Pro-Sieben-Chef Ebeling:"Zuschussgeschäft Nachrichten"

Thomas Ebeling, Chef von ProSiebenSat.1, über die Zukunft des Senders N 24, über das Ende der Werbekrise und den Erfolg bei jungen Zuschauern.

C. Busse

Die Werbekrise, hohe Schulden, ein strikter Sparkurs und hausgemachte Probleme machen Pro Sieben Sat 1 zu schaffen. Thomas Ebeling, 50, muss den Fernsehkonzern, der von Finanzinvestoren kontrolliert wird, wieder fit machen.

Ebeling, AP

"Bis auf einzelne Baustellen" läuft es gut, sagt Thomas Ebeling.

(Foto: Foto: AP)

SZ: Herr Ebeling, die Wirtschaft kommt offenbar aus dem Tief heraus. Spüren Sie das bereits am Werbemarkt?

Thomas Ebeling: Wir spüren im vierten Quartal eine leichte Belebung. Das wird dazu führen, dass die Prognosen für das Gesamtjahr nicht mehr ganz so düster sind wie noch vor kurzem.

SZ: Sie meinen auch Ihre Vorhersagen, nach denen die Werbeeinnahmen um bis zu 16 Prozent einbrechen werden.

Ebeling: Genau. Inzwischen erwarten Optimisten einen Rückgang von elf Prozent und Realisten einen Rückgang von etwa 14 Prozent. Zu letzterem neige ich. Für das kommende Jahr liegen uns bereits Werbebuchungen vor, aber einiges davon ist noch unsicher. Wir erwarten, dass sich die Lage 2010 stabilisiert.

SZ: Was heißt das in Zahlen?

Ebeling: Ich gehe davon aus, dass sich der Werbemarkt im kommenden Jahr zwischen einem Plus von zwei Prozent und einem Minus von vier Prozent bewegen wird. Es könnten aber auch nur minus zwei Prozent sein.

SZ: Ist die Talsohle durchschritten?

Ebeling: Ja, aus heutiger Sicht. Hohe zweistellige Rückgänge wie 2009 sind nicht mehr zu erwarten. Wir kommen in eine Erholungsphase. Es ist aber noch zu früh, von neuem Wachstum zu sprechen. Das erwarte ich derzeit nicht vor 2011.

SZ: Wie wird das wichtige vierte Quartal für Pro Sieben Sat 1 laufen?

Ebeling: Wir rechnen im vierten Quartal auf der Umsatzseite mit einer Verbesserung gegenüber den ersten drei Quartalen. Es ist sogar nicht ausgeschlossen, dass wir in den letzten drei Monaten 2009 im deutschen Geschäft wieder das Umsatz-Niveau des Vorjahres erreichen.

SZ: Kommt das Werbegeschäft im Fernsehen überhaupt vollständig zurück - oder gibt es ein strukturelles Problem?

Ebeling: Fernsehen ist unter allen Werbeformen noch immer am effizientesten. Das stimmt mich zuversichtlich. Wichtig ist auch: Wie viele innovative Produkte gibt es? Impulse für die Werbung gehen doch vor allem von neuen Produkten aus, wie einst dem Handy oder dem Laptop. Dafür muss dann viel geworben werden.

SZ: Aber das Fernsehen ist doch gerade bei jungen Leuten schon lange kein Leitmedium mehr, oder?

Ebeling: Der Fernsehkonsum steigt bei allen Altersgruppen, sogar bei unserer jungen Kernzielgruppe. Nur bei den ganz Jungen zwischen 14 und 19 gibt es einen leichten Rückgang. Es stimmt, dass das Internet in dieser Zielgruppe neben dem Fernsehen ein zweites Leitmedium geworden ist. Ich glaube aber, Internet und Fernsehen ergänzen sich und werden nebeneinander bestehen. Im Internet kommunizieren junge Leute miteinander und holen sich Informationen, im Fernsehen suchen sie Unterhaltung.

SZ: Was heißt das für einen Fernsehkonzern wie Pro Sieben Sat 1?

Ebeling: Wir müssen das Internet stärker als Plattform für uns nutzen und das Zusammenwachsen von Online und Fernsehen vorantreiben. Schon jetzt schauen junge Leute gerne Fernsehsendungen im Internet. Bei der Entwicklung von neuen Formaten müssen wir darauf achten, dass diese besonders geeignet für das Fernsehen sind, also zum Beispiel live sind oder zumindest Live-Charakter haben. Ein Fußballspiel, eine Show wie Schlag den Raab oder Quiz-Sendungen werden typischerweise im Fernsehen angeschaut. Die einzelne Folge einer Serie oder einen Film kann ich mir dagegen zu jeder Tageszeit, wann auch immer, im Internet anschauen.

