Die Adresse ist standesgemäß. „Am Porscheplatz 1“ in Stuttgart-Zuffenhausen residiert die Porsche Automobil Holding SE, kurz Porsche SE. Die Gesellschaft darf zwar nicht mit dem Sportwagenbauer Porsche in unmittelbarer Nachbarschaft verwechselt werden, gehört aber auch zu den 40 größten Börsengesellschaften, die im Deutschen Aktienindex (Dax) notiert sind. Die Porsche SE wird von den Milliardärsfamilien Porsche und Piëch dominiert und ist an verschiedenen Firmen beteiligt. Die mit Abstand Wichtigsten: Die Porsche SE hält die Mehrheit der Stammaktien an Europas größtem Autokonzern, der Volkswagen AG, sowie 25 Prozent plus eine Aktie der Stammaktien an der Porsche AG. Die Porsche SE galt deshalb als werthaltig – bislang zumindest.
Doch die Nachricht, die die Porsche SE am Freitagabend nach Börsenschluss verbreitete, ist alles andere als gut. Die Porsche SE werde für 2024 voraussichtlich ein Konzernergebnis nach Steuern „von rund minus 20 Milliarden Euro“ ausweisen, hieß es da. 2023 lag das Konzernergebnis noch bei rund fünf Milliarden Euro, plus wohlgemerkt. Und jetzt 20 Milliarden minus für ein einzelnes Geschäftsjahr? Diese Größenordnung ist selbst bei großen Dax-Unternehmen außergewöhnlich. „Der Vorstand der Porsche SE geht unverändert von der Ausschüttung einer Dividende für das Geschäftsjahr 2024 aus“, heißt es aber weiter. Für 2023 war eine Dividende von 2,56 Euro je Vorzugsaktie gezahlt worden.
Ein Rekordverlust also und trotzdem Zahlungen an die Aktionäre – wie kann das sein?
Der aktuelle Verlust sei „von nicht zahlungswirksamen Wertberichtigungen geprägt, die sich aus den Werthaltigkeitsprüfungen ergeben“, teilte die Porsche SE zur Erklärung mit. Das soll heißen: Der Verlust entstehe in der Bilanz, weil die Beteiligungen vor allem an den beiden Autobauern VW und Porsche massiv abgewertet werden mussten. Daneben gibt es Minderheitsbeteiligungen an mehreren Technologieunternehmen in Nordamerika, Europa und Israel, dabei unter anderem auch seit dem vergangenen Sommer an dem deutschen Fernbusbetreiber Flix, die aber nicht ins Gewicht fallen.

Fernbusse:Porsche steigt überraschend bei Flixbus ein
Die Beteiligungsfirma der Familien Porsche und Piëch investiert einen „niedrigen zweistelligen“ Millionenbetrag – und hofft, vom Boom bei Fernbussen zu profitieren.
Der enorme Verlust von rund 20 Milliarden Euro bei der Porsche SE steht damit erst einmal nur auf dem Papier, die Holding der Eignerfamilien Porsche und Piëch ist also nicht Gefahr oder gar pleite. Die Effekte seien „nicht zahlungswirksam“, hieß es. Die Nettoverschuldung der Porsche SE habe Ende 2024 bei etwa 5,2 Milliarden Euro gelegen. Per Ende September hatte der Nachsteuer-Gewinn noch bei 2,5 Milliarden Euro gelegen.
Sowohl VW mit der Tochterfirma Audi als auch Porsche haben derzeit mit großen Problemen zu kämpfen: Der Absatz geht zurück, vor allem auch in China, einem der wichtigsten Gewinnbringer für die Autobauer. Zudem werden lange nicht so viele Elektroautos verkauft, wie erhofft. VW, Audi und Porsche planen derzeit einen massiven Jobabbau, sogar Standorte stehen zur Disposition.
Eine schnelle Erholung ist nicht in Sicht, auch deshalb mussten offenbar die Bewertungen in der Bilanz der Porsche SE so deutlich nach unten korrigiert werden. Der Buchwert der VW-Beteiligung wurde allein um 19,9 Milliarden Euro nach unten gesetzt. Wie die Lage bei Volkswagen wirklich ist, wird der Vorstand unter seinem Chef Oliver Blum an diesem Dienstag bei der Bilanzpräsentation in Wolfsburg verkünden.

Die Porsche SE war 2007 entstanden. Der damalige Porsche-Chef Wendelin Wiedeking wollte in einer Überraschungsaktion vor fast 20 Jahren den deutlich größeren VW-Konzern übernehmen – und scheiterte. Die Familien Porsche und Piëch bündelten daraufhin ihre Beteiligungen in der Porsche SE.
Pikant: Für Beteiligungsmanagement ist im Vorstand der Porsche SE Lutz Meschke zuständig. Der war zuletzt in Personalunion auch Finanzvorstand des Sportwagenbauers Porsche und wurde dort überraschend abgelöst. Das hatte offenbar nicht nur mit den schlechten Zahlen bei Porsche zu tun gehabt, hinter den Kulissen soll es auch seit Längerem einen Machtkampf gegeben haben. Nun ist Meschke beim Sportwagenbauer raus, der umstrittene Manager soll aber Vorstand in der Holding bleiben.
Überall im VW-Reich tauchen immer wieder dieselben Personen auf
Ohnehin finden sich in fast allen Gremien der vielen Gesellschaften im Porsche-VW-Reich immer wieder dieselben Personen, die sich gegenseitig kontrollieren. Vorstandschef der Porsche SE ist Hans Dieter Pötsch, der langjährige Finanzvorstand des VW-Konzerns ist in Personalunion auch Vorsitzender des Aufsichtsrats von VW. Der Aufsichtsrat der Holding Porsche SE wird wiederum von Wolfgang Porsche geführt, der ebenfalls im VW-Aufsichtsrat sitzt und gleichzeitig noch Chefaufseher des Sportwagenbauers Porsche ist. Auch Hans-Michel Piëch ist in mehreren Gremien tätig.
Die Aktie der Porsche SE geht bereits seit Mitte 2021 vor allem nach unten. Damals lag das Hoch bei etwa 100 Euro pro Aktie, jetzt sind es weniger als 40 Euro, und das, obwohl der Dax derzeit von einem Hoch zum nächsten geht. „Die Investitionsstrategie der Porsche SE zielt auf die nachhaltige Wertschaffung für ihre Aktionäre“, heißt es auf der Internetseite des Unternehmens. Das aber hat erst mal nicht geklappt.