Die gefälschte Handtasche, gekauft auf dem Markt im türkischen Antalya, das nachgemachte Spielzeug, bestellt im Internet, der illegal heruntergeladene Film - all diese leider alltäglichen Dinge sorgen Jahr für Jahr bei Unternehmen für erhebliche Verluste. Mehr noch: Sie verletzen Urheber- und Markenrechte, geistiges Eigentum also.
Zum Welttag der Fälschungsbekämpfung (World Anti-Counterfeiting Day) am 6. Juni hat nun das zuständige Europäische Amt EUIPO einen Bericht herausgegeben. Die Behörde mit Sitz in Alicante wertete dafür gemeinsam mit dem Europäischen Patentamt Daten aus den vergangenen Jahren aus und fasste vorherige Studien zusammen. Das Ergebnis: Rund sieben Prozent der Einfuhren in die EU pro Jahr sind gefälschte Waren.
Das entspricht einem Wert von 121 Milliarden Euro. "Produktfälschungen schaden der Wirtschaft und der Beschäftigung", sagt Luis Berenguer Giménez von der EUIPO. "Der geringere Preis, den Verbraucher zahlen, hat immer Konsequenzen." Die Wirtschaftszweige, die besonders "schutzrechtsintensiv" sind, also viele Marken oder Urheberschaften registrieren, erwirtschaften innerhalb der EU rund 42 Prozent des Bruttoinlandprodukts - 5,7 Billionen Euro - und beschäftigen 28 Prozent der Arbeitnehmer. Betroffen sind meist gut zahlende Branchen, die außerdem einen Handelsüberschuss von etwa 96 Milliarden Euro mit den übrigen Teilen der Welt erwirtschaften, so der Bericht. Und leider helfen Freihandelszonen wie die EU nicht nur der eigenen Wirtschaft, sondern bieten auch Fälschern eine sichere Umgebung.
Das Amt betrachtete elf Branchen innerhalb der EU genauer und schätzt, dass sich dort allein in den Jahren 2012 bis 2016 die jährlichen Verluste auf mehr als 92 Milliarden Euro belaufen - weil Kunden ein gefälschtes Produkt kauften statt das Original, oder urheberrechtlich geschützte Inhalte illegal nutzten. Laut Polizeilicher Kriminalstatistik wurden allein 2018 in Deutschland mehr als 8700 Verstöße gegen Urheber-, Marken- und Patentrechte festgestellt. Dabei entstand ein Schaden von knapp 21,5 Millionen Euro.
Der Handel im Internet hat das Fälschen leichter gemacht
Verbraucher lassen sich dabei in aller Regel durch günstige Preise locken. Auch der Handel im Internet hat es Fälschern und Verbrauchern leichter gemacht, zueinander zu finden. Im November 2018 etwa beschlagnahmten Beamte von Europol mehr als 33 000 Domains von Webseiten, die Fake-Produkte vertrieben. Außerdem ist es in vielen Ländern sozial akzeptiert, Gefälschtes zu kaufen oder zu nutzen. Ihr falsches Handeln ist vielen Menschen also durchaus bewusst. Der EUIPO-Bericht zitiert eine Studie, nach der 97 Prozent der befragten Europäer es für wichtig halten, dass Erfinder, Schöpfer und Künstler ihre Rechte schützen können und für ihre Arbeit bezahlt werden. Doch je zehn Prozent der Befragten räumten ein, trotzdem innerhalb der letzten zwölf Monate ein gefälschtes Produkt gekauft oder illegale Inhalte geladen oder gestreamt zu haben. Gerade Menschen zwischen 15 und 24 Jahren erklärten dazu, es sei in Ordnung, so zu handeln, wenn der Preis fürs Original zu hoch ist oder es halt keinen legalen Zugang gibt.
Die häufigsten Fälschungen sind Modeaccessoires wie Lederhandtaschen und Portemonnaies, Spielzeug, Zigaretten sowie Musik-, Filmaufnahmen und Computerspiele. Die Piraten und Fälscher sind professionell und bestens organisiert, so Giménez. Sie schicken ihre Ware oft aus Fernost - China, Indien, aber auch der Türkei - in die EU, vor allem auf unterschiedlichen Wegen und in kleineren Päckchen. Allein die Masse an Paketen mache es den Zollbeamten an den Grenzen schwerer, Verstöße festzustellen.