Private Krankenversicherung:Warum noch weitere private Versicherer Beiträge erhöhen werden

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Niedrige Zinsen? Hohe Gesundheitskosten? Schlecht gewirtschaftet? Oder von allem ein bisschen? Die Preiserhöhung bei der DKV ist jedenfalls erst der Anfang.

Von Herbert Fromme, Köln

Thomas F. ist sauer. Der Münchner Architekt soll von April an 474 Euro im Monat an den privaten Krankenversicherer DKV zahlen. Bisher waren es 331 Euro - die Erhöhung beträgt 43 Prozent. Dazu kommt ein Selbstbehalt von 1600 Euro im Jahr, die er zusätzlich für Arztrechnungen oder Rezepte aufbringen muss.

"Das ist völlig absurd", findet er. "Die DKV hatte mir 2014 noch empfohlen, von meinem damaligen Tarif von 450 Euro auf den neuen Tarif für 331 Euro umzusteigen." Im Gegenzug musste er Leistungseinschränkungen hinnehmen. "Jetzt erhöhen sie den Tarif keine zwei Jahre später auf 474 Euro."

Thomas F. kann wenig dagegen tun. Zu einer gesetzlichen Krankenkasse kann er nicht wechseln, weil er älter als 55 ist. Selbst wenn er jünger wäre, wäre der Wechsel schwierig. Geht er zu einer anderen privaten Gesellschaft, verliert er den größten Teil der angesparten Alterungsrückstellungen. Der Beitrag beim neuen Anbieter wäre höher oder würde rasch steigen.

Das Preisniveau sei immer noch gut, sagt eine Sprecherin

Die DKV, Teil der Ergo-Gruppe und damit Tochter der Munich Re, ist Deutschlands zweitgrößter privater Krankenversicherer. Die Preiserhöhung traf 59 Prozent der 815 000 Vollversicherten. Die Preise steigen durchschnittlich um 7,8 Prozent. Allerdings: beim besonders oft verkauften Tarif BM4 sind es saftige 29 Prozent.

Die Frage ist: Wer hat da wen untersucht und beraten in der KBV? (Foto: Britta Pedersen/dpa)

Trotzdem sei das Preisniveau des BM4 immer noch gut, sagt eine Sprecherin. "Der durchschnittliche Beitrag liegt bei 433 Euro und damit unter dem Höchstbeitrag der gesetzlichen Kassen von 665 Euro im Monat." Das wäre der Betrag, den ein Selbständiger zahlen müsste, wenn er freiwillig in einer gesetzlichen Krankenkasse wie AOK, DAK oder Techniker Mitglied wäre. Dort ist allerdings die Familie mitversichert, bei den privaten Anbietern nicht.

"Der wichtigste Grund sind die gestiegenen Gesundheitskosten", erklärt die DKV. Allerdings: Mit ihren 7,8 Prozent liegt die DKV deutlich über den Konkurrenten, die Anfang 2016 im Schnitt nur um 4,1 Prozent erhöht haben. Alle privaten Krankenversicherer (PKV) leiden unter den niedrigen Zinsen.

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Kommentar von Marc Beise

Die DKV hat das Geld der Kunden mit weniger Erfolg angelegt als andere

Die DKV hat auch hausgemachte Probleme. "Das Unternehmen hat 2014 mit seinen Kapitalanlagen eine Nettoverzinsung von 3,6 Prozent erreicht, der Schnitt lag bei 3,9 Prozent", sagt Abulkadir Cebi, PKV-Experte der Kölner Rating-Agentur Assekurata. Die DKV hat das Geld der Kunden also mit weniger Erfolg angelegt als andere. Auch bei weiteren Kennzahlen stehe die DKV schlechter da.

Niedrige Kapitalerträge wirken sich auf den Beitrag aus. In der privaten Krankenversicherung sparen die Kunden in jungen Jahren - wenn sie in der Regel weniger krank sind - eine hohe Summe an, die dann im Alter zur Beitragsdämpfung eingesetzt wird. Die Höhe dieser Alterungsrückstellungen ist genau festgelegt. Wenn die Kapitalerträge niedrig sind, muss der PKV-Kunde mehr ansparen, damit die Rechnung aufgeht - die Beiträge steigen.

Die Branche versucht jetzt Schadensbegrenzung

"Die DKV ist nicht der letzte Fall", erwartet Experte Cebi. "Da stehen einige andere Gesellschaften ebenfalls vor erheblichen Anpassungen." Dafür gebe es in den Bilanzen deutliche Anhaltspunkte. Die Erhöhungen der PKV sind ziemlich sprunghaft - in manchen Jahren gibt es milde Anpassungen, in anderen knallharte Erhöhungen.

Der Grund liegt im System. Die Gesellschaften dürfen und müssen Preise dann anpassen, wenn die Gesundheitskosten um zehn Prozent oder mehr gestiegen sind, bei manchen Anbietern sind es fünf Prozent. Bei der Anpassung müssen sie alle Faktoren berücksichtigen, die sich verändert haben - vor allem die Zinsen.

Die Branche versucht jetzt Schadensbegrenzung. Ihr Verband wehrt sich gegen die Kritik des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach, bei der PKV gehe es "ans Eingemachte". Die Branche muss befürchten, dass Preissprünge bei weiteren Gesellschaften Ende 2016 Wasser auf die Mühlen der Befürworter der einheitlichen Bürgerversicherung für alle sind - und das kurz vor der Bundestagswahl 2017.

© SZ vom 05.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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