In der erbitterten Auseinandersetzung mit dem früheren Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer verbucht Ex-Medienmogul Leo Kirch einen Teilerfolg. Ob sich der 84-Jährige endgültig durchsetzen wird, bleibt allerdings zweifelhaft.

(Foto: AP)

Kirch sollte ursprünglich als Zeuge in dem Verfahren aussagen. Der frühere Medienmogul liefert sich mit der Bank seit Jahren einen Rechtsstreit, weil er deren Ex-Chef Rolf Breuer für die Pleite seines Unternehmens 2002 verantwortlich macht. Eine Erkrankung des 84-Jährigen hatte bereits den ersten Termin ausfallen lassen.

Dennoch feierte Kirch einen Teilerfolg: Breuer räumte vor Gericht ein, dass ihm seine neun Jahre zurückliegenden Interview-Äußerungen zur finanziellen Lage des Medienimperiums von Leo Kirch leid tun. Seine die Kirch-Gruppe betreffenden Antworten seien ein "Unfall" gewesen, den er nicht wiederholen würde, sagte Breuer am Freitag vor dem Oberlandesgericht München.

Breuer hatte in dem 4. Februar 2002 ausgestrahlten Gespräch die Kreditwürdigkeit Kirchs angezweifelt. Kirch begann kurz danach, milliardenschweren Schadenersatz von der Deutschen Bank zu bekommen. Er macht Breuer für den Zusammenbruch seiner Firmengruppe im Frühjahr 2002 verantwortlich. Dass es einen Zusammenhang zwischen dem Interview und der spektakulären Milliardenpleite Kirchs gebe, wies Breuer zurück.

"Was ich gesagt habe, war die Wahrheit und allgemein bekannt", sagte Breuer, der im November 74 Jahre alt wird. Er betonte, die schlechte Lage der Mediengruppe sei bereits im Jahr zuvor öffentlich diskutiert worden. "Ich habe kein Geheimnis verraten und ich habe nicht gelogen", sagte Breuer. "Ich habe schlicht dargestellt, was Sache war."

Kritik an der Vorinstanz

Das aktuelle Verfahren ist die zweite Auflage in einem weiteren Prozess im jahrelangen Ringen Kirchs mit Deutschlands größter Bank. Kirch war in erster Instanz im März 2009 vor dem Landgericht München I mit seiner Klage gescheitert.

Der Vorsitzende Richter des 5. Zivilsenats, Guido Kotschy, kritisierte zu Beginn der Verhandlung die Entscheidung der Vorinstanz. "Dieses Urteil greift im Wesentlichen zu kurz", sagte Kotschy. Die Vorinstanz habe auf eine Beweisaufnahme verzichtet. Ohne Beweisaufnahme seien die offenen Fragen des Verfahrens aber nicht zu klären. "Der Senat hält ohne Beweisaufnahme eine Abweisung der Klage nicht für möglich." Mit dieser Aussage stärkte das Oberlandesgericht München die Chancen des Pleite gegangenen Medienmoguls.

Im aktuellen Prozess geht es um die Schadenersatzforderungen der Kirch-Firma KGL Pool, in der 17 Töchter gebündelt sind. Dabei geht es um eine Schadenssumme von circa zwei Milliarden Euro. Die Vorinstanz hatte die Klage abgewiesen, weil die KGL Pool keine Vertragsbeziehungen zur Bank unterhalten habe und damit auch keinen Schadenersatz geltend machen könne.

"Vorvertragliches Verhältnis"

Mit einer Entscheidung ist am Freitag nicht zu rechnen. Insgesamt kämpft Kirch um Schadenersatz in Höhe von mehr als 3,5 Milliarden Euro. In einem anderen Verfahren war Kirch am vor dem Landgericht München I gescheitert.

Der Bundesgerichtshof hatte bereits 2006 festgestellt, dass Breuer mit seinen Äußerungen seine Pflicht verletzt habe und Kirch grundsätzlich Anspruch auf Schadenersatz zustehen könnte - aber nur bei der Printbeteiligungs GmbH, in der Kirch seinen Anteil am Springer-Konzern gebündelt hatte. Auf der Grundlage dieses Urteils werde nun auch in diesem Verfahren ein möglicher Anspruch geprüft. Die Anwälte der Deutschen Bank wiesen die Forderungen Kirchs zurück.

Zudem beschränkte der BGH den möglichen Anspruch Kirchs damals auf jene seiner Firmen, die Kredite von der Deutschen Bank bekommen hatten. Die jetzt vor dem Oberlandesgericht klagenden Kirch-Firmen hatten keine Kredite von der Deutschen Bank.

Nach Auffassung der Richter bestand aber aufgrund von Vorgesprächen bereits "ein vorvertragliches Verhältnis". Erst die Beweisaufnahme werde zeigen, "ob die Intensität der Gespräche bereits eine Loyalitätspflicht ausgelöst haben", sagte der Senatsvorsitzende.

Milliardengrab Premiere

Möglicherweise habe Breuer Kirch "in die Lage bringen wollen, das Angebot der Bank anzunehmen. Das wird zu prüfen sein."

Kirch gehörten damals unter anderem der Fernsehkonzern ProSiebenSat.1 und 40 Prozent der Anteile am Axel-Springer Verlag. Breuer sagte, der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) habe ihm im Januar 2002 erklärt, dass er einen größeren Einstieg ausländischer Medienriesen wie Rupert Murdoch ungern sehen würde. Schon damals "mussten wir davon ausgehen, dass die Kirch-Gruppe insolvent war".

Die Anwälte der Bank sagten, Kirch sei am Milliardengrab Premiere, einem gigantischen Schuldenberg und überteuert eingekauften Sportrechten gescheitert, nicht an Breuers Interview.

Trotz der Stärkung von Kirchs Position hält das Gericht viele weitere Fragen noch für offen, so auch die Angemessenheit des von Kirch geforderten Schadenersatzes in Höhe von rund zwei Milliarden Euro.

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