Produktion:Heimatverbunden - Deutschland ist wieder in

Steiff holt seine Produktion zurück - und ist damit in bester Gesellschaft. Der Standort Deutschland erlebt eine Renaissance. Trotz Krise.

Caspar Dohmen

Bis Ende des Jahres wird der Stofftierhersteller Steiff seine teilweise nach China verlagerte Produktion wieder nach Deutschland zurückholen. Und Steiff ist kein Einzelfall. Auch der Aufzughersteller Otis oder die Bonner Solarworld haben Produktionskapazitäten zurückverlegt. So kommt mittlerweile auf drei auslagernde Betriebe ein Rückkehrer - dies ist ein Ergebnis der Befragung des Fraunhofer Instituts unter 1500 Betrieben aus dem Verarbeitenden Gewerbe.

Steiff, Foto: dpa

Teddybären - bald nur noch made in Germany: Steiff holt seine Produktion vollständig in die Bundesrepublik zurück.

(Foto: Foto: dpa)

Auftraggeber der Studie ist der Verband der Ingenieure. Und deren Direktor Willi Fuchs sprach bei der Vorlage der Studie am Montag in Düsseldorf sogar von einer "Renaissance des Produktionsstandortes Deutschland". Die Verlegung von Produktion gab es immer - doch seit den 1990er Jahren hatten besonders viele Firmen Produktion aus Deutschland abgezogen, besonders nach Mittel- und Osteuropa und China. Dadurch verloren viele Menschen ihre Jobs.

Ende der Kostenflucht

Nun sehen weniger Unternehmen ihr Heil im Ausland: Nur noch sieben von hundert befragten Firmen wollten in den kommenden beiden Jahren Teile der Produktion verlagern, sagte der Mitautor der Studie Steffen Kinkel. In den Jahren 2004 bis 2006 habe die Zahl der Betriebe mit solchen Plänen um 40 Prozent höher gelegen.

Bemerkenswert finden die Autoren, dass erstmals in einer Rezession die Unternehmen in Deutschland ihr Heil nicht in einer verstärkten Auslagerung in Billiglohnländer suchen. "Statt einer Kostenflucht halten die Unternehmen lieber ihre Kapazitäten zusammen", sagte Fuchs. Einige Firmen haben in der Wirtschaftskrise Produktion aus ausländischen Tochterwerken oder von Zulieferern in ihre Stammwerke geholt, um diese besser auszulasten.

Wer eine Verlagerung plant, der begründet dies weiterhin mit dem Thema Personalkosten. Insbesondere Mittel- und Osteuropa nutzen viele Firmen aus dem Fahrzeugbau, der Kunststoff- und Elektroindustrie als verlängerte Werkbank. Immer wieder gab es Schlagzeilen, wenn Firmen in den vergangenen Jahren Werke verlagerten, so wie der Handyhersteller Nokia aus dem Ruhrgebiet nach Rumänien.

Gestiegene Löhne

Dabei geht die Rechnung der Firmen längst nicht immer auf. Wer nur auf die Kosten schaue, unterliege häufig einem Trugschluss, warnte Fuchs, da die Löhne nur einen geringen Teil am Produktionsprozess ausmachten. Er hält es für wirtschaftlich vernünftiger, wenn die Unternehmen die Abläufe in den bestehenden Werken verbessern, indem sie beispielsweise mehr Prozesse automatisieren. Dies ist ganz im Interesse des VDI, der die Interessen der Ingenieure in Deutschland vertritt.

Firmen, die ihre Produktion zurückholen, geben dafür verschiedene Motive an, vor allem Qualitätsprobleme - dies war auch für Steiff ausschlaggebend. Zudem vermissen die Unternehmen an ihrer neuen Wirkungsstätte ein vergleichbares Netz von Zulieferern, welches flexibel auf ihre Wünsche reagiert. Außerdem sind die Löhne in vielen Billiglohnländern gestiegen.

Gänzlich anders beurteilt es Fuchs, wenn die Firmen sich durch die Eröffnung von Märkten neue Absatzmärkte erschließen wollten. In China stand dieses Motiv bei vielen deutschen Unternehmen im Fokus. Meist handelt es sich hier um große Betriebe aus dem Maschinenbau und der Elektroindustrie. Aber auch hier gibt es Probleme. Und deswegen verabschieden sich auch hier viele Unternehmen. "Auch hier sind Qualitätsprobleme, mangelnde Flexibilität von Produktion und Zulieferernetzwerk sowie steigende Lohnkosten die Hauptmotive der Unternehmen", sagt Kinkel.

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