Springer: Interesse an Pro Sieben Sat 1 Media:Bild dir deinen Sender

Wer übernimmt den Fernsehkonzern Pro Sieben Sat 1 Media? Offenbar hat der Springer-Verlag Interesse. Beim ersten Versuch im Jahr 2005 war das Kartellamt dagegen - jetzt könnte Verlagschef Döpfner mehr Erfolg haben. Doch ein alter Rivale mischt mit.

Caspar Busse

Gewinn und Umsatz steigen, der Aktienkurs ist sowieso seit einiger Zeit auf einem wundersamen Höhenflug: Es wird wohl eine ansehnliche Bilanz für das Jahr 2010, die Thomas Ebeling in dieser Woche vorstellen wird. Der Vorstandschef des Fernsehkonzerns Pro Sieben Sat 1 Media hatte bereits die Prognosen mehrfach nach oben gesetzt. Der Grund: Die Werbekonjunktur läuft wieder, der Konzern hat kräftig gespart. Zuletzt hieß es, das operative Ergebnis werde auf etwa 850 Millionen Euro steigen.

PROSIEBEN SAT1 HAUPTVERSAMMLUNG

Wer übernimmt den Fernsehkonzern Pro Sieben Sat 1 Media, wenn sich die Finanzinvestoren von Permira und KKR zurückziehen?

(Foto: AP)

Auf die wichtigste Frage wird Ebeling keine Antwort haben: Wer wird künftig, spätestens 2012, in der Zentrale im Münchner Vorort Unterföhring die Herrschaft übernehmen? Es könnte sich nach Informationen der Süddeutschen Zeitung um einen guten alten Bekannten handeln, um den größten Zeitungsverlag Europas, um die Axel Springer AG (Bild, Welt, Hörzu).

Anfang 2007 hatten sich die Finanzinvestoren von Permira und KKR in München mehrheitlich eingekauft, nun wollen sie wieder raus. Offenbar laufen intensive Vorbereitungen, endgültig entschieden ist aber noch nichts. Als wahrscheinliche Option gilt nach wie vor ein Verkauf über die Börse - also ein sogenanntes Secondary Offering. Das heißt: Permira und KKR verkaufen ihre Anteile an dem ohnehin bereits börsennotierten Konzern über den Aktienmarkt. Vorher wird wohl auch die Trennung in Vorzugs- und Stammaktien abgeschafft. Am Ende wäre der TV-Betrieb womöglich ein Kandidat für den Dax.

Erster Kandidat ist die Axel Springer AG. Sie könnte einen größeren Teil der Aktien übernehmen und damit zum Großaktionär im Börsenkonzern Pro Sieben Sat1 aufsteigen. "Es gibt durchaus Interesse bei Springer", heißt es aus Verhandlungskreisen. Konkrete Details würden für die zweite Jahreshälfte erwartet. Geplant ist, dass der Verlag sich mit einem Anteil von etwa 25 Prozent bescheidet. Damit könnte Springer die Rolle des "Anker-Aktionärs" spielen, heißt es in Finanzkreisen. So bekämen das Pressehaus und sein Vorstandschef Mathias Döpfner den lange ersehnten Zugang zum Fernsehen - und müssten trotzdem nicht das gesamte Unternehmen kaufen.

Grundsätzlich sei nichts ausgeschlossen, kommentiert eine Springer-Sprecherin die Informationen über den möglichen Pro-Sieben-Sat-1-Deal: "Im Moment gibt es da keine Überlegungen."

Springer-Chef Döpfner hat bereits 2005 versucht, Pro Sieben Sat1 zu übernehmen - nach dem Motto "ganz oder gar nicht". Schließlich hatte bereits Verlagsgründer Axel Cäsar Springer fürs Privatfernsehen gekämpft und die Beteiligung an Sat1 als Beginn eines "Verlegerfernsehens" gesehen. Die Übernahme scheiterte schließlich am Widerstand des Bundeskartellamts, der Medienaufsicht und der Politik.

2005 zog Springer sich frustriert zurück

Springer zog sich frustriert zurück, es blieb am Ende in der Türkei ein Fernseh-Joint-Venture mit dem Magnaten Aydin Dogan. Die unliebsamen Entscheidungen von damals hat Döpfner in mehreren Instanzen gerichtlich überprüfen lassen. Zum Schluss gab der Bundesgerichtshof den Wettbewerbswächtern recht, das Verfahren zum Verbot der Medienwächter läuft noch.

"Natürlich würden wir an eine neue Prüfung ergebnisoffen rangehen", sagt ein Kartellamtssprecher. Die Wettbewerbshüter würden den Fall womöglich auch prüfen, wenn Springer mit unter 25 Prozent einsteigt, denn auch dann könnte Gefahr für den Wettbewerb bestehen. Bisher sah das Kartellamt ein Zusammengehen der Konzerne sehr kritisch.

