Porträt:Profilierte Strategin

Auch während ihres Gesprächs mit der Süddeutschen Zeitung muss Heidrun Heutzenröder ein paar Mal den Telefonhörer abnehmen. Richtig ruhig wird es nie, wenn man für 1,6 Milliarden Euro von mehreren zehntausend Kunden verantwortlich ist.

Von Heinz-Josef Simons

Eigentlich sollten es zwei unaufgeregte Stunden in einem mittelgroßen Büro des Kastor-Turms der Frankfurter Messe werden.

Porträt: Heidrun Heutzenröder.

Heidrun Heutzenröder.

(Foto: Foto: Adig)

Ein farbenfroher Blumenstrauß auf dem sachlich grauen Schreibtisch bietet den Augen Entspannung - Heidrun Heutzenröder hatte vor wenigen Tage Geburtstag.

In den zwei Stunden nimmt sie ein paar Mal den Telefonhörer ab. Richtig ruhig wird es nie, wenn man für 1,6 Milliarden Euro von mehreren zehntausend Kunden der Fondsgesellschaft ADIG verantwortlich ist.

Nur wenn man genau hinhört, merkt man, dass die Worte der gebürtigen Frankfurterin leicht hessisch gefärbt sind.

Portfolio-Managerin "von der Pike auf"

Dass sie im Bank- und Investmentgewerbe Karriere machte, hat in ihrer Familie beinahe Tradition. "Mein erster großer Berufswunsch war Ärztin", sagt sie und ist dennoch zufrieden, eine andere Laufbahn eingeschlagen zu haben.

Nach dem Abitur absolvierte sie eine Banklehre, im Anschluss das Volkswirtschafts-Studium. Im Jahr 1991 kam sie zur Fondsgesellschaft ADIG und begann dort ihre Arbeit als Aktien-Analystin. "Meinen Beruf als Portfolio-Managerin habe ich von der Pike auf gelernt."

Mittlerweile trägt Heidrun Heutzenröder den Titel "Abteilungsdirektorin" und zählt nicht nur bei COMINVEST/ADIG, sondern branchenweit zu den profiliertesten Aktien-Strategen.

Die Arbeit beginnt am Frühstückstisch

Das muss sie auch sein, denn ihre Fonds-Schützlinge Fondak, Adifonds und Nürnberger ADIG A gehören zu den Flaggschiffen ihres Brötchengebers. Der Fondak etwa ist mit seinem Vermögen von fast einer Milliarde Euro nicht nur einer der größten, sondern wohl auch der renommiertesten und symbolträchtigsten Fonds im Haus.

Profilierte Strategin

Aufgelegt im Herbst 1950 ist er Deutschlands ältester Aktienfonds. Sein Portfolio konzentriert sich ausschließlich auf hiesige Standard- und Substanzaktien, die heute überwiegend aus dem Deutschen Aktienindex DAX sowie der zweiten Börsen-Bundesliga, dem MDAX, stammen. Seit Auflegung haben Anleger mit dem Fondak im Jahresschnitt eine Rendite von mehr als elf Prozent erzielt.

Heutzenröders Arbeitstag hat schon begonnen, bevor sie gegen halb neun ihr Büro im zweiten Stock des Kastor-Turms der Frankfurter Messe erreicht. Daheim am Frühstückstisch bringt sie sich auf den letzten Stand. Was einige Stunden zuvor in Übersee oder Fernost passierte, hat auch Folgen für den deutschen Aktienmarkt.

Nachrichten im Sekunden-Takt

"Die Börse bei uns führt nun mal kein Eigenleben. Sie wird maßgeblich beeinflusst von den Trends und Stimmungen der weltweit bedeutenden Finanzplätze", sagt die Fondsmanagerin. Kaum verwunderlich, waren die internationalen Finanzströme doch bereits weitgehend liberalisiert, bevor der Begriff "Globalisierung" auch in Deutschland allgemeines Sprachgut wurde.

Im Büro angekommen komplettiert die Fondsmanagerin ihren Wissensstand durch einen ausführlichen Blick auf den Computer-Bildschirm. Dort aktualisieren die weltweit wichtigsten Agenturen für Wirtschaftsnachrichten, Reuters und Bloomberg, beinahe im Sekunden-Takt ihr Infoangebot. Von welchen Firmen gibt es neue Nachrichten, die die Kursentwicklung der Aktien im Fonds-Portfolio beeinflussen könnten?

Alles Teamarbeit

Darüber wird sie während des täglichen Morgenmeetings berichten. An einem Tisch sitzen dann Kollegen von sechs Branchen-Teams bei der COMINVEST. Für die wichtigsten Sektoren hat das Investmenthaus seine eigenen Experten: für zyklische Werte wie Chemie, Rohstoffe oder Autobauer, für Konsumwerte, den Bereich Gesundheit, die Finanzbranche sowie die Sektoren Telekom und Versorger sowie Technologie und Software.

