Pläne für Finanzmarktunion:Eine für alle

Die Europäische Zentralbank will in der Finanzkrise nicht mehr ständig den Ausputzer spielen - und fordert eine gemeinsame Bankenaufsicht. Nur mit dieser "Finanzmarktunion" könne die Krise in Spanien und anderen Euro-Staaten nachhaltig gelöst werden. Die nationalen Widerstände gegen den Plan sind jedoch groß.

Markus Zydra, Javier Cáceres, Madrid, und Cerstin Gammelin, Frankfurt

Nun fallen also die externen Prüfer in Spanien ein. Die Beratungsgesellschaften Roland Berger und Oliver Wyman sollen die Bilanzen der spanischen Banken unter die Lupe nehmen. Der Verdacht: Die dortigen Risiken seien größer als angenommen. Um ganz sicher zu gehen, sollen auch noch Experten der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds die Arbeit beaufsichtigen.

Schon seit Monaten hatten sich die Frankfurter Währungshüter für diese Nachprüfung starkgemacht. Die Maßnahme ist Teil des Rettungsplans für Spanien: Zunächst muss man wissen, wie viel Kapital die Banken wirklich brauchen, um dann die Rekapitalisierung einzuleiten: entweder mit privatem Investorenvermögen, spanischem Steuergeld oder aus Mitteln des Euro-Rettungsfonds EFSF. Die europäischen Notenbanker aus Frankfurt schauen den spanischen Notenbankern - den dortigen Bankenaufsehern - auf die Finger.

Natürlich stehen Spaniens Banker und Politiker der Idee einer auswärtigen Buchprüfung mit großer Skepsis gegenüber. Erstens hielt man die Bank von Spanien für bestens befähigt, solche Prüfungen durchzuführen. Zweitens unterziehen sich die Banken auch individuell Wirtschaftsprüfungen. Warum also solle eine dritte Buchprüfung nötig sein?

Dennoch gab die neue Regierung dem Drängen nach - und öffnete die Tür nicht bloß einen Spalt breit, sondern voll und ganz. Statt, wie von Brüssel und Frankfurt gefordert, lediglich die Immobiliengeschäfte zu durchleuchten, soll die neue Prüfung das gesamte Bankengeschäft röntgen. Mancher in Madrid munkelt, diese Buchprüfung könne nur schwerlich zu einem Ergebnis kommen, das identisch oder gar freundlicher ist als das, was die Bank von Spanien bisher errechnet hat. Zu stark sei das Misstrauen schon aufgebauscht worden.

Doch für die EZB ist der Fall Spanien exemplarisch. "Die nationalen Bankaufseher können in einen Interessenkonflikt kommen", sagte EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen dieser Tage in Danzig. Eigentlich, so der EZB-Außenminister, sollten nationale Finanzaufseher die Finanzstabilität in der EU sicherstellen. "Schlussendlich müssen sie sich aber vor ihrem nationalen Parlament und den Steuerzahlern rechtfertigen." Asmussen fordert eine "Finanzmarktunion". Soll heißen: Er will eine gemeinsame Aufsicht, eine gemeinsame Bankenrettung, eine gemeinsame Einlagensicherung für die Ersparnisse.

Die Politik muss handeln

Die EZB macht Druck, sie hat es satt in diesem Chickengame der Krise ständig Ausputzer spielen zu müssen. Immer wenn es irgendwo klamm wird, soll die EZB Geld drucken. Zuletzt kamen entsprechende - verklausuliert vorgetragene - Wünsche von der spanischen Regierung. Genug davon, meint die EZB.

Denn für die Währungshüter ist klar: Sie können nur Zeit herausschlagen für die Politik. Doch die Politik müsse handeln. Mehr Integration. EZB-Präsident Mario Draghi mahnt Antworten an, "wo die EU in zehn Jahren stehen will". Die Probleme, so die Notenbanker, könnten nur europaweit gelöst werden.

Ansonsten drohen weitere gefährliche Endlosschleifen, meint Asmussen: "Die staatliche Rekapitalisierung von schwachen Banken kann die Finanzlage einer Regierung verschlechtern, und das verschlechtert im Gegenzug die Qualität der Bankbilanz, weil die im Besitz der Banken befindlichen Staatsanleihen an Wert verlieren." Spanien ist in dieser Lage.

Nationale Widerstände gegen Finanzunion

EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy will bis Ende des Jahres einen Bericht dazu vorlegen, wie eine Finanzunion aussehen könnte. Womöglich wird am Rande des nächsten EU-Gipfels Ende Juni darüber gesprochen, aber natürlich handelt es sich hier um ein langfristiges Ziel, zu groß sind die nationalen Widerstände.

Die externe Bankenprüfung in Spanien soll bis Mitte Juni abgeschlossen sein. Die Buchprüfer werden strenger hingucken müssen als alle Kontrolleure vor ihnen. Droht da eine Dramatisierung der Lage, um der eigenen Glaubwürdigkeit willen? Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy wies Bundeskanzlerin Angela Merkel darauf hin, dass auch andere Länder ihre Banken von externen Prüfern durchleuchten lassen könnten. Er wartet noch auf eine Antwort.

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