Süddeutsche Zeitung

Werbung:Barilla wird plötzlich pink

  • Barilla präsentiert seine Spagetti neuerdings in pinker Verpackung - zumindest als limitierte Auflage in Italien.
  • Mit einem neuen Werbespot mit bekannten Dragqueens will der Nudelhersteller zudem zeigen, dass er sich hinsichtlich Diversität und Gleichberechtigung weiterentwickelt hat.
  • Barilla war 2013 wegen homophober Äußerungen des Konzernchefs Guido Barilla heftig kritisiert worden.

Von Helena Ott

Die schlichten dunkelblauen Barilla-Packungen liegen in nahezu allen deutschen Supermärkten. Das Barilla-blau impliziert das Versprechen von italienischer Pasta-Qualität. Dieses Image bekam 2013 einen faden Beigeschmack. Konzernchef Guido Barilla sagte in einem Interview, dass Homosexuelle nicht dem traditionellen Familienbild der Firma entsprächen; Boykottaufrufe folgten. Doch auch ein Konzern mit mehr als 8000 Mitarbeitern kann seine Philosophie ändern - Im Fall von Barilla passierte das innerhalb von fünf Jahren nach und nach.

Jetzt verkauft der norditalienische Nudelhersteller Spaghetti No. 5 in pinker Verpackung und bringt einen Werbespot mit bekannten Dragqueens heraus. In limitierter Auflage werden die pinken Spaghettikartons in ausgewählten italienischen Shops angeboten. Sie sollen auf die neuen Unternehmensziele zu Gleichberechtigung und Diversität hinweisen. Die Kampagne entstand in Zusammenarbeit mit der italienischen Modefirma GCDS. In deutschen Supermärkten seien die umgestalteten Verpackungen vorerst nicht erhältlich, teilte Barilla am Montag mit.

Zur generalüberholten Imagestrategie gehört auch ein neuer Werbeclip namens "Dinner's Ready". Statt wie in früheren Spots, eine echte italienische "Mamma'' zu zeigen, die alle am Tisch mit Essen versorgt, wirbt Barilla mit bekannten Dragqueens, Transsexuellen und schwarzen Models, die sich an der langen Tafel von Schauspielikone Sophia Loren, 85, versammeln und Spaghetti serviert bekommen. Ein Spot mit dem der Nudelhersteller ein für alle Mal zeigen will, Barilla kann auch queer und divers.

Es sieht so aus, als hätte das Unternehmen aus der öffentlichen Kontroverse und Boykottdrohungen nach den Äußerungen ihres Konzernchefs gelernt. Wörtlich sagte Guido Barilla 2013 in einem Interview mit dem italienischen Radiosender Radio24: "Ich würde niemals einen Werbespot mit einer homosexuellen Familie drehen, nicht aus Mangel an Respekt, sondern weil wir ihnen nicht zustimmen". Wenn homosexuellen Kunden das nicht gefallen sollte, sollten sie andere Nudeln kaufen, sagte Barilla. Seine Marke ziele auf die "klassische Familie" ab. Weiter stellte er klar, dass er Adoption durch gleichgeschlechtliche Eltern ablehnt.

Statt mit Klischeefamilien wirbt Barilla mit bekannten Dragqueens

Einen Monat später entschuldigte sich der Barilla-Chef jedoch, nachdem er sich mehrmals mit Homosexuellen-Organisationen und Aktivisten getroffen hatte. Der Firmensprecher Luca Virginio kündigte zu dieser Zeit auch offenere und ganzheitlichere Werbekampagnen an. Außerdem wurde ein Beirat eingerichtet, der "Diversität" und "Gleichstellung" in Fragen der sexuellen Orientierung, Geschlecht und Multikulturalität sicherstellen soll.

Seither wurde Hannah Hart, eine lesbische US-Youtuberin, 2016 zum "Pasta Girl", und im vergangenen Jahr zierte die Illustration eines lesbischen Paares ebenfalls eine limitierte Auflage von Spaghetti-Packungen. Die abgebildeten Frauen teilten sich, in Disneys Susi&Strolch-Marnier, eine Spaghetti mit dem Mund. Und jetzt sind eben ein paar der Verpackungen pink eingefärbt. Aber das Diversityteam bei Barilla legt wert darauf, dass es nicht nur am Marketing gefeilt hat: Noch 2014 arbeiteten in der Unternehmensleitung 28 Prozent Frauen, 2019 sind es 32 und bis 2020 sollen es laut Barilla 50 Prozent sein. Außerdem hätten sich 72 Prozent der Mitarbeiter in leitenden Positionen dazu bekannt, Diversität zu fördern.

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Quelle:
SZ vom 05.11.2019/vit
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