Der Informationsaustausch unter den Kollegen ist für Heidrun Heutzenröder ein wichtiger Schlüssel zum Anlageerfolg: "Gute Ergebnisse sind immer auch Gemeinschaftsarbeit."

Zig Einzelwerte im Überblick

Vor allem aber muss Heidrun Heutzenröder ein gutes Gedächtnis haben. Denn im Portfolio des Fondak hält sie die Aktien von mehr als 80 deutschen Unternehmen. "Mehrmals täglich schaue ich mir das Portefeuille ausführlich an", erläutert Heutzenröder ihre Job-Routine. Zig Einzelwerte im Depot - ein normaler Sparer würde da in Windeseile den Überblick verlieren, falls er ihn denn je gehabt hat.

Genau das aber darf eine Fondsmanagerin nicht. Heutzenröder versteht sich "als Investorin. Ich setze deshalb weder auf kurzlebige Moden, noch auf heiße Spekulationen."

Profilierte Strategin

Von dieser Überzeugung lässt sie sich auch bei der eigenen Geldanlage leiten. Langfristig und substanzorientiert. "Ich investiere in eine Reihe unterschiedlicher ADIG-Fonds mit ganz normalen Sparplänen. Jeden Monat einen bestimmten Betrag, so dass ich dabei nicht abhängig bin vom Auf und Ab an den Aktienmärkten", verrät die Strategin.

"Familienmensch"

In der spärlichen Freizeit mag sie die Entspannung beim Lesen eines Krimis, die Zeit mit guten Freunden - und "als Familienmensch auch bei den Eltern oder den Geschwistern". Sportliche Aktivitäten wie Skifahren im Winter, Wandern und Radfahren im Sommer sorgen für mentalen und körperlichen Ausgleich - wie auch das Reisen.

Durch die verschiedenen TV-Kanäle zappt sie eher selten. Ihr vor zwei Jahren angeschafftes Fernsehgerät sieht deshalb noch aus wie gerade ausgepackt. Das war seinerzeit ein ziemlich teures Gerät des deutschen Herstellers Loewe. Eines Unternehmens, das ebenfalls an der Börse gelistet ist und das vor ein paar Jahren noch als zukunftsträchtig galt.

"People's Business"

Mittlerweile gibt es aber in der Firma Probleme über Probleme. "Da hat man ganz eindeutig zu spät den Trend zum Flachbildschirm erkannt", analysiert Heutzenröder schonungslos. Und zeigt dadurch, dass sie selbst in Freizeitdingen nicht von ihrem Job lassen kann. Und dieser Job beinhaltet zwangsläufig viel Papier, flackernde Bildschirme, jeden Tag beinahe ungezählte Telefonate.

Aber das allein reicht der Fondsmanagerin nicht aus, um sich für oder gegen die Investition in eine bestimmte Aktie zu entscheiden. So ist die Verwaltung eines Aktienfonds letztlich "People's Business", bei dem auf der einen Seite Teams unterschiedlicher Experten wie die Rädchen in einem hochkomplizierten Uhrwerk ineinander greifen, auf der anderen Seite eloquente Vorstände ihre Unternehmen im besten Licht erscheinen lassen wollen, damit Profi-Investoren wie die jeweiligen Aktien kaufen.

Auf der Vorstandsetage

"Im direkten Gespräch unter vier, sechs oder acht Augen verschaffe ich mir einen persönlichen Eindruck", sagt die Fondsmanagerin. Denn die Perspektiven eines Unternehmens - ob gut oder schlecht - hängen vor allem von der Qualität des Managements ab, "den Köpfen in der ersten Reihe".

Deshalb achtet Heutzenröder darauf, dass sie mindestens einmal im Jahr mit einem Vertreter des Managements jedes im Fonds enthaltenen Unternehmens persönlichen Kontakt hat. Doch so wichtig der direkte Kontakt zur Vorstandsetage auch ist - "alles kann man beim besten Willen nicht selbst recherchieren, und schon gar nicht wissen", gibt die Fondsmanagerin zu.

Das muss sie auch nicht. Fondsgesellschaften arbeiten mit so genannten Brokern, Experten namhafter externer Investmenthäuser, zusammen. Über die wickeln sie nicht nur ihre Kauf- und Verkaufsaufträge ab. "Von unseren Brokern, mit denen wir zum Teil schon seit Jahren zusammenarbeiten, erhalten wir oft auch Informationen über lukrative Investmentchancen." People's Business eben.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: