Porsche-Deal bringt Ärger:EU stellt VW-Gesetz wieder in Frage

Rückschlag nach Porsche-Coup: Die EU missbilligt die starke Stellung Niedersachsens bei VW - und droht mit einer Klage.

Claus Hulverscheidt und Cerstin Gammelin

Nach dem Vereinigungsbeschluss von Volkswagen und Porsche will die EU-Kommission die Rechtmäßigkeit des VW-Gesetzes erneut prüfen. Ein Kommissionssprecher sagte am Freitag, seine Behörde werde im September beraten, ob sie Deutschland wegen des Gesetzes zum zweiten Mal nach 2007 vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verklagt.

Volkswagen, AP

Es ist nach Ansicht der EU "offen, ob auch das nachgebesserte Gesetz gegen die Europäischen Verträge verstößt".

(Foto: Foto: AP)

Die Sonderregelung war in den 60er Jahren geschaffen worden, um eine feindliche Übernahme des Konzerns auszuschließen. Sie sichert dem Land Niedersachsen ein Vetorecht in wichtigen strategischen Fragen sowie bei Standortentscheidungen und war auch ausschlaggebend dafür, dass der Versuch von Porsche, VW zu kaufen, scheiterte. Stattdessen erwirbt nun Volkswagen Porsche.

Der EuGH hatte das Gesetz bereits 2007 für unvereinbar mit europäischem Recht erklärt, weil es den freien Kapitalverkehr einschränke. Die Bundesregierung besserte die Regelung daraufhin nach, ließ den Passus, wonach wichtige Beschlüsse einer Kapitalmehrheit von 80 Prozent bedürfen, aber bestehen. Damit behielt das Land Niedersachsen seine Sperrminorität. Es hält 20,01 Prozent.

Hilfe bei der Wiederwahl?

Der Sprecher von Binnenmarktkommissar Charlie McCreevy sagte am Freitag, es sei "offen, ob auch das nachgebesserte Gesetz gegen die Europäischen Verträge verstößt". Die zuständigen Gremien würden im September "über einen neuen Anlauf beraten". McCreevy hatte ein neues Vertragsverletzungsverfahren bereits angedroht, wurde aber nicht tätig. In Berlin und Brüssel wird seither spekuliert, dass Kommissionspräsident José Manuel Barroso Bundeskanzlerin Angela Merkel einen Aufschub in Aussicht gestellt haben könnte, wenn Merkel ihm dafür zur Wiederwahl verhilft.

Ein Sprecher Barrosos lehnte eine Stellungnahme dazu am Freitag ab. Er bestätigte aber eine massive Einflussnahme aus Deutschland. Die Bundesregierung habe "ihre Position vollumfänglich deutlich gemacht", sagte er. EU-Diplomaten gehen davon aus, dass das Gesetz erst 2010 von der dann neu gewählten Kommission wieder angepackt wird. Allerdings könnten auch Aktionäre in der Hoffnung klagen, dass ihr Verfahren an den EuGH überwiesen wird.

Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) forderte Merkel auf, die auch in der Union neu aufkeimende Debatte um das VW-Gesetz sofort zu beenden. "Die CDU schadet dem Wirtschaftsstandort Deutschland, wenn sie Zweifel am VW-Gesetz streut", erklärte sie.

VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh sagte der Süddeutschen Zeitung, die Sonderregelung müsse beim Zusammenschluss von Volkswagen und Porsche von allen Beteiligten "in einer Grundlagenvereinbarung festgeschrieben werden". Das solle vorsorglich geschehen. Er gehe davon aus, dass der EuGH das VW-Gesetz als "europarechtskonform" betrachte.

Anders äußerte sich der baden-württembergische Wirtschaftsminister Ernst Pfister (FDP). "Das VW-Gesetz muss abgeschafft werden", sagte er der Süddeutschen Zeitung. "Es benachteiligt private Anteilseigner und schadet den Standortinteressen Baden-Württembergs. Die gebotene ordnungspolitische Neutralität des Staates ist damit eindeutig nicht gegeben." Sein Bundesland hatte sich als wichtigster Porsche-Standort vergeblich gegen die Übernahme des Konzerns durch VW gewehrt.

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