Porsche SE:Trotz allem

Die Erben des Sportwagenbauers Ferdinand Porsche bündeln in der Holding PSE ihr Vermögen. Derzeit kämpfen sie um die Anteile des abtrünnigen Ferdinand Piëch - und bereiten dessen Geburtstag vor.

Von Max Hägler und Stefan Mayr, Stuttgart/München

Um viel Macht und Geld anzusammeln, sind nicht unbedingt viele Menschen nötig. Das zeigt sich an diesem Dienstag in Stuttgart. Eine Finanzholding hat zur Jahrespressekonferenz geladen, die Porsche SE, kurz PSE. Mit gerade einmal 30 Mitarbeitern vermeldet sie einen Jahresgewinn von 1,37 Milliarden Euro. Das macht fast 46 Millionen pro Mitarbeiter. Noch spannender als diese Zahlen ist das Innenleben dieser Firma. Sie verwaltet das Eigentum der beiden Familien Porsche und Piëch. In der Holding haben sie ihre Ansprüche am größten Autokonzern der Welt gebündelt, an Volkswagen mit all den Marken von Audi bis Scania. Der prominenteste Vertreter des Clans ist Ferdinand Piëch, der Autonarr, der ehemalige Patriarch. Er ist zwar nicht da, dennoch dreht sich fast alles nur um ihn.

Denn der alte Herr will seine Anteile offenbar loswerden, nachdem er in den vergangenen zwei Jahren so viel Unruhe gestiftet hat: Erst wollte er den damaligen VW-Vorstandsvorsitzenden Martin Winterkorn absägen, aus Gründen, die keiner genau versteht ("Ich bin auf Distanz"); seit dem Auffliegen des Dieselskandals bei VW überzieht er Verwandte und Topmanager mit bislang unbewiesenen Unterstellungen, diverse Leute an der Spitze hätten von den Motormanipulationen gewusst.

VW-Dachgesellschaft Porsche SE - Jahreszahlen

Den Familien zu Diensten: Die Porsche SE-Vorstände Manfred Döss, Hans Dieter Pötsch, Mathias Müller und Philipp von Hagen (von links).

(Foto: dpa)

Auf mehr als eine Milliarde Euro werden seine Anteile taxiert - und der Rest der Familie möchte diese haben. Denn sonst verlören sie ihre Macht bei Volkswagen, derzeit halten sie exakt 54,57 Prozent der VW-Stimmrechtsaktien. Wird bei der PSE - und damit auch bei VW - bald ein externer Investor mitreden, etwa aus China oder Russland oder einem Öl-Emirat? PSE-Chef Hans Dieter Pötsch tut alles, um diese Spekulationen im Keim zu ersticken. "Es bleibt dabei, dass die Stammaktien von den Familien Porsche und Piëch gehalten werden", sagt er an diesem Dienstag. "Wir haben Vertrauen in die Familien."

Pötsch sitzt im Dachgeschoss des Porsche-Museums mit Ausblick über das Sportwagen-Werk. Neben ihm auf dem Podium hat Matthias Müller Platz genommen. Pötsch ist bei Volkswagen Aufsichtsratschef - und bei PSE Vorstandsvorsitzender. Müller ist bei Volkswagen Vorstandsvorsitzender - und bei PSE normales Vorstandsmitglied, zuständig für Strategie und Unternehmensentwicklung. Mit diesem ungewöhnlichen Konstrukt setzen sie um, was die reichen Erben des Firmengründers Ferdinand Porsche wünschen. Die Mitglieder der Autodynastie wohnen in Salzburg, München oder Stuttgart, arbeiten in verschiedensten Berufen. Die Porsche SE ist die Klammer, die den Clan zusammenhält. Hier lohnt es sich, an einem Strang zu ziehen, auch 2017 werden wieder 308 Millionen Euro Dividende ausgeschüttet. Die Hälfte geht an die Familien.

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SZ-Grafik: Eiden; Quelle: eigene Recherche

Um zu verstehen, welche Rolle diese Holding spielt, muss man einen Blick zurückwerfen: Ferdinand Porsche, der Begründer des Stuttgarter Autobauers, hat alles an seine Nachkommen vererbt. Ein nettes Geschäft, aber in den 1980er und 1990er Jahren wurde die einträgliche Beteiligung zu einem Leidensprojekt: Selbst der 911er lief nur noch mäßig. Wendelin Wiedeking wurde als Chef geholt - und er brachte die Firma zurück auf die Erfolgsspur. Bald sprudelten die Gewinne. Und weil Wiedeking ahnte, dass in einer Welt, in der die Autos immer komplexer werden, ein Alleingang zunehmend schwierig sein würde und sich auch noch für den denkbar besten Manager hielt, kaufte er ab 2005 VW-Aktien ein.

Volkswagen war bis 2005 nur über die Geschichtsbücher mit Porsche verbunden

Die Familien fanden das gut: VW in Wolfsburg war bis dato nur über die Geschichtsbücher mit ihnen verbunden: Dort begann Ferdinand Porsche 1934 mit der Entwicklung des einen Wagens für das "Volk" - des Käfers. Doch hier bekamen die Nachfahren keine Anteile, auch wenn später dort etwa Ferdinand Piëch wirkte. Bis Wiedeking den Plan entwickelte, dass sich der kleine, aber nun so erfolgreiche Sportwagenbauer beim VW engagieren könnte. Vor zehn Jahren wurde zu diesem Zweck eine Gesellschaft gegründet, die Porsche SE. Mit diesem Vehikel versuchte Wiedeking, die bestimmende Mehrheit bei VW zu erlangen. Am Ende kam es andersherum. VW verleibte sich Porsche ein. Aber über allem stand eben doch diese Finanzholding - in der die Familien regieren.

Und es dürfte auch weiter so sein, auch wenn Ferdinand Piëch nun seine Anteile verkauft. Das Geld lässt sich aufbringen, heißt es aus dem Umfeld der Familie. Im Zweifel auch mit Hilfe folgender Lösung: Die Familie, die alle PSE-Stammaktien hält, also die Aktien mit Stimmrecht, beantragt, die liquiden Mittel der PSE als Sonderdividende auszuschütten. Dann bekämen sie abzüglich des Anteils für die Vorzugsaktionäre etwa 650 Millionen Euro überwiesen; ein guter Grundstock zum Einkauf. Die restlichen paar hundert Millionen kämen dann schon zusammen, heißt es. Wie das so ist bei Dynastien.

Spätestens am 18. April muss die PSE die Einladungen zur Hauptversammlung verschicken. Bis dahin muss geklärt sein, ob Piëch im Aufsichtsrat bleibt oder nicht. Bis dahin wird wohl klar sein, ob und an wen er seine Anteile verkauft. Einen Tag vorher, am 17. April, wird Piëch 80 Jahre alt. Wird ihm die Party mit einer Milliarden-Überweisung versüßt? "Trotz der ein oder anderen atmosphärischen Eintrübung", sagt Pötsch, werde man die richtige Art und Weise finden, um die "absolut unvergessenen Leistungen" von "Dr. Piëch" zu würdigen. Ob Piëch bereits Einladungen verschickt hat? "Die Frage ist eher", stellt Pötsch klar, "was wir machen und nicht, ob wir eingeladen sind." So ist das bei Porsche SE: Ein Ferdinand Piëch feiert nicht seinen Geburtstag. Er lässt ihn feiern. Trotz allem.

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