Prominente als Werbeträger:Stars, Messen und Sternchen

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US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel sorgen auf der Hannover Messe für gute Stimmung. (Foto: Christian Charisius/dpa)

Ob Staatsgäste, Schauspieler oder Besuch aus Hollywood - viele Gesellschaften nutzen Prominente, um auf ihre Veranstaltungen aufmerksam zu machen. Doch die Strategie geht nicht immer auf.

Von Christiane Kaiser-Neubauer

Es ist Hochsaison. Von München bis Hamburg und von Köln bis Berlin herrscht an den Ausstellungsplätzen in den kommenden Wochen reges Treiben. Um die Attraktivität der Veranstaltungen zu steigern, setzen die Organisatoren auf prominente Stars aus der Unterhaltungsbranche. Ihr Erscheinen soll das Image der jeweiligen Messe prägen und mediale Aufmerksamkeit erzielen, was wiederum den Bekanntheitsgrad der Veranstaltungen erhöhen soll. Geht die Rechnung auf, ziehen die VIPs die Publikumszahlen nach oben.

"Als multimediales Event für Comic, Film und Videospiele sind Hollywood-stars für die German Comic Cons sehr wichtig. Der Großteil der Besucher sucht den direkten Kontakt zu den Stargästen", sagt Markus Borchert, Veranstalter der German Comic Con, die vor drei Wochen in Berlin gastierte. Auf seine Einladung reisten der US-Schauspieler Christopher Lloyd, der Disney-Zeichner Don Rosa und der X-Men-Star Famke Janssen in die Hauptstadt. Insgesamt zogen heuer große Namen auf deutschen Messen: So zeigte sich etwa der amerikanische Präsident Barack Obama auf der Hannover Messe, Künstler David Hockney auf der Frankfurter Buchmesse, Topmodel Nadja Auermann auf der Schmuckmesse München und Stargeiger David Garrett auf der Musikmesse.

Die Strategie der Veranstalter im Geschäft mit den Stars aus dem In- und Ausland hat sich in den vergangenen Jahren allerdings verändert. Ging es früher darum, möglichst viele klingende Namen für die Messen zu verpflichten, wird nun verstärkt auf Qualität gesetzt. "Der Messemarkt hat sich stark gesplittet. Es gibt große Leitmessen mit internationalem Renommee wie die Ambiente oder die Heimtextil und andererseits regionale Veranstaltungen", sagt Detlef Braun, Geschäftsführer der Messe Frankfurt. Das wirke sich auch auf das Geschäft mit prominenten Gästen aus. "Der Hang zu den sogenannten C- und D-Promis als Werbeträger ist zurückgegangen. Da blieben die Hoffnungen häufig unerfüllt." Mit ein Grund für den Wandel ist der Kostendruck, der sich seit der Finanzkrise im wettbewerbsintensiven Markt hält. Die Gagen für die Promiauftritte sind von ihrem jeweiligen Werbewert abhängig. Für einen PR-Auftritt verlangen heimische Top-Promis bereits bis zu fünfstellige Gagen. Besonders tief in die Tasche greifen müssen die Messegesellschaften für internationale VIPs.

"Es gibt Stars, die 100 000 Dollar und mehr für ihren Besuch verlangen, aber die möchten wir uns nicht leisten, da wir damit nicht mehr das bisherige ausgeglichene Preis-Leistungs-Verhältnis halten können und auch in der Vielfalt eingeschränkt wären", sagt Borchert. Die Garantiezahlungen für Prominente liegen laut dem Veranstalter für Fotos und Autogramme im hohen fünfstelligen Bereich. Geld, das von Organisatoren mancherorts besser investiert werden könnte.

"Immer wieder versuchen kleine Veranstalter, sich und ihre Messen mit großen Namen zu schmücken. Aber ein schlechtes Messekonzept oder eine anachronistische Veranstaltung kann auch durch einen Prominenten nicht gerettet werden", sagt Stefan Luppold, Professor für Messe- und Eventmanagement an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW)

. Dient ein Prominenter als Aushängeschild für eine ganze Veranstaltung, macht er auch Werbung in eigener Sache. "In diesem Jahr haben wir Mario Adorf eingeladen, auf der Konsumgütermesse Ambiente als Vertreter für unser Partnerland Italien zu fungieren. Dabei übernehmen wir die Reisekosten und bewirten unsere Gäste während der Veranstaltung. Darüber hinaus zahlen wir kein Honorar", sagt Braun.

Neu in der Branche ist das US-Konzept, die Messebesucher direkt an den Kosten für die prominenten Gäste zu beteiligen. So mussten Fans auf der German Comic Con außer dem Eintritt zusätzlich für Autogramme und Fotos der Filmgrößen zahlen. Je nach Bekanntheit kostete ein Autogramm zwischen 15 und 60 Euro.

Bei der Wahl des Stars als Testimonial spielt nicht nur das Budget eine Rolle. Damit der teure Spaß auch etwas bringt, achten Veranstalter und Branchenverbände sehr genau auf die Passung zwischen Event und Star. Der Promi muss einen glaubhaften Bezug zum Messethema und zu den Produkten haben, um in der jeweiligen Zielgruppe die volle Wirkung zu entfalten. Nur dann sind die Honorare auch gewinnbringend investiert. "Ein Fachbesucher freut sich vielleicht über das Autogramm eines Prominenten aus der Unterhaltungsbranche, die Zugpferde für diese Zielgruppe sind aber andere. Die Veranstalter locken mit Gästen aus dem Branchenumfeld wie einem Sportwagen-Designer, einem Stararchitekten oder einer internationalen Unternehmerlegende auf die Events", sagt Luppold.

Oberstes Credo für die Veranstalter sind zufriedene Aussteller. Denn die falschen Besucher, die eine Messe wegen eines Filmstars kurzfristig stürmen, helfen niemandem. Am Ende sind die Parkplätze belegt, die Büfetts geleert und das Fachpublikum zieht genervt davon. Besonders kontraproduktiv ist ein Promi-Auflauf bei Ordermessen, auf denen Einkäufer in möglichst kurzer Zeit Waren bestellen und neue Trends kennenlernen möchten.

Royalen Besuch gab es auf der Messe Frankfurt. "In diesem Jahr hatten wir Prinz Carl Philip von Schweden hier zu Gast, der als Teil des Designerduos Bernadotte & Kylberg seine neue Gläserkollektion für den bayerischen Hersteller Zwiesel Kristallglas vorgestellt hat", sagt Braun. Hat eine Messe sich über Jahre ein Renommee erarbeitet, kann sie ganz auf prominente Unterstützung verzichten. "Veranstaltungen, die ohne viel Zutun über ihre Qualität prominente Besucher anziehen, wie beispielsweise die Art Basel, haben es geschafft. Die Prominenten sind in diesen Fällen ein Indikator für den hervorragenden Ruf der Messen", sagt Luppold. Da spaziert dann etwa Brad Pitt durch die Kunstschau - ganz ohne Gage.

© SZ vom 25.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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