Pin Group:Pin akzeptiert Mindestlohn

Der Postkonkurrent Pin zahlt seinen Briefzustellern nun auch 9,80 Euro - und reagiert damit auf den Druck der Kunden.

Caspar Dohmen und Henning Hinze

Der private Briefzusteller Pin gibt seinen Widerstand gegen den gesetzlichen Mindestlohn für Briefträger auf und zahlt ihnen künftig die vorgesehenen acht bis 9,80 Euro. Eine entsprechende Empfehlung sei an die regionalen Gesellschaften ergangen, sagte Pin-Vorstandschef Horst Piepenburg am Mittwoch in Köln.

Vorgeschrieben sei dieser ohnehin für die Beschäftigten der insolventen Tochtergesellschaften, deren Zahl sich bis Ende der Woche um 19 auf 37 erhöhen werde, sagte Piepenburg.

Deren 7000 Beschäftigte erhalten für einen Übergangszeitraum von bis zu drei Monaten ihr Gehalt von der Bundesagentur für Arbeit. Sie verwaltet einen Sondertopf für insolvente Betriebe, den die Arbeitgeber über ihre Beiträge an die Berufsgenossenschaften füllen.

Drei-Monats-Frist

Nach Ablauf der Drei-Monats-Frist muss Pin wieder zahlen. Die Lohnabrechnungen der übrigen noch direkt von Pin bezahlten 2000 Beschäftigten sollen ebenfalls die gesetzlichen Mindestlöhne für Briefträger ausweisen. "Es kann keine Zweiteilung im Konzern geben", sagte Piepenburg.

Er distanziert sich damit von einem Tarifvertrag, mit dem der von Pin und dem Konkurrenten TNT Post dominierte Arbeitgeberverband Neue Brief- und Zustelldienste und die Gewerkschaft Neue Brief- und Zustelldienste den am 20. Dezember vom Bundesrat beschlossenen Mindestlohn für Briefträger umgehen wollen. TNT und kleinere Anbieter zahlen seit Januar mindestens 6,50 Euro im Osten und 7,50 Euro im Westen.

Pin akzeptiert Mindestlohn

Die Post-Unternehmen argumentieren damit, dass der hohe Mindestlohn neuen Anbietern keine Chance lasse und deren insgesamt 20.000 Arbeitsplätze vernichte. Der Pin-Mehrheitsaktionär Axel-Springer-Verlag hatte deshalb im Zusammenhang mit dem Bundesratsbeschluss die weitere Finanzierung seiner Tochterfirma eingestellt. Pin-Chef Günter Thiel trat zurück. Seitdem führt der Insolvenzanwalt und Sanierungsexperte Piepenburg die Firma als Chef.

Piepenburg begründete den Rückzug von Pin aus der Koalition am Mittwoch unter anderem damit, dass "viele Auftraggeber nach der Einhaltung des Mindestlohns fragten". Außerdem habe man damit rechnen müssen, dass die Hauptzollämter künftig die Einhaltung der Mindestlohnzahlung überprüfen. Schließlich fürchteten potentielle Käufer das Prozessrisiko für Pin, weil dem eigenen Tarifvertrag vor Gericht kaum Chancen eingeräumt werden.

Lob von Verdi

"Wir haben einen kleineren Kreis von Interessenten zusammengestellt, den wir als Investoren für geeignet halten", sagte Piepenburg. Der Andrang sei groß gewesen, auch wenn das Unternehmen unabhängig von Mindestlöhnen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage schnell neu strukturiert werden müsse. Pin müsse Funktionen zusammenlegen, was auch Arbeitsplätze kosten dürfte. Außerdem beginne das Unternehmen in einer Region mit der Übertragung der Postzustellung auf Subunternehmen, um Kosten zu sparen.

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi lobte die Kursänderung bei Pin. Verdi hatte mit dem von der Deutschen Post dominierten Arbeitgeberverband den Mindestlohn vereinbart, der später für allgemeinverbindlich erklärt worden war. "Jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen", sagte Verdivorstand Andrea Kocsis. Während bei Pin Seriosität Einzug gehalten habe, wirtschafteten andