Protest auf der Hauptversammlung:Telekom-Chef als Buhmann

Die Hauptversammlung der Telekom erweist sich für René Obermann als Belastungsprobe: Während seines gut einstündigen Lageberichts wurde der Konzernchef mehrfach durch Buhrufe und ein gellendes Pfeifkonzert unterbrochen. Die Wut über die geplanten Job-Auslagerungen ist bei manchen Aktionären groß.

Der Protest kam vor allem von Seiten der Belegschaftsaktionäre, die an der Hauptversammlung teilnahmen und sich gegen die Pläne des Vorstands wandten, rund 50.000 Arbeitsplätze in Servicegesellschaften auszulagern, Arbeitszeiten zu verlängern, die Gehälter zu kürzen.

Vorstandschef René Obermann reagierte seinerseits mit scharfer Kritik an der Gewerkschaft Verdi. Die Dienstleistungsgewerkschaft sei mit für die wettbewerbliche Schieflage verantwortlich, unter der die Telekom jetzt leide, sagte Obermann bei seiner Rede auf dem Aktionärstreffen.

Dabei wiederholte er seinen Vorwurf, dass Verdi mit Wettbewerbern Tarifverträge für ähnliche Tätigkeiten zu erheblich schlechteren Bedingungen akzeptiert habe. Bei der Telekom bestehe Verdi dagegen auf "Besitzstandswahrung", monierte der Telekom-Chef.

"Arbeitsplätze wirtschaftlicher machen"

"Die Fakten sind, wie sie sind", sagte Obermann. Die Telekom müsse nun ihre Kosten senken, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Er verteidigte vor diesem Hintergrund die Pläne zur Jobverlagerung. "Unser Ziel ist es, diese Arbeitsplätze im Konzern wirtschaftlicher zu machen und möglichst zu erhalten."

Nach der Ablehnung eines Tarifangebots für die betroffenen Mitarbeiter durch Verdi wolle der Konzern nun im Alleingang T-Service gründen. Allerdings sagte Obermann auch: "Die Tür für eine Einigung mit Verdi bleibt offen." Am Freitag will die Große Tarifkommission der Gewerkschaft über eine Ausweitung der Streiks entscheiden. In der kommenden Woche sollen dann die Telekom-Mitarbeiter in einer Urabstimmung zustimmen.

Am Donnerstag beteiligten sich nach Verdi-Angaben rund 15.000 Beschäftigte an Warnstreiks. "Der Betrieb wird dadurch in erheblichem Umfang beeinträchtigt", sagte ein Gewerkschaftssprecher.

Akquisitionen im Ausland

Zu seinen weiteren Vorhaben sagte Obermann, dass die Telekom mit Akquisitionen im Ausland auf den Wachstumspfad zurückkehren wolle. "Allein aus dem Deutschlandgeschäft heraus, werden wir nicht weiter als Konzern wachsen können", so der Konzernchef.

"Zusätzlich werden wir uns jetzt mit einem möglichen Verkauf von Teilen der Servicebereiche an Drittanbieter auseinandersetzten müssen", sagte Obermann weiter.

Zusätzlich Brisanz erhielt der Konflikt zwischen den Tarifparteien durch die Berufung von Thomas Sattelberger zum neuen Personalvorstand, die Obermann gegen das Votum der Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat durchsetzte. "Wir werden uns dennoch um eine konstruktive Zusammenarbeit bemühen", sagte Lothar Schröder, Verdi-Vorstand und Telekom-Vizeaufsichtsratschef.

Telekom-Chef als Buhmann

Das Personalressort wird bislang von Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick kommissarisch verantwortet. Sattelberger werde nun "gleitend" in die Gespräche über den Konzernumbau eingeführt, sagte Eick.

Die Telekom steht wegen der schwachen Entwicklung auf dem Heimatmarkt enorm unter Druck und hatte daher im Januar erneut ihre Prognose für 2007 senken müssen.

Neben Einbußen im Mobilfunkgeschäft verbuchte die Telekom vor allem Rückgänge im Festnetzgeschäft. Im ersten Quartal kündigten laut Angaben aus Konzernkreisen rund 600.000 Kunden ihren Festnetzanschluss bei der Telekom.

Deutsche Mobilfunksparte unter Druck

Den Kreisen zufolge stand auch die deutsche Mobilfunksparte unter Druck, die bereits im vierten Quartal 2006 einen Umsatzrückgang von acht Prozent verzeichnet hatte.

Wachstum will Obermann durch Zukäufe im Ausland generieren. Im Fokus steht dabei das Handy-Geschäft. "Im Mobilfunk haben wir bereits eine starke internationale Präsenz", sagte der seit November 2006 amtierende Telekom-Chef. Akquisitionen könnten neben den bestehenden Ländern auch in neuen Märkten getätigt werden. Interesse wird den Bonnern an Orange, der niederländischen Mobilfunk-Tochter von France Télécom, nachgesagt.

Um den finanziellen Spielrahmen zu erweitern, will die Telekom Beteiligungen verkaufen. Vor dem Abschluss steht laut Obermann die Veräußerung der Immobiliengesellschaft Sireo sowie weiterer Immobilien und die französische Tochter Club Internet.

Verkäufe im oberen dreistelligen Millionenbereich

"In der Summe aller Transaktionen (...) errechnet sich ein Volumen im oberen dreistelligen Millionenbereich", sagte Obermann. Sireo soll an die Corpus Immobiliengruppe gehen und Club Internet an den französischen Wettbewerber Neuf Cegetel. Die Transaktionen sollen im ersten Halbjahr abgeschlossen werden.

Der Telekom-Chef bestätigte die Prognose für das laufende Geschäftsjahr. "Wir wollen im Geschäftsjahr 2007 ein bereinigtes EBITDA (Gewinn vor Steuern, Zinsen, Abschreibungen) von rund 19 Milliarden Euro erwirtschaften." Im Januar hatte die Gesellschaft ihre Prognose für dieses Jahr gesenkt, da der Wettbewerb in Deutschland unverändert hart sei.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: