Süddeutsche Zeitung

Prozess:Frühere Unister-Manager kommen vor Gericht

  • Anfang nächsten Jahres soll vor dem Landgericht Leipzig ein Prozess gegen drei frühere Manager der Unister-Holding beginnen.
  • Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden wirft den Angeklagten u.a. Steuerhinterziehung und unerlaubten Verkauf von Versicherungen vor.
  • Unister hat die Vorwürfe wiederholt zurückgewiesen und erklärt, bei den beanstandeten Geschäften gehe es um eine gängige Praxis in der Reisebranche.

Von Klaus Ott, Sebastian Pittelkow, Leipzig, und Uwe Ritzer

Die wechselvolle Geschichte der in Leipzig ansässigen Unternehmensgruppe Unister, einst einer der führenden deutschen Internet-Konzerne, wird von der Justiz aufgearbeitet. Anfang nächsten Jahres soll vor dem Landgericht Leipzig ein Prozess gegen drei frühere Manager der Unister-Holding beginnen, die mit Online-Portalen wie fluege.de und Ab-in-den-Urlaub.de Millionen Kunden angelockt hatte. Ein Teil der Kundschaft soll dabei aber ausgenommen worden sein. Nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR hat das Landgericht jetzt eine entsprechende Anklage zugelassen und bereits Verhandlungstermine für mehrere Monate angesetzt.

Das war Montagabend aus Kreisen von Verfahrensbeteiligten zu hören. Die Beschuldigten bestreiten die Vorwürfe, die in der jetzt zugelassenen und in einer früheren Anklage enthalten sind. Es geht unter anderem um Steuerhinterziehung. Ursprünglich hatte die Generalstaatsanwaltschaft Dresden auch gegen Thomas Wagner ermittelt, den Gründer und langjährigen Chef von Unister. Wagner war dann aber Mitte Juli zusammen mit einem Mitgesellschafter des Internet-Konzerns bei einem Flugzeugabsturz in Slowenien ums Leben gekommen. Der Jungunternehmer, der als Star der Internetbranche galt, hatte sich auf der Rückreise von Venedig befunden. Dort hatte er einen Millionenbetrag für die klamme Unister-Gruppe auftreiben wollen, war dabei aber auf einen Betrüger hereingefallen. Wenige Tage nach seinem Tod meldete der Konzern Insolvenz an; diverse Firmen der Unternehmensgruppen gingen ebenfalls pleite.

Jetzt halten die Richter auch die zweite Anklage ausreichend

Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden wirft den angeklagten Ex-Managern von Unister Steuerhinterziehung, unerlaubten Verkauf von Versicherungen sowie gewerbs- und bandenmäßigen Computerbetrug beim Onlinehandel mit Flugtickets für mehr als 87 000 Kunden vor. Ticket-Käufern sollen Preisvorteile vorenthalten worden sein. Ein Teil der Anschuldigungen stammt aus einer ersten Anklage. Diese Anklagepunkte hatte das Landgericht Leipzig bereits im März zugelassen; dabei allerdings andere Vorwürfe der Ermittler zurückgewiesen. Jetzt halten die Richter auch die zweite Anklage ausreichend, um einen Prozess anzusetzen. Beide Anklagen werden nunmehr zu einem Prozess verbunden. Bei diesem muss sich zeigen, ob die beschuldigten Ex-Manager schuldig sind oder nicht.

Unister hat die Vorwürfe wiederholt zurückgewiesen und erklärt, bei den beanstandeten Geschäften gehe es um eine gängige Praxis in der Reisebranche. Auch Konzerngründer Wagner hatte zu Lebzeiten betont, er sei unschuldig und werde vor Gericht für einen Freispruch kämpfen. Der Jungunternehmer hatte 2002 noch zu Hochschulzeiten zusammen mit Partnern in Leipzig eine Internetplattform für Studenten entwickelt. Später erfolgte der Einstieg ins Reisegeschäft.

Prominente Werbefiguren wie Michael Ballack, ehedem Fußball-Nationalspieler, und Reiner Calmund, einst Manager von Bayer Leverkusen, halfen bei der Expansion. Unister stand für frische Ideen, Innovation und Erfolg und entwickelte sich zu einem Konzern mit mehr als 1000 Beschäftigten. Zuletzt zeigte sich aber, dass die Strukturen der Unternehmensgruppe nicht Schritt gehalten hatten mit deren rasantem Ausbau. Insolvenzverwalter Lucas Flöther stieß auf diverse Mängel; insbesondere bei Planung, Buchhaltung und Controlling und nannte als wesentlichen Auslöser der Pleite eine mit Krediten finanzierte "progressive Wachstumspolitik". Flöther versucht zu retten, was noch zu retten ist.

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SZ vom 23.11.2016/fie
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