Kunststoff-Alternativen:Es geht auch ohne Plastik

In Plastik verpackte Tomaten - viele Konsumenten wünschen sich Alternativen zu dem Kunststoff.

Doppelt in Plastik verpackte Tomaten: Das muss nicht sein. Es gibt längst Alternativen.

(Foto: dpa)

Firmen und Händler tun sich bislang schwer, Kunststoffverpackungen aus den Regalen zu verbannen. Alternativen zu Plastik gibt es - doch wie nachhaltig sind sie wirklich?

Von Vivien Timmler

Bevor sich synthetisches Plastik im 19. Jahrhundert als Verpackungsmaterial etabliert hat, bestanden Folien und Behälter meist aus Seidenfasern, also Naturprodukten. Wer heute einen Supermarkt betritt, der kommt selten ohne Kunststoffe wieder heraus. Angesichts der zunehmenden Verpackungsflut wünschen sich viele Kunden Alternativen - und der Trend bei Verpackungen geht wieder zurück zu ökologischen Varianten. Ein Überblick über mögliche Lösungen.

Kompostierbarer Kunststoff

Dieses Material wird oft fälschlicherweise als "Bio"-Kunststoff bezeichnet, obwohl die Grundmasse aus Mais, Kartoffeln, Weizen oder Zuckerrohr nur in den seltensten Fällen aus biologischem Anbau stammt. Hinzu kommt, dass das Material nur unter extrem hohen Temperaturen kompostiert werden kann, da oft chemische Zusätze benutzt werden, die auf Erdöl basieren - der Abbau auf dem heimischen Kompost funktioniert also nicht. Die Umweltbilanz ist laut Umweltbundesamt daher nicht besser als die von herkömmlichen Kunststoffen.

Folie aus Milch-Proteinen

Plastikfolien sollen Produkte länger haltbar machen - doch das Äquivalent aus Casein-Proteinen, also dem Anteil der Milch, der später zu Käse verarbeitet wird und nicht in die Molke gelangt, kann das noch besser. Das Material ist luftundurchlässiger und strapazierfähiger als handelsübliche Folien, die in der Regel aus Erdöl hergestellt werden. Hinzu kommt: Die Folie ist essbar. Erfunden wurde sie von Forschern des US-Landwirtschaftsministeriums, die allerdings noch an Details feilen. In ein bis zwei Jahren soll sie auf dem Markt und dann auch in Supermärkte kommen.

Zellulose-Netz

Das Unternehmen Verpackungszentrum im österreichischen Graz hat aus Buchenholz-Fasern ein spezielles Garn hergestellt, das zu kompostierbaren Obst- und Gemüsenetzen verarbeitet werden kann, wie sie etwa für Zitronen oder Kartoffeln benutzt werden. Die Netze kamen bereits 2012 auf den Markt und werden von führenden Supermarktketten in Österreich für Bio-Gemüse sowie Zitrusfrüchte verwendet - in Deutschland testet bislang lediglich Lidl das Produkt.

Glas und Dosen

Wer Kunststoffverpackungen aus ökologischen oder gesundheitlichen Gründen ablehnt, ist mit Glas und Dosen nicht unbedingt besser beraten. Die Herstellung ist jeweils sehr energieintensiv - die Ökobilanz fällt also nur dann besser aus, wenn die Behälter mehrfach verwendet werden. Hinzu kommt, dass vor allem Dosen häufig von innen mit einer dünnen Kunststoffschicht überzogen sind. Auch viele Glasflaschen haben Plastikdeckel oder am Flaschenhals zumindest eine Dichtung aus Kunststoff. Zumindest lassen sich Weißblech und Glas aber besser recyceln als Kunststoffe.

Pappe und Papier

Genau wie für Glas gilt auch für Papier: Die Ökobilanz ist nicht automatisch besser als die von Plastik, sondern nur, wenn die Produkte mehrfach verwendet werden. Das ist bei Papp-Verpackungen aber nur selten der Fall. Die Bilanz lässt sich laut Verbraucherzentrale aber verbessern, indem Tüten aus Recyclingmaterial verwendet werden und die Pappe am Ende in den Papiermüll wandert.

Graspapier

Noch nachhaltiger als Recyclingpapier ist sogenanntes Graspapier: Anstatt aus Holz besteht es je nach Hersteller zu 40 bis 60 Prozent aus - wie der Name schon sagt - Gras. Das Naturprodukt hat hinsichtlich seiner Ökobilanz viele Vorteile: Einerseits wächst es auf sogenannten Ausgleichsflächen in großen Mengen und ist ein schnell nachwachsender Rohstoff. Darüber hinaus enthält Gras wenig Lignin: ein natürliches Produkt vieler Pflanzen, das etwa bei Holz mit Hilfe chemischer Substanzen entfernt werden muss, bei Gras hingegen nicht. Und benötigt man für eine Tonne handelsübliches Papier etwa 8000 Liter Wasser, genügen für eine Tonne Graspapier schon etwa zwei Liter. Die Supermarkt-Ketten Rewe und Penny nutzen Graspapier bereits für einen Teil ihrer Verpackungen.

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