Süddeutsche Zeitung

Pro Sieben Sat 1:Aktienkurs runter, Gehälter hoch

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Anleger des Fernsehkonzerns kritisieren Zahlungen an Vorstände.

Die hohen Vorstandsgehälter beim Fernsehkonzern Pro Sieben Sat 1 und der rapide Wertverlust der Aktie des Unternehmens erregen weiter die Gemüter der Anleger. Aktionärsvertreter haben die kräftig erhöhten Vorstandsbezüge bei der Hauptversammlung in München scharf kritisiert. Den Börsenwert zu halbieren und dann die Vorstandsgehälter um 60 Prozent zu steigern, erscheine wie "der blanke Wahnsinn", sagte Elisa Haralampides von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (Sdk). Drei Millionen Euro Antrittsprämie für den vor einem Jahr gekommenen Vorstandschef Max Conze seien angesichts des heutigen Zustands der Firma "nicht nachvollziehbar", kritisierte sie. Der Aktienkurs ist seit Conzes Amtsantritt um etwa 40 Prozent gesunken. Am Mittwoch blieb er unverändert bei 15,64 Euro.

Auch Daniela Bergdolt von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz sagte, sie könne die "sehr erheblichen Zahlungen" an mehrere Vorstandsmitglieder nicht ganz verstehen. Conze lege den Fokus auf die richtigen Entwicklungen, aber der Konzern erkaufe sich seine Qualitäten "vielleicht ein bisschen zu teuer". Deutsche-Börse-Aufsichtsrat Johannes Witt monierte als Privataktionär von Pro Sieben Sat 1, dass Conze in den ersten sieben Monaten 5,5 Millionen Euro erhalten habe, obwohl Gewinn, Dividende und Aktienkurs schrumpften. Das Jahresgehalt von Conzes Stellvertreter Conrad Albert sei auf 3,7 Millionen Euro verdoppelt worden. Die Gesamtvergütung des Vorstands stieg im vorigen Jahr von knapp 13 auf annähernd 21 Millionen Euro. Darunter waren rund sechs Millionen Euro Boni für 2016 bis 2018. An der Dividendenkürzung um etwa 40 Prozent gab es keine Kritik. Bergdolt sagte, das sei zwar happig, aber es sei "viel wichtiger, dass das Unternehmen nun die Kurve kriegt und investiert". Aufsichtsratschef Werner Brandt erhielt bei seiner Wiederwahl einen Dämpfer und erhielt nur 82,47 Prozent der Stimmen.

Die Videoplattform Joyn werde erst "in vier bis fünf Jahren" eine schwarze Null schreiben, wie Conze sagte. Für 2019 erwartet er 100 Millionen Euro Verlust, der auf die Anteilseigner Pro Sieben Sat 1 und Discovery entfällt. Das Konzernergebnis werde mit voraussichtlich 30 Millionen Euro belastet. Conze hatte die Videoplattform zu seinem wichtigsten Vorhaben erklärt, um die Abwanderung vor allem jüngerer Zuschauer zu den Videodiensten Netflix und Amazon zu bremsen. Joyn soll den Online-Auftritt erweitern und mit Angeboten von 50 Sendern bündeln - darunter die öffentlich-rechtliche ARD, wie Conze sagte. Startdatum ist der kommende Dienstag.

Den Einstieg des Mediaset-Konzerns von Silvio Berlusconi mit knapp zehn Prozent erwähnte Conze nur kurz. "Wir freuen uns über dieses Finanzinvestment", sagte er und sah es als "Vertrauensbeweis in unsere Strategie".

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SZ vom 13.06.2019 / dpa, Reuters
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