Süddeutsche Zeitung

Mohammed bin Salman:Der Mann, der Saudi-Arabien das Öl abgewöhnen will

Mit erst 31 Jahren ist Vize-Kronprinz Mohammed bin Salman der neue starke Mann in Saudi-Arabien. Jetzt will er das ölabhängige Königreich reformieren.

Von Paul-Anton Krüger

Vertraute Mohammed bin Salmans erzählen gerne eine Anekdote, wenn sie klarmachen wollen, was den stellvertretenden Kronprinzen von der alten Garde Saudi-Arabiens unterscheidet: Der 31-Jährige lasse sich morgens um halb neun ohne Vorankündigung zu Ministerien in Riad fahren und verlange dort, die Führungsriege zu sprechen und die Bücher zu sehen. Verhießen Regierungsämter lange zuvorderst Prestige und üppige Apanagen, müssen sich leitende Beamte bis hin zu den Ministern inzwischen an Leistungsindikatoren messen lassen - ein Kulturwechsel für die träge Monarchie. Mohammed bin Salman soll als der Aufräumer glänzen, der das sklerotische Reich seines Vaters fit macht.

Die Hälfte aller Saudis ist unter 25 Jahre alt - als ihr Vertreter präsentiert sich Prinz Mohammed. Viele setzen also ihre Hoffnung in den mit (nur) einer Frau verheirateten Vater von vier Kindern, und dessen großen Plan, die Saudi Vision 2030, die er über Twitter verkünden lässt. "Wir sind die erste Generation, die mit dem Internet aufgewachsen ist, die Videospiele gespielt hat, die ihre Informationen von Bildschirmen bekommt," sagte er im Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg. "Wir denken anders, wir haben andere Träume."

König Salman übertrug seinem Lieblingssohn die Vollmachten, um diese Träume zu verwirklichen. Mohammed leitet nun das Komitee für Wirtschaft und Entwicklung, eine Art Wirtschaftskabinett; zudem kontrolliert der Prinz Saudi Aramco, den staatlichen Ölkonzern. Mehr Macht in der Hand eines Mannes war nie, wenn es um die Entwicklung des Landes ging, das lange 90 Prozent seiner Staatseinnahmen aus der Ölförderung generierte - und damit Wohltaten finanzierte, um die Untertanen ruhigzustellen. Sichtbar wurde sein Einfluss jüngst, als er ein Treffen der wichtigsten Ölstaaten platzen ließ, bei dem die Produktion gedeckelt werden sollte. Wenn Iran sich daran nicht beteilige, der regionale Rivale, werde auch Saudi-Arabien nichts tun, beschied Mohammed bin Salman.

Zugleich ist der Prinz Verteidigungsminister und gilt als einer der Architekten der neuen, deutlich aktiveren und aggressiveren Außenpolitik seines Landes - die sich in der Konfrontation der sunnitischen Führungsmacht mit dem schiitischen Regime in Iran zeigt. Er verweist darauf, dass er den Weisungen des Königs folge, doch der Krieg in Jemen ist mit seinem Namen eng verbunden. Der Waffengang kostete Milliarden, Tausende Zivilisten wurden durch saudische Luftangriffe getötet, und die Huthis, die er als Handlanger Teherans sieht, sitzen immer noch in Sanaa.

Lobte US-Präsident Brack Obama noch, der Prinz sei gut informiert und "weise für sein Alter", halten manche Diplomaten den an der König-Saud-Universität in Riad ausgebildeten Juristen für impulsiv, unerfahren und unberechenbar. Manche waren regelrecht schockiert zu sehen, dass der Minister trotz eines 16-Stunden-Tages gelegentlich auf seiner Spielkonsole herumdaddele.

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SZ vom 26.04.2016
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