Steigt auch Rupert Murdoch ein?

Eine breite Diskussion über die Medienmacht Springers will Döpfner diesmal vermeiden. Seit knapp einem Jahr bereiten er und sein Cheflobbyist Christoph Keese, der Geschäftsführer Public Affairs, offenbar in sensiblen Gesprächen mit Medienpolitikern den Wiedereinstieg ins Fernsehen vor. Es soll bloß keine Angriffsflächen geboten werden. So einigte sich Springer im Dezember überraschend mit den deutschen Grossisten über neue Vertriebskonditionen - die anderen Verlage liegen dessen ungeachtet weiter im Streit mit den unabhängigen Mittelständlern.

Hauptversammlung  Axel Springer AG

Springer-Chef Mathias Döpfner wollte schon 2005 bei Pro Sieben Sat 1 einsteigen - vielleicht ist es jetzt der Moment gekommen.

(Foto: dpa)

Es geht um die grundsätzliche Neutralität des Vertriebssystems, was die Politik sehr interessiert. Auch soll eine Debatte um Bild vermieden werden. An der Marktdominanz des Boulevardblatts hatte sich 2005 der Streit um einen Stopp Springers entzündet. Seitdem schrumpfte die Auflage, doch im Internet ist bild.de jetzt Primus.

Tatsache ist: Die Kasse von Springer ist gut gefüllt, auch nach der teuren Akquisition des französischen Immobilienportals Seloger. Vorstandschef Döpfner wird in dieser Woche, einen Tag vor Pro Sieben Sat 1, voraussichtlich ebenfalls erfolgreiche Zahlen vorlegen. Dazu kommt, dass der Berliner Medienkonzern erst kürzlich eigene Aktien verkauft hat. "An liquiden Mitteln fehlt es uns nicht", heißt es aus Springer-Kreisen. Zudem kennt Springer-Finanzvorstand Lothar Lanz das Münchner TV-Zielobjekt wie kaum ein anderer: Er saß viele Jahre im Vorstand von Pro Sieben Sat 1.

Experte Lanz wird den Sanierungskurs Ebelings genau beobachtet haben. Der Ex-Pharmamanager, vor zwei Jahren von KKR und Permira geholt, hat kräftig gespart. Der Konzernsender Sat1 wurde von Berlin nach München verlegt, der defizitäre Nachrichtensender N24 abgestoßen. Nun will er sich auch von mehreren europäischen TV-Stationen trennen, in den Niederlanden, in Belgien und in Skandinavien. Das Verkaufsverfahren läuft, es soll etliche Interessenten geben. Ein Abschluss wird in Branchenkreisen im zweiten Quartal erwartet. Analysten schätzten den Wert des Benelux-Geschäfts auf etwa eine Milliarde Euro, den des Skandinavien-Geschäfts auf mehr als eine Milliarde Euro.

Die Einnahmen werden vor allem zum Abbau des Schuldenbergs gebraucht. Pro Sieben Sat 1 hat noch immer Verbindlichkeiten von etwa drei Milliarden Euro - eine Folge des Kaufs der europäischen Senderkette SBS vor vier Jahren. Weil TV-Lenker Ebeling es geschafft hat, den Aktienwert deutlich zu steigern, winkt den beiden Private-Equity-Firmen beim Verkauf jetzt ein guter Erlös.

Der deutsche Verlag wiederum bekäme ein weitgehend bereinigtes Unternehmen. Mit den Bewegtbildern und den reichweitenstarken Online-Angeboten der Fernsehgruppe ließe sich das eigene digitale Geschäft stärken; das ist ein strategischer Schwerpunkt Springers. Er ist an den deutschen Fernsehsendern interessiert, also an Sat 1, Pro Sieben, Kabel 1 und 9Live.

"Wir stehen am Anfang einer großen Revolution"

Und dann ist noch denkbar, dass sich neben Springer ein anderes Medienhaus um Pro Sieben Sat 1 kümmert, etwa die News Corporation des Medienunternehmers Rupert Murdoch. Der Amerikaner, dessen Leute sich mit Springer auch über digitale Fragen verständigen, müssen ihr Geschäft rund um den Münchner Pay-TV-Betrieb Sky Deutschland stützen.

Einen großen Auftritt hatte Verlagschef Döpfner schon mal im Oktober 2010 in München. Da referierte er über Wert und Werte der digitalen Medien. Eine Erkenntnis: "Wir stehen am Anfang einer großen Evolution und Revolution."

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