Porsche und VW:Erst schlichten, dann richten

Die Aktionäre, die VW wegen Verletzung der Publizitätspflichten im Zusammenhang mit der Porsche-Übernahme auf 2,4 Milliarden Euro verklagen, wollen zunächst einen Mediator einschalten. Bringt der keinen Erfolg, geht's vor Gericht.

C. Busse und T. Fromm

Im Streit um Schadenersatzforderungen von 2,4 Milliarden Euro gegen Volkswagen streben Anleger zunächst eine außergerichtliche Einigung an. Entsprechende Anträge von insgesamt zwölf Investmentfonds will die Münchner Anwaltskanzlei CLLB bis spätestens Anfang September bei dem Freiburger Anwalt und Mediator Franz Ritter einreichen.

Porsche und VW: 2,4 Milliarden Euro Entschädigung wollen VW-Anleger: Wenn ein Schlichter keine Einigung bringt, dann soll es vor Gericht gehen.

2,4 Milliarden Euro Entschädigung wollen VW-Anleger: Wenn ein Schlichter keine Einigung bringt, dann soll es vor Gericht gehen.

(Foto: ap)

"Wenn es dort keine Einigung gibt, dann werden wir klagen", sagte CLLB-Anwalt Franz Braun, der die Anleger vertritt, der Süddeutschen Zeitung. Die Argumentation der Anwälte: Nicht nur Porsche habe Anleger getäuscht, als das Unternehmen während der VW-Übernahme 2008 bestritt, eine 75-Prozent-Mehrheit anzustreben. Auch dem VW-Konzern sei dies vorzuhalten.

Dafür will der Anwalt möglicherweise auch VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch, Ex-Porsche-Boss Wendelin Wiedeking und den damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten und heutigen Bundespräsidenten Christian Wulff (CDU) als Zeugen holen. Wulff war bis zu seinem Wechsel ins Präsidentenamt Mitglied des VW-Aufsichtsrates; das Land Niedersachsen ist mit einem Anteil von 20 Prozent Großaktionär bei dem Autobauer und bestimmt maßgeblich die Geschicke des Konzerns mit.

Volkswagen wusste angeblich von den Porsche-Plänen

Der damalige Porsche-Chef Wiedeking und Porsche-Miteigentümer Piëch seien damals Mitglieder des VW-Aufsichtsrates gewesen. Ihr Wissen sei daher auch Konzernwissen gewesen. "Wiedeking und VW-Aufsichtsratschef Piëch wussten von den Plänen; damit wusste es auch Volkswagen", sagt Braun.

Laut Braun hat auch der heutige Bundespräsident Wulff von den Übernahmeplänen wissen können. Dieser habe im Sommer 2009 in einem Interview auf die Frage, wann ihm klar geworden sei, dass Wiedeking die Übernahme plane, geantwortet, dass er dies nicht ernst genommen habe. Die Anleger wollen Schadenersatz, weil sie sich durch die Kommunikation der Konzerne finanziell geschädigt sehen.

Für ihre VW-Aktien, die sie im betreffenden Zeitraum vor der Bekanntgabe der Übernahmepläne verkauften, hätten sie möglicherweise mehr Geld bekommen, wenn die Porsche-Strategie rechtzeitig offenkundig gewesen wäre. Die Nachricht vom Interesse Porsches an VW hätte ihrer Meinung nach zu anderen Kursentwicklungen der Aktie geführt. Nach Berechnungen der Investoren seien ihnen dadurch insgesamt 2,4 Milliarden Euro entgangen.

Streitereien an drei Fronten

Porsche wurden bereits Anträge für ein Güteverfahren zugestellt; bei Porsche heißt es jedoch, man halte die Ansprüche für unbegründet. Ein VW-Sprecher bezeichnete die Vorwürfe, VW habe zeitig von den Übernahmeplänen des damaligen Rivalen wissen müssen, als "absurd". Man weise die Behauptung "entschieden zurück". Braun zufolge ist VW "aus Anlegersicht interessanter als Porsche", da hier die Ansprüche "leichter durchzusetzen" seien.

Beide Güteverhandlungen laufen über den Freiburger Anwalt Ritter. "Sobald die Anträge der Anwaltskanzlei hier eingehen, werde ich sie VW zustellen und den Konzern um eine Stellungnahme bitten", sagte Ritter. Eine Frist für die Bearbeitung des Falles gebe es nicht. Allerdings sei es üblich, dem Konzern bis zu drei Monate Zeit für eine Stellungnahme einzuräumen.

Unter Ausschluss der Öffentlichkeit

Mit Brauns Versuch, Milliarden für seine Anleger herauszuholen, würde sich für den VW-Konzern die dritte juristische Front öffnen. In den USA haben amerikanische Hedge-Fonds Porsche im Zusammenhang mit der gescheiterten VW-Übernahme auf Schadenersatz verklagt. Allerdings sollen bereits sechs der 41 Kläger ihre Schadenersatzforderungen wieder fallengelassen haben. Der Grund: Weder Porsche noch VW sind in den USA börsennotiert, was die Klagemöglichkeiten dort erheblich erschwert.

In Stuttgart ermittelt die Staatsanwaltschaft ebenfalls, ob bei der Aktion Aktionäre geschädigt wurden. Für VW steht viel auf dem Spiel: Der Sportwagenhersteller gehört de facto schon zu VW; für das kommende Jahr ist die Verschmelzung mit der hochverschuldeten Porsche-Holding geplant - ein Termin, der wegen der juristischen Milliardenrisiken jedoch gefährdet sein könnte.

Eher unwahrscheinlich ist, dass sich VW auf eine Mediation einlässt. Andererseits: Die Einigung bei einem Mediator findet in der Regel diskret und unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt - anders als ein öffentliches Gerichtsverfahren.

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