Privatkundengeschäft der Commerzbank:Landkarte zum Erfolg

Es läuft schlecht für die Commerzbank, vor allem mit Privatkunden verdient das zweitgrößte deutsche Geldinstitut viel zu wenig Geld. Mit besserer Technik, moderneren Filialen und neuen Produkten will Konzernchef Blessing die Wende schaffen.

Unternehmensberater und Jungmanager verwenden den Begriff gerne, wenn es darum geht, hochfliegende Pläne zu präsentieren. Aber eigentlich denken gut informierte Beobachter bei einer "Roadmap" an Politik, genauer an Krieg und Frieden. Für all diejenigen, die nicht so drin sind in der Materie, ein paar Stichworte: Nahost-Konflikt, Pläne für einen Palästinenserstaat, schwierige Verhandlungen mit Israel. Das Ganze war im Jahr 2002, lange her, außerdem wurde diese "Roadmap" nie verwirklicht.

Bei der Commerzbank denken gut informierte Beobachter auch an Politik - schließlich wurde das Geldinstitut 2009 im Zuge der damaligen Bankenkrise zu 25 Prozent verstaatlicht.

Seitdem gibt es immer wieder Probleme. Martin Blessig, der Vorstandschef der Commerzbank hat zu deren Lösung ebenfalls eine "Roadmap" - zu deutsch übrigens "Landkarte" - erarbeitet. Alle vier Jahre erscheint sie, "Roadmap 2016" heißt die neueste Version. Dabei geht es jedoch nicht um Krieg und Frieden, sondern nur um das Privatkundengeschäft der Bank. Das kriselt seit längerem - von den Zielen für 2012 ist die zweitgrößte deutsche Bank weit entfernt.

Vier Milliarden Euro hatte die Commerzbank ursprünglich einmal als Gewinnziel für das laufende Jahr ausgegeben, alleine eine Milliarde sollte davon aus dem Privatkundensegment kommen. Das war 2008, unmittelbar vor der Fusion mit der Dresdner Bank, von der man sich einen Schub erhofft hatte.

Mehr Kunden durch modernere Filialen und neue Produkte

Doch es kam anders: Mit den elf Millionen Privatkunden hat die Commerzbank im Jahr 2012 in den ersten neun Monaten nur 215 Millionen verdient. Im dritten Quartal kamen in diesem Segment gerade einmal mickrige 41 Millionen Euro zusammen. Zusammen mit den anderen Geschäftsbereichen ergibt sich von Juli bis September ein Gewinn von 78 Millionen Euro - und damit noch weniger als in den beiden ebenfalls schwachen Vorquartalen. Vor allem das niedrige Zinsniveau und Belastungen bei abzuwickelnden Geschäften drückten auf das Ergebnis.

Eine Maßnahme Blessings ist es deshalb, allzu euphorische Ziele herunterzuschrauben: Im Jahr 2016, so sieht es die Roadmap vor, soll das Privatkundengeschäft 500 Millionen Euro abwerfen. Die Zahl der Kunden soll um eine Million auf zwölf Millionen steigen.

Mit besserer Technik, modernen Filialen und neuen Produkte will Blessing die Wende schaffen. Dabei will die Bank eine Milliarde Euro in die derzeit etwa 1200 Filialen investieren. Das Produkt- und Beratungsangebot soll verbessert und die IT-Systeme modernisiert werden. Außerdem will die Commerzbank-Spitze die Qualifizierung der Mitarbeiter fördern.

"Ein 'Weiter so' kann es in der Bankenbranche nicht mehr geben", sagte der Vorstandschef in Frankfurt. Das Vertrauen der Kunden zurückzugewinnen werde die wichtigste Aufgabe aller Geldhäuser in den kommenden Jahren sein. Die Commerzbank will künftig wieder mit dem Slogan "Commerzbank. Die Bank an Ihrer Seite" um die Kunden werben. Damit kehrt sie zu dem Motto zurück, das sie vor 2008 mehr als zwei Jahrzehnte lang hatte.

Spekulationen über Stellenabbau

Ziel des Umbaus sei der "Aufbau einer modernen Multikanalbank" und ein flexibleres Filialnetz. "In Zukunft werden unsere Kunden die Produkte und Dienstleistungen der Commerzbank zu jeder Zeit und an jedem Ort erhalten", so Blessing.

Teil des Investitionsplans sei auch eine "Anpassung der Personalkapazitäten", sagte der Vorstandschef. Wieviele Stellen tatsächlich wegfallen, stehe aber noch nicht fest, weil die Verhandlungen mit dem Betriebsrat erst begonnen hätten. Spekuliert wurde zuletzt über den Abbau von bis zu 6000 Stellen. Wie das Handelsblatt schreibt, dringt die Gewerkschaft Verdi darauf, die Betriebsvereinbarung, die einen Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen vorsieht, über das Jahr 2013 hinaus zu verlängern.

"Bad Bank" als Verlustbringer

Probleme bereitet der Commerzbank noch immer die konzerneigene "Bad Bank", in der abzuwickelnden Geschäfte wie Schiffskredite und die gewerbliche Immobilienfinanzierung gebündelt sind: Dort fielen allein im dritten Quartal 476 Millionen Euro Verlust an.

Insgesamt summieren sich die vorhandenen Kredite auf 160 Milliarden Euro. Bis 2016 sollen sie "wertschonend" abgebaut werden. Zudem soll das Portfolio um mehr als 40 Prozent schrumpfen, ohne dass die Bank Kreditpakete an andere verkaufen will.

Für das vierte Quartal stimmte das Management die Analysten auf einen weiteren Rückgang des operativen Gewinns ein. "Mit Blick auf die steigenden Anforderungen an die Kapitalausstattung von Banken, das anhaltend niedrige Zinsniveau und Vertrauensverluste bei den Kunden erwarten wir weiterhin Belastungen auf der Ertragsseite", erklärte Finanzvorstand Stephan Engels. Eine Dividende für die Aktionäre werde es sowohl 2012 als auch 2013 nicht geben.

Immerhin hat es die Bank in diesem Jahr aus der Verlustzone geschafft. Noch vor einem Jahr stand für den für den Zeitraum Juli bis Ende September unter dem Strich ein Verlust von 687 Millionen Euro - vor allem aufgrund von Abschreibungen von etwa 800 Millionen Euro auf griechische Staatsanleihen.

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