Pro Sieben Sat 1:Letzte Geschäfte

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Thomas Ebeling geht nach neun Jahren an der Spitze des Medienunternehmens. Am Ende gliedert er noch das Internetgeschäft aus und beteiligt einen Finanzpartner. Einige Probleme für seinen Nachfolger bleiben.

Von Caspar Busse, München

Sorgt für gute Einschaltquoten, die Show "Voice of Germany", bei der junge Musiktalente gesucht werden. (Foto: Richard Hübner/Pro Sieben)

Auf einige Dinge freut sich Thomas Ebeling, 59, jetzt. Zum Beispiel darauf, dass er nun nicht mehr jeden Morgen als erstes die Einschaltquoten der Konzernsender Pro 7, Sat 1, Kabel 1 oder Sixx auf den Tisch bekommt, oder dass er nicht mehr so oft im Hotel übernachten muss. An diesem Donnerstag war nach neun Jahren Ebelings letzter Arbeitstag als Vorstandsvorsitzender der Pro Sieben Sat 1 Media. Sein Abschied bei der Bilanzpräsentation fiel ziemlich kühl aus. "Ich werde die Medienbranche in guter Erinnerung behalten", sagt der Mann nur, der einst als Neuling aus der Pharmaindustrie ins Fernsehgeschäft gewechselt war. Und: Er gehe nicht mit Wehmut, sondern mit Freude.

"In der Summe haben wir mehr richtig als falsch gemacht", sagt Ebeling. Vielleicht hätte er besser kommunizieren können, fügt er noch an. Gerade das mangelnde Gefühl für die Öffentlichkeit war ihm zuletzt immer wieder vorgeworfen worden, markige Sprüche machte er gerne, etwa der von den Zuschauern, die "ein bisschen fettleibig und ein bisschen arm" seien.

Im Juni nun soll Max Conze, 48, bis Ende vergangenen Jahres Chef des britischen Staubsaugerherstellers Dyson, den Job von Ebeling übernehmen, bis dahin wird kommissarisch Vize Conrad Albert das Unternehmen führen. Ebeling sagte, er sei zufrieden mit der Lösung. Das vorhandene Team sei sehr gut, Conze könne gleichzeitig für neue Impulse sorgen. "Das könnte sehr spannend sein", sagt Ebeling, der auch später keinen Posten im Aufsichtsrat des Konzerns anstrebt, sondern sich nun auf andere "unternehmerische Aktivitäten" konzentrieren will.

Als Ebeling 2009 von den beiden damaligen Mehrheitseigentümern, den Finanzinvestoren KKR und Permira, geholt wurde, war Pro Sieben Sat 1 in einer tiefen Krise. Die Aktie notierte bei unter einem Euro, Ebeling sanierte, sparte, baute um, investierte in neue Internetaktivitäten - und hate Erfolg. Die Aktie stieg auf fast 50 Euro (Chart). Ebelings Gesamtbilanz kann sich sehen lassen: Der Umsatz verdoppelte sich, der Gewinn stieg noch stärker. 2016 schaffte Pro Sieben Sat 1 als erstes Medienunternehmen die Aufnahme in den Deutschen Aktienindex (Dax). Doch dann ging es wieder bergab, eine mehrmalige Revision der Prognosen nach unten, Unsicherheit über die weitere Strategie, die zunehmende Konkurrenz von Streamingdiensten wie Netflix, eine unsichere Werbekonjunktur - das alles sorgte für Turbulenzen. Die Aktie steigt erst wieder, seit Ebeling im November seinen Abschied bekannt gab.

2017 zog der Umsatz um sieben Prozent auf knapp 4,1 Milliarden Euro an, der Gewinn stieg um drei Prozent auf gut eine Milliarde Euro. Die Verschuldung ging weiter zurück. Für 2018 gibt sich Finanzvorstand Jan Kemper vorsichtig: Der Umsatz werde weiter steigen, die operative Umsatzrendite bei rund 25 Prozent bleiben. Der Umsatzanteil der vielfältigen Internetaktivitäten stieg zuletzt deutlich an, die Abhängigkeit vom Fernseh-Werbegeschäft ist trotz aller Bemühungen aber nach wie vor hoch. Fernsehen sei nach wie vor auch das Schlüssel-Medium für Unterhaltung und das wichtigste Medium für Werbetreibende, betonte Vize Albert. Die wegen ihres Frauenbildes umstrittene Castingshow "Germanys Next Topmodel" oder die Musikshow "Voice of Germany" haben gute Einschaltquoten, auch die amerikanische Comedyserie "Young Sheldon". Demnächst soll eine Late-Night-Show starten. Neben der RTL-Gruppe ist Pro Sieben Sat1 der größte private Fernsehanbieter.

Der Konzern präsentierte am Donnerstag auch einen neuen Kapitalgeber für das Digitalgeschäft. Die zehn wichtigsten Internetbeteiligungen, darunter das Vergleichsportal Verivox, Billiger-Mietwagen.de, die Datingseite Parship-Elite oder das Gutscheingeschäft Mydays/Jochen Schweizer, wurde in die Nucom Group ausgegliedert. An dieser beteiligt sich der amerikanische Finanzinvestor General Atlantic mit gut 25 Prozent. Dieser hält schon ein Drittel der Anteile am Fernbusbetreiber Flixbus sowie Aktien an AirBnB, Uber oder Delivery Hero. General Atlantic hatte schon Springer im Internet-Geschäft geholfen.

Die Holding Nucom wird mit rund 1,8 Milliarden Euro bewertet. Das Kapital, das General Atlantic für den Einstieg zahlt, wird dafür verwendet, bei einigen Beteiligungen Finanzpartner und Gründer herauszukaufen, so dass dann die meisten Firmen zu 100 Prozent in Besitz von Nucom sind. Zusammen mit General Atlantic will sich Pro Sieben Sat 1 neue E-Commerce-Segmente in Deutschland, Österreich und der Schweiz erschließen. Es seien weitere Übernahmen geplant, sagt Finanzvorstand Kemper. Für Zukäufe stünden bei Pro Sieben Sat 1 weiterhin mehr als eine Milliarde Euro zur Verfügung, betonte er.

Eine Trennung von Nucom und eine Zerschlagung von Pro Sieben Sat 1 sei derzeit nicht geplant, betont Ebeling. Man glaube weiter an die Synergien mit dem TV-Geschäft, aber es gebe nun "weitere Optionen". Wie es weiter gehen soll, wird nun Ebelings Nachfolger Conze entscheiden. Auch er kommt wie Ebeling thematisch als Außenseiter in die Konzernzentrale.

© SZ vom 23.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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