Es ist ein Start, den sich kein Vorstandschef wünschen kann, aber die Zeiten sind eben auch besondere, solche, die man sich als Firmenboss auch nicht wünscht. In der Nacht zum Donnerstag teilte Rainer Beaujean, noch nicht einmal vier Wochen Vorstandssprecher beim Fernsehunternehmen Pro Sieben Sat 1 Media, mit, dass die Geschäftsziele für 2020 kassiert werden müssen. Auch die geplante Dividende für 2019 wird nun doch ausfallen. Die Börse reagierte wohlwollend, der Kurs der in den vergangenen Monaten arg gerupften Fernsehaktie stieg leicht an.
Überraschend kam der Schritt dann auch nicht, die Corona-Epidemie trifft die Werbeeinnahmen für das Privatfernsehen. Auch Konkurrent RTL hatte zuvor ähnliches verkündet. Beaujean hatte bis zum plötzlichen Abgang von Vorstandschef Max Conze als Finanzvorstand des Unternehmens gedient und sich in dieser Funktion bei der Präsentation der Jahresbilanz Anfang März noch zuversichtlich gezeigt. Doch seitdem wurde die Lage immer schlechter.
"Bis Mitte März waren wir gut auf Kurs, bis die ersten Covid-19-Effekte begonnen haben, unser Geschäft in allen Segmenten zu beeinträchtigen", sagte er nun. Und: "Wir konzentrieren uns jetzt voll auf Kosten-, Liquiditäts- und Cashflow-Management." Dauer und volle Tragweite der Pandemie seien ungewiss, hieß es. Man könne derzeit keinen Ausblick auf das zweite Quartal und für das Gesamtjahr geben. Der Konzern setzt bereits Kurzarbeit bei einigen Firmen der Internet-Tochter NuCom ein, betroffen seien einige Hundert der konzernweit mehr als 7000 Mitarbeiter. Man prüfe nun eine Ausweitung, die Redaktionen der Fernsehsender seien aber ausgenommen. In der Krise steigen die Zuschauerzahlen bei fast allen Sendern.
Wirtschaftlich gibt es aber Probleme: Zu Beginn des zweiten Quartals gehe man davon aus, "dass das Geschäft in allen Segmenten durch die Krise stark beeinträchtigt wird". Im April dürften die gesamten TV-Werbeeinnahmen um 40 Prozent zurückgehen. Das Geschäft der Fernsehstudios werde durch Produktionsverschiebungen gebremst. Gleichzeitig steigen derzeit Investoren bei Pro Sieben Sat 1 ein. Der von der Familie des ehemaligen Regierungschefs Silvio Berlusconi kontrollierte Fernsehkonzern Mediaset hat seine erneut um 4,1 Prozentpunkte aufgestockt, wie er am Donnerstag Abend mitteilte. Mit 24,2 Prozent der Aktien und 24,9 Prozent der Stimmrechte liegt Mediaset nun knapp unterhalb einer Sperrminorität. Mediaset schwebt ein europäischer Fernsehkonzern mit ProSiebenSat.1 vor - eine Idee, gegen die sich der vor kurzem geschasste Vorstandschef Conze immer gesträubt hatte. Wie sein Nachfolger Rainer Beaujean dazu steht, ist unklar.