Im Düsseldorfer Wirtschaftsclub stehen schwere Sessel in der Bibliothek, daneben ein kleiner Tisch, den man als eine Art Anti-Euro-Altar bezeichnen kann: Die gesammelten Werke von Thilo Sarrazin liegen darauf, Frank Schäfflers "Nicht mit unserem Geld", dazu die "Gesammelten Einblicke" des Roland Tichy und schließlich "Von Rettern und Rebellen" von Klaus Peter Willsch.
Wer gerade vergessen hat, wer Willsch und Schäffler noch mal waren, kann sich ihre dick einlaminierten Wikipedia-Einträge durchlesen, die auch auf dem Tischchen liegen: Schäffler hat einst den Mitgliederentscheid der FDP gegen den Euro organisiert - und verloren. CDU-Mann Willsch stimmt seit Jahren gegen Euro-Rettungsschirme im Bundestag. Alle sind heute gekommen, um sich gegenseitig Preise zu verleihen oder dazu zu gratulieren. Wenn es schon sonst keiner tut.
In diesem Fall handelt es sich um den "Deutschen Mittelstandspreis 2014", der am Donnerstag in Düsseldorf mit diversen Subkategorien verliehen wurde. "Alle Preisträger entscheiden durch gesunden Menschenverstand, nicht aufgrund von Ideologie", sagte Günter Weber, dessen Markt-intern-Verlag den Preis vergibt. Was alle Preisträger zudem eint, ist, dass sie der Gemeinschaftswährung kritisch gegenüberstehen. Euro-Skeptiker Schäffler übergab den Kustos-Preis an Euro-Skeptiker Klaus-Peter Flosbach. Euro-Kritiker Willsch reichte den Medienpreis an Euro-Skeptiker Tichy.
Unbekannter Preis - bekannte Preisträger
Der Mittelstandspreis wird bereits seit 1996 vergeben, Gerhard Schröder hat ihn schon bekommen, Christian Wulff, auch Roman Herzog. Was sie im jeweiligen Jahr jeweils Besonderes für den Mittelstand geleistet haben, war nicht immer ganz klar. Ein Preis, so ist es oft, soll nicht nur die Träger würdigen. Häufig ist es umgekehrt: Ein bekannter Träger schmückt den eher unbekannten Preis. Für das Jahr 2014 wurde Jens Weidmann als Träger des Hauptpreises auserkoren, der Präsident der Deutschen Bundesbank.
Weidmann steht dem Euro auch nicht unkritisch gegenüber, aber eben nicht so ablehnend wie die anderen Preisträger. Vielleicht hat sich seine Freude über den Preis auch deshalb in Grenzen gehalten. Zur Verleihung hat er weder zu- noch abgesagt, gekommen ist er schließlich nicht. Er ist nun der erste Preisträger, der den Preis nicht persönlich in Empfang nimmt. Gleichzeitig ist es die erste Verleihung des Mittelstandspreises, die ohne den sonst üblichen Auftritt der Big Band aus Montabaur auskommen musste. Aus Rücksicht auf die Flüchtlinge habe man darauf verzichtet, sagte Preiserfinder Weber.
Aus Rücksicht auf die Flüchtlinge hätte man auch auf Thilo Sarrazin verzichten können, der die Laudatio auf den abwesenden Preisträger hielt. Welt schlecht, Weidmann gut. So kann man die nur wenige Minuten lange und für Sarrazin-Verhältnisse etwas blutarme Rede zusammenfassen. Zu den Flüchtlingen möchte er nur so viel sagen: "Wir haben keine Antwort, wie wir damit umgehen", sagte er und machte dann doch einen Vorschlag: Weidmann solle neuer Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge werden. Man werde es ihm ausrichten, sagte Preisverleiher Weber.