Prognose der Regierung:Arbeitslosigkeit wird massiv steigen

Die Bundesregierung schlägt Alarm: Wegen der Wirtschaftskrise wird die Zahl der Arbeitslosen voraussichtlich drastisch zulegen - auf 4,6 Millionen im Jahr 2010.

Die Bundesregierung sieht für das laufende Jahr schwarz. Um sechs Prozent wird die deutsche Wirtschaft im laufenden Jahr wohl schrumpfen, sagte Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) bei der Vorstellung der Konjunkturprognose der Bundesregierung in Berlin. Die große Koaltion stellt sich damit auf die schärfste Rezession seit Bestehen der Bundesrepublik ein.

Arbeitslosigkeit, ddp

Agentur für Arbeit in Merseburg: Die Zahl der Jobsuchenden wird in den nächsten beiden Jahren massiv ansteigen.

(Foto: Foto: ddp)

Der wirtschaftliche Abschwung wird sich direkt auf den Arbeitsmarkt auswirken. Guttenberg rechnet in diesem Jahr mit einem Anstieg der Arbeitslosenzahl auf 3,7 Millionen. Im nächsten Jahr werde die Zahl sogar noch weiter steigen - voraussichtlich auf 4,6 Millionen.

Großzügiger beim Kurzarbeitergeld

Auch aus diesem Grund hat sich der CSU-Politiker für großzügigere Regelungen beim Kurzarbeitergeld ausgesprochen. Die Pläne von Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD), das Kurzarbeitergeld von 18 auf 24 Monate auszuweiten oder die Arbeitgeber nach dem sechsten Monat Kurzarbeit vollständig von den Sozialbeiträgen zu entlasten, finde seine Sympathie, sagte Guttenberg. Dadurch werde die erwartete angespannte Lage am Arbeitsmarkt entschärft und der private Konsum gestützt. Dies sei aber kein weiteres Konjunkturpaket. Bisher zeige sich der Arbeitsmarkt jedoch noch "außerordentlich robust". Dies sei vor allem auf die bisherigen Reformen zurückzuführen.

Fachleute sind sogar noch pessimistischer. Bei einer weiteren Verschärfung der Lage könnte die Zahl der Erwerbslosen auf bis zu 4,1 Millionen im Dezember steigen und damit fast eine halbe Million höher liegen als von der Regierung prognostiziert, befürchten Volkswirte Deutscher Großbanken. Das Problem: Aktuell gebe es kaum Anzeichen für einen Frühjahrsaufschwung. Die sonst in dieser Jahreszeit übliche Belebung auf dem Stellenmarkt werde derzeit von den Auswirkungen der Krise weitgehend aufgezehrt.

Weniger freie Stellen

Insgesamt waren den Berechnungen der Fachleute zufolge im April rund 3,56 Millionen Männer und Frauen ohne Arbeit; das seien lediglich 25.000 weniger als im März. Im Durchschnitt der vergangenen drei Jahre war die Arbeitslosigkeit im April um knapp 140.000 gesunken. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Lage auf dem Arbeitsmarkt damit sogar deutlich verschlechtert. Die offiziellen Zahlen wird die Bundesagentur für Arbeit am Donnerstag bekanntgeben.

Bereits jetzt hat die Nürnberger Behörde bekannt gegeben, dass durch die Wirtschaftskrise auch das Angebot an freien Stellen zurückgegangen ist. Das geht aus dem Beschäftigungsindex der Bundesagentur hervor. Allerdings habe sich der Rückgang im April etwas verlangsamt.

Im März war die Zahl der Arbeitslosen um 34.000 auf 3,59 Millionen gestiegen. Das waren 78.000 mehr als vor einem Jahr. Die Arbeitslosenquote nahm um 0,1 Punkte auf 8,6 Prozent zu. Saisonbereinigt war die Arbeitslosenzahl um 69.000 auf 3,4 Millionen gestiegen. Abgefedert wurde die Arbeitsmarktkrise durch den massiven Einsatz von Kurzarbeit. Insgesamt hatten Firmen nach Bundesagentur-Angaben allein im März Kurzarbeit für 670.400 Männer und Frauen angemeldet.

Im zweiten Teil: Wie die Finanzkraft der Bundesagentur unter dem Wirtschaftsabschwung leidet.

Bundesagentur geht an die Rücklagen

Als Folge der Wirtschaftskrise hat die Bundesagentur für Arbeit Anfang 2009 einen Teil ihrer Ausgaben durch Rücklagen finanzieren müssen. Wie die Behörde mitteilte, nahm die BA im ersten Quartal 6,3 Milliarden Euro ein, gab aber 10,4 Milliarden Euro aus. Die Ausgaben hätten deutlich höher gelegen als in allen Quartalen des Jahres 2008, hieß es.

Geringerer Beitragssatz

Dies gehe im Wesentlichen auf den geringeren Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung sowie die Umstellung der Fälligkeit für die Beteiligung des Bundes an den Kosten der Arbeitsförderung von einer monatlichen Ratenzahlung auf eine Einmalzahlung am Jahresende zurück. Ohne diese Änderungen wäre das Vorjahresergebnis mit etwa 400 Millionen Euro übertroffen worden.

Ausgegeben wurden im ersten Quartal des Jahres 700 Millionen Euro mehr als im Vorjahresquartal. Dies beruhe in erster Linie auf der seit November 2008 sprunghaft angestiegenen Kurzarbeit, wieder mehr Unternehmensinsolvenzen und der tendenziell steigenden Arbeitslosigkeit, teilte die Bundesagentur mit.

Für das kommende Jahr rechnet die Bundesregierung wieder mit einem leichten Wirtschaftswachstum. In der aktuellen Konjunkturprognose wird für 2010 ein Plus von 0,5 Prozent erwartet. Berlin ist damit optimistischer als die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute, die mit einem weiteren Rückgang der Wirtschaftsleistung um 0,5 Prozent rechnen.

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