Süddeutsche Zeitung

Porsche attackiert IG-Metall-Chef:Ein ungewöhnlicher Konflikt

Porsche-Chef Wendelin Wiedeking will den Gewerkschafter Berthold Huber für den möglichen Verlust eines Hilfskredits haftbar machen.

K. Ott

Der wegen der finanziellen Nöte von Porsche in Bedrängnis geratene Vorstandschef Wendelin Wiedeking geht gegen IG-Metall-Chef Berthold Huber vor. Huber soll wegen kritischer Äußerungen über einen Kreditantrag von Porsche bei der Staatsbank KfW notfalls persönlich für dadurch entstehende Schäden haften.

Die Turbulenzen bei Porsche haben einen Konflikt ausgelöst, der im deutschen Wirtschaftsleben höchst ungewöhnlich ist. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung will Konzernchef Wiedeking hohen Schadenersatz vom IG-Metall-Vorsitzenden Huber fordern, falls ein von Porsche bei der Staatsbank KfW beantragter Milliardenkredit wegen öffentlich geäußerter Einwände Hubers nicht zustande komme und Porsche dadurch Schaden nehme.

Das geht aus einem Schreiben Wiedekings an Huber hervor. Huber gehört dem Aufsichtsrat von Porsche an. Der Gewerkschaftschef weist die Anschuldigungen zurück.

Empörung bei IG Metall

Wiedekings Attacke auf Huber löst in IG-Metall-Kreisen Empörung aus und könnte dazu führen, dass sich die finanziell angespannte Lage von Porsche weiter zuspitzt.

Der Stuttgarter Autokonzern, der sich für die geplante Übernahme von VW hoch verschuldet hat, hofft für das laufende Geschäft auf einen Kredit der Staatsbank KfW von 1,75 Milliarden Euro. Um Vorbehalte auszuräumen, hat sich Wiedeking deshalb in einem Brief an Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) jetzt direkt an die Bundesregierung gewandt.

Wiedeking schrieb Gabriel, bei dem Kredit gebe es keinerlei Risiken für den Staat und die Steuerzahler. Außerdem verhandelt Porsche mit dem arabischen Öl-Emirat Katar über einen Einstieg bei dem Autokonzern. Porsche dementierte am Mittwoch einen Pressebericht, wonach Großaktionär Ferdinand Piëch eine rasche Beteiligung Katars verhindern wolle. Die Familie Piëch stehe "geschlossen hinter den Gesprächen" mit einem neuen Investor.

In Konzernkreisen hieß es aber inoffiziell, Piëch wolle den Einstieg von Katar torpedieren, um nichts von seiner Macht abgeben zu müssen. Nach Angaben aus Porsche-Kreisen dürfte Katar sich den Erwerb eines Aktienpaketes von 25 Prozent zwei bis drei Milliarden Euro kosten lassen.

Porsche unter Druck

Der Autokonzern steht auch deshalb unter Druck, da Unternehmenskreisen zufolge im September ein von VW gewährter Notkredit über 700 Millionen Euro ausläuft. In der IG Metall heißt es dazu, die Vertreter der Belegschaft im Aufsichtsrat von VW dürften angesichts von Wiedekings Attacke auf Huber kaum bereit sein, einer Verlängerung dieses Darlehens zuzustimmen. Das ließe sich den Beschäftigten von VW und den vielen Mitgliedern der IG Metall dort nicht erklären.

Da mehrere Vertreter der Kapitalseite im VW-Aufsichtsrat gleichzeitig bei Porsche engagiert seien und wegen Befangenheit über eine Verlängerung des Porsche-Kredites vermutlich nicht abstimmen dürften, hänge in diesem Fall alles vom Arbeitnehmerflügel im Kontrollgremium ab. "Wer Huber bedroht, kann nicht auf unsere Hilfe zählen", verlautet aus IG-Metall-Kreisen.

Gewerkschaftschef Huber hatte zum Kreditantrag von Porsche bei der Staatsbank KfW vor kurzem öffentlich erklärt, die Politik könne nicht alle Firmen schützen, die in Schwierigkeiten seien. Daraufhin schrieb Wiedeking vergangene Woche an Huber, dieser habe sich damit öffentlich gegen eine Kreditgewährung durch die KfW eingesetzt.

Schwere Vorwürfe gegen Wiedeking

Außerdem habe Huber öffentlich behauptet, Porsche befinde sich "in Schwierigkeiten". Mit diesen Äußerungen habe der Gewerkschaftschef seine Pflichten als Aufsichtsrat bei Porsche verletzt. Sollten dadurch Schäden für Porsche verursacht werden, sei Huber dafür "persönlich haftbar".

Der Gewerkschaftsvorsitzende erhebt in einem Antwortbrief seinerseits schwere Vorwürfe gegen Wiedeking. Der Vorstandsvorsitzende habe das gesunde Unternehmen Porsche durch waghalsige Manöver in eine Lage gebracht, in der nun Kredite notwendig seien, um den normalen Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten. Das sei empörend. Wiedeking solle lieber, statt solche Briefe wie an ihn, Huber, zu verschicken, Porsche aus der schwierigen Situation herausführen. Ansonsten sei Wiedeking für Schäden bei Porsche verantwortlich.

Bei Porsche hieß es dazu, Wiedeking sei als Vorstandschef juristisch verpflichtet, mögliche Schäden vom Konzern abzuwehren und notfalls "vorsorglich" entsprechend tätig zu werden. Das sei keine "persönliche Attacke" auf den IG-Metall-Vorsitzenden Huber.

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SZ vom 18.06.2009/kaf/hgn
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