Was mit N 24 geschieht

SZ: Sie wollen auch das Nachrichtenangebot bei N 24 eindampfen. Warum?

Ebeling: Klar ist, dass es heute viele Möglichkeiten gibt, an gute und kluge Informationen zu kommen. Die Konkurrenz ist hart. Die Frage lautet: Wie differenziert man sich, damit das Nachrichtengeschäft profitabel ist? Deshalb prüfen wir derzeit alle Optionen für N 24. Eine Entscheidung wird es nicht vor Februar oder März geben.

SZ: Gehört zu den Optionen auch ein Verkauf oder ein Schließen von N 24?

Ebeling: Wir prüfen alles, wobei Schließen im Moment nicht zur Debatte steht. Aber ein Verkauf gehört dazu, auch eine Optimierung der derzeitigen Form von N 24 bis hin zu einer völligen inhaltlichen Neuausrichtung. Nachrichten sind für uns als Gruppe in jedem Fall ein Zuschussgeschäft.

SZ: Nachrichten sind aber wichtig für das Image, auch die Politiker legen darauf Wert. Würde ein Ende von N24 der Sendergruppe nicht sehr schaden?

Ebeling: Ich spreche nicht über das Ende von N24. Der Sender ist Marktführer. Darauf sind wir stolz, aber wir haben mit Nachrichten dennoch ein wirtschaftliches Problem. Nachrichten sind vielleicht für das Image bei Politikern wichtig, aber nicht unbedingt bei allen Zuschauern. Der Durchschnittszuschauer wird nicht verzweifeln, falls es bei N 24 Veränderungen geben sollte.

SZ: Die Zuschauer mit Nachrichten zu versorgen ist eine der bedeutendsten Aufgaben von Sendern.

Ebeling: Natürlich wird es auch künftig Nachrichten bei Sat 1, Pro Sieben und Kabel 1 geben. Wir werden einen Teil der Gelder, die im Bereich Nachrichten frei werden, stärker in lokale Produktionen investieren. Es ist doch spannend, wenn wir mehr Sendungen wie Galileo, Stefan Raab zur Bundestagswahl oder spezielle Reportagen machen. Wir müssen den Menschen gesellschaftspolitisch relevante Themen so näher bringen, dass sie sagen: Ja, das schauen wir uns an.

SZ: Gerade bei Medienunternehmen ist es gefährlich, immer weiter zu sparen, man gerät schnell in eine Abwärtsspirale. Sparen Sie den Konzern kaputt?

Ebeling: Nein, im Gegenteil: Unsere Investitionen waren noch nie so effizient - und der Marktanteil unserer Gruppe war noch nie so gut.

SZ: Aber doch nur wegen des Erfolgs von Kabel 1?

Ebeling: Kabel 1 ist ein großer Erfolg. Aber wir haben insgesamt viel geschafft, weil wir in der ganzen Gruppe das Programm effizienter einsetzen. Sat 1 und Pro Sieben laufen gut bis auf einzelne Baustellen, obwohl wir mit Sat 1 von Berlin nach München umgezogen sind.

SZ: Werden Sie weiter bei den Ausgaben fürs Programm sparen?

Ebeling: Wir dürfen ein bestimmtes Niveau bei den Investitionen ins Programm nicht unterschreiten. Deshalb machen wir uns jetzt jede weitere Reduzierung von Programmkosten sehr schwer.

SZ: Hohe Investitionen, vor allem bei Sat 1, haben nicht wie erwartet eingeschlagen - die neuen Shows von Johannes B. Kerner und Oliver Pocher liegen weit unter den Zielen. Woran liegt es?

Ebeling: Die Verpflichtung der beiden für Sat 1 war absolut richtig. Johannes B. Kerner passt als Sendergesicht hervorragend zu Sat1, er macht ja neben dem Magazin noch anderes, vor allem Fußball oder den Jahresrückblick. Oliver Pocher ist einfach wichtig für die Verjüngung von Sat 1. Ich sehe diese Show sehr gern. Übrigens: Sat1 hatte im Oktober 11,4 Prozent Marktanteil. Das ist viel.

SZ: Johannes B. Kerner wechselt jetzt auf den Donnerstag. Ist das die Rettung?

Ebeling: Ich halte von Kerner sehr viel. Ich bin optimistisch, dass wir das hinbekommen, wenn alle Beteiligten das Konzept der Sendung weiter verbessern. Das braucht Zeit.

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