Postbank-Studie:Filiale statt Fintech

Postbank-Studie: Der Einsatz eines Tan-Generators im Zuge der sogenannten Zweiwegeautorisierung gilt als wirkungsvolle Methode, Hackerangriffe abzuwehren. Doch hundertprozentigen Schutz bietet auch das nicht - Fehlerquelle bleibt häufig der Mensch.

Der Einsatz eines Tan-Generators im Zuge der sogenannten Zweiwegeautorisierung gilt als wirkungsvolle Methode, Hackerangriffe abzuwehren. Doch hundertprozentigen Schutz bietet auch das nicht - Fehlerquelle bleibt häufig der Mensch.

(Foto: Martin Bäuml Fotodesign /Imago stock&people)

Junge Menschen regeln ihre Bankgeschäfte überraschend traditionell, gerade bei Verbraucherkrediten.

Von Vivien Timmler

"Banken verschlafen Digitalisierung", "Fintech-Firmen nehmen Banken Kunden weg" - Schlagzeilen wie diese bestimmen bisher die Diskussion um die Digitalisierung der deutschen Banken. Die Postbank hat nun in einer hauseigenen Studie herausgefunden, dass die Deutschen ihr Geld scheinbar gar nicht so digital verwalten wollen, wie man bisher dachte - allen voran die eigentlich so trendigen "Digital Natives".

3000 Deutsche zwischen 18 und 34 Jahren, die sich selbst als besonders interessiert an Technik bezeichnen, hat das Kreditinstitut für die Studie nach ihren bevorzugten Anlagemöglichkeiten gefragt. Heraus kam, dass 87 Prozent von ihnen eine persönliche Beratung in einer Filiale vor Ort besonders wichtig ist, gerade was Privat- und Verbraucherkredite betrifft. "Das ist sehr erstaunlich, eigentlich kaum zu glauben", findet Dirk Müller-Tronnier, Bankenexperte beim Beratungsunternehmen EY. "Besonders bei der jungen Bevölkerung ist man in der Branche eigentlich davon überzeugt, dass Routinegeschäfte zu großen Teilen online und von zu Hause aus erledigt werden."

Bei der Postbank erklärt man sich die Vorliebe für Beratung vor Ort mit der immensen Fülle an Informationen, auf die Kunden im Internet zugreifen können. Häufig erlebe man es, dass gerade junge Kunden sich erst im Netz informierten, für eine individuelle Beratung dann aber doch in die Filiale kämen. Das bestätigt auch Berater Til Klein von der Boston Consulting Group. "Der Bankkunde ist heute bereits ein hybrider Kunde: Er differenziert stark, welchen Kanal er für welche Aktivität nutzt, ob er mobil, am Computer oder vor Ort unterwegs ist." Der Filialverkehr gehe jedoch seit Jahren kontinuierlich zurück, gerade was Informationen betreffe.

Auch bei Standard-Aufträgen wie Überweisungen oder kleineren Immobilienfinanzierungen sei der Gang in die Filiale für die junge Generation mittlerweile unüblich. Das belegt auch eine Studie der Unternehmensberatung Roland Berger. Demnach wird der Online-Kanal für das "Einfache" immer wichtiger: 57 Prozent der Befragten geben hier an, dass sie ausschließlich online überweisen, 53 Prozent prüfen über das Internet regelmäßig ihren Kontostand. Zudem wünschen sich mehr als die Hälfte innovativere Filialkonzepte und besseres Online-Banking.

Wenn also die Kunden Innovationen fordern - sind es dann sie selbst oder die Unternehmen, die zu zögerlich handeln?

Fest steht, dass der Vorwurf, die Banken würden die Digitalisierung ihrer eigenen Branche verschlafen, nach wie vor seine Berechtigung hat. Zwar gehen deutsche Kreditinstitute mittlerweile Kooperationen mit Online-Kreditplattformen ein oder investieren in Fintech-Firmen, doch sind sie ausländischen Instituten immer noch um ein bis zwei Jahre hinterher. Zudem drohen traditionellen Banken wichtige Bereiche ihres Geschäfts immer mehr aus den Händen zu gleiten. So brauchen sie beispielsweise zu lang, um einen eigenen Online-Bezahldienst auf die Beine zu stellen - Paypal ist hier längst Marktführer. Auch auf dem Immobilienmarkt sieht es laut Klein nicht viel besser aus: "Bereits heute akquirieren die klassischen Banken einen signifikanten Teil ihres Neugeschäfts nicht mehr selbst, sondern über Vermittlerplattformen und Vergleichsportale." Verlorenes Terrain würden sie so kaum mehr zurück gewinnen. Sie seien zu schwerfällig bei Innovationsprozessen, teilweise auch zu weit weg von der Lebensrealität der jungen Kunden.

Das Handy wird zur elektronischen Geldbörse, irgendwann auch in Deutschland

Diese sind in manchen Bereichen aber dennoch traditioneller als bisher gedacht: Zwar fordern sie einerseits schnellere Innovationen, gleichzeitig legen 47 Prozent der Deutschen zwischen 18 und 34 Jahren laut der Postbank-Studie ihr Geld aber am liebsten auf dem Sparbuch an. Sie geben an, sich für alternative Anlagemöglichkeiten zu interessieren - nur zwei Prozent kaufen aber wirklich Indexfonds (ETFs), den Anlagetrend der letzten Jahre. Das Smartphone ist im Alltag ihr stetiger Begleiter - aber nur 20 Prozent beobachten darüber bislang ihre Finanzen.

"Konservativ" möchte Klein junge Kunden deswegen trotzdem nicht nennen: "Was den mobilen Zahlungsverkehr angeht, ist man in Deutschland generell sehr zurückhaltend. Information ja, Transaktion eher nein", sagt er. Trotzdem ist er davon überzeugt, dass das Handy als elektronische Geldbörse über kurz oder lang seinen Platz finden werde.

Auch wenn das Internet für Bankgeschäfte momentan noch vor allem ein Informationskanal zu sein scheint - zu lange können sich die Banken darauf nicht ausruhen. Der "hybride Kunde" möchte die Möglichkeit haben, zwischen mehreren Kanälen entscheiden zu können, glaubt Klein: "Dass die Umstellung auf Online nicht von heute auf morgen geschieht, ist völlig normal. Aber wenn die Kunden soweit sind, müssen entsprechende Angebote da sein." Zwar könne der Kunde das, was er nicht kenne, auch nicht vermissen - dass er sich nach innovativeren Anbietern umsehe, sei allerdings nicht unwahrscheinlich. Es ist abzusehen, dass er sich bald über das Internet nicht mehr nur informieren will. Und diesen Übergang sollten die Banken, die sich schon mit den Anfängen der Digitalisierung schwer getan haben, nicht auch noch verschlafen.

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