Maut-Debakel:Grüne werfen Scheuer Verschleierung vor

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Andreas Scheuer (CSU) in Erklärungsnot: Schon im Juni musste sich der Verkehrsminister für das Scheitern der Pkw-Maut im Bundestag rechtfertigen. (Foto: Lisa Ducret/dpa)
  • Die Grünen im Bundestag werfen Verkehrsminister Scheuer vor, Informationen über brisante Treffen mit Mautbetreibern vorzuenthalten.
  • Das CSU-Prestigeprojekt war durch ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs im Juni gescheitert, doch das Verkehrsministerium hatte Verträge mit Betreiberfirmen bereits vorher unterzeichnet.
  • Nun drohen Schadenersatzforderungen in Höhe von 700 Millionen Euro, die auf Kosten des Steuerzahlers gehen könnten.

Von Markus Balser, Berlin

Die vom Europäischen Gerichtshof im Juni gekippte Pkw-Maut bereitet Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) immer größere Probleme. In einem Brief werfen die Grünen ihm nach Informationen der Süddeutschen Zeitung Blockade bei der Aufklärung des Maut-Debakels vor. Scheuer wolle dem Bundestag gezielt Informationen über brisante Treffen mit den Mautbetreibern "vorenthalten", schreiben die Grünen-Sprecher für Finanzen und Verkehr, Sven-Christian Kindler und Stephan Kühn, in einem Brief an Scheuer. Der Minister müsse mit seiner "Verschleierungstaktik aufhören".

Die Grünen lassen ihm dafür allerdings nur wenig Zeit. Bereits an diesem Dienstag soll Scheuer dem Bundestag bis 12 Uhr die noch offenen Fragen beantworten und fehlende Dokumente nachliefern. Es geht im Kern vor allem um einen brisanten Punkt: Nach Informationen von Insidern sollen führende Vertreter der Betreiberfirmen Scheuer im vergangenen Jahr mindestens bei einem Treffen vorgeschlagen haben, die Unterzeichnung der Mautverträge auf einen Zeitpunkt nach dem erwarteten EuGH-Urteil zu verlegen. Scheuer soll dies unter Verweis auf den straffen Zeitplan für das CSU-Prestigeprojekt abgelehnt haben. Das Ministerium schloss die Mautverträge noch einen Tag vor Silvester ab - lange bevor der EuGH im Juni die umstrittenen Pläne stoppte.

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Weil die Betreiber da bereits den Aufbau des Systems vorantrieben, drohen dem Steuerzahler nun hohe Schadenersatzforderungen. Insider gehen von 700 Millionen Euro aus, die die Firmen CTS Eventim und Kapsch der Bundesregierung in Rechnung stellen könnten. Die Grünen fordern nun per Ultimatum die Übermittlung von Vermerken, Protokollen und Gesprächsnotizen dieser Treffen. Scheuer verstricke sich in Widersprüche, heißt es in einer Stellungnahme von Kindler und Kühn. Die Öffentlichkeit habe ein Recht darauf, zu erfahren, ob der Minister Angebote der Firmen vorsätzlich ignorierte. Scheuer hatte im Bundestag bereits im Juni volle Transparenz angekündigt und der Opposition Einblick in die Maut-Unterlagen versprochen.

Doch Hinweise auf die Treffen fanden die Abgeordneten dabei nicht. "Nach erneuter Durchsicht der (...) Dokumente zur Pkw-Maut fällt auf, dass keines der beiden Treffen protokolliert oder in irgendeiner Art und Weise dokumentiert wurde", kritisieren die Grünen-Politiker in ihrem Brief an Scheuer. Wegen des eskalierenden Streits wird ein Untersuchungsausschuss im Bundestag derzeit immer wahrscheinlicher. Grüne, FDP und Linke haben sich im Kern darauf verständigt, ein solches Gremium zu beantragen. Noch im Oktober könnte darüber die finale Entscheidung fallen. Bereits in einigen Wochen könnte ein solcher Ausschuss seine Arbeit aufnehmen. Er soll etwa klären, welche finanziellen und politischen Verpflichtungen und Risiken die Bundesregierung im Zusammenhang mit der geplanten Einführung der Pkw-Maut eingegangen ist - und ob der Bundestag umfassend und zutreffend unterrichtet wurde.

© SZ vom 08.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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