Pläne der EU-Kommission zur Bankenabwicklung:Auf Konfrontationskurs mit Schäuble

Lesezeit: 2 min

Gegner der Pläne aus Brüssel: Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (Foto: dpa)

Gemeinsame Behörde, gemeinsamer Abwicklungsfonds. EU-Kommissar Barnier will die Entscheidung, ob eine Bank geschlossen wird oder nicht, in Brüssel zentralisieren. Doch Deutschland und Frankreich trauen den Plänen nicht.

Von Andrea Rexer, Frankfurt

Die Europäische Kommission will die Abwicklung von Banken erleichtern. Dazu soll eine gemeinsame Behörde und ein gemeinsamer Abwicklungsfonds eingerichtet werden, erfuhr die Süddeutsche Zeitung von EU-Diplomaten. Binnenkommissar Michel Barnier wird dazu an diesem Mittwoch einen entsprechenden Vorschlag vorlegen. Der "Single Resolution Mechanism" gehört zu den wichtigsten Bausteinen der neuen Bankenregulierung.

Die Entscheidung, ob eine Bank geschlossen wird oder nicht, soll demnach künftig in den Händen der EU-Kommission liegen. Das "entscheidende Signal" soll zuvor jedoch von der neuen Bankenaufsicht unter dem Dach der Europäischen Zentralbank (EZB) kommen. Die tatsächliche Durchführung der Abwicklung soll dann die jeweils zuständige nationale Aufsicht übernehmen, in dem die betreffende Bank ihren Hauptsitz hat.

Auf die Finger schaut ihr dabei ein "Abwicklungsgremium", in dem Vertreter der EZB, der Europäischen Kommission und der jeweilig betroffenen nationalen Aufsicht sitzen. So seien schnelle Entscheidungen innerhalb von Stunden möglich, hieß es in EU-Kreisen. Bankenexperten sehen das als eine wesentliche Verbesserung an: "Zentral ist, dass auf europäischer Ebene entschieden wird, ob eine Bank abgewickelt wird oder nicht", sagt Marcel Fratzscher, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts DIW.

Widerstand der Mitgliedsstaaten

Nach den Plänen soll zudem ein Fonds eingerichtet werden, der bei Abwicklungsfällen einspringt. Er soll durch nationale Bankenabgaben finanziert werden, in Höhe von einem Prozent der bestehenden Spareinlagen. Auf Grundlage der Daten des Jahres 2011 wäre die Zielgröße des Fonds damit rund 55 Milliarden Euro. Jährlich müssten die Banken damit rund 5,5 Milliarden Euro einzahlen. Wie viel eine einzelne Bank zahlen muss, soll sich jedoch nicht an den Spareinlagen bemessen, sondern am Risikoprofil des jeweiligen Instituts. Die genauen Kriterien dafür sollen noch ausgearbeitet werden.

Der neue Abwicklungsfonds und das neue Abwicklungsgremium sollen im Januar 2015 startklar sein. Bis dahin sollten bereits nationale Fonds gebildet werden, die schrittweise angeglichen werden sollten.

Barnier dürfte mit seinem Vorschlag auf Widerstand von den Mitgliedsstaaten stoßen, die weit weniger Befugnisse an die europäische Ebene abtreten wollen. Vor allem Deutschland und Frankreich haben Vorbehalte geäußert.

Bankenaufsicht kommt später

Neben dem Abwicklungsmechanismus ist die gemeinsame Bankenaufsicht unter dem Dach der EZB ein weiterer Pfeiler der Bankenunion. Hier rechnet die Europäische Zentralbank (EZB) unterdessen mit Verspätungen: "Es ist davon auszugehen, dass die EZB die Bankenaufsicht erst im September oder Oktober 2014 übernehmen wird", sagte Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen der Süddeutschen Zeitung. Ursprünglich war das Frühjahr 2014 als Starttermin angepeilt worden. Hintergrund sei, dass das Europäische Parlament die Abstimmung über die Bankenaufsicht auf nach der Sommerpause verschoben hat. Sie findet nun erst nach der Sommerpause Anfang September statt.

Die Notenbank hatte stets gesagt, dass zwischen der Entscheidung auf europäischer Ebene und der Übernahme der Aufsichtstätigkeit ein Jahr Vorbereitungszeit liegen sollte. "Wir haben mit den Vorbereitungen zwar schon begonnen, aber einige wichtige Entscheidungen können erst getroffen werden, wenn das Führungsgremium besetzt ist", erläutert Asmussen. Die Mitglieder des sogenannten "Supervisory Boards", könnten aber erst benannt werden, wenn die Regulierung endgültig vorliege.

Derzeit bereiten verschiedene Arbeitsgruppen, die mit Experten der EZB und den nationalen Aufsehern besetzt sind, die gemeinsame europäische Aufsicht vor. Dazu will die EZB rund 1000 neue Mitarbeiter einstellen. Sie sollen zukünftig in gemischten Teams mit den nationalen Aufsehern die 130 größten Banken der Eurozone kontrollieren. Damit deckt die neue Aufsicht rund 85 Prozent der aggregierten Bilanzsummen ab. Die kleineren Banken werden weiterhin von den nationalen Aufsehern betreut.

Bevor die Notenbank die Aufsicht übernimmt, wird sie eine Bilanzprüfung der Banken durchführen. Im Anschluss daran soll die Europäische Bankenaufsicht EBA einen Stresstest durchführen.

© SZ vom 10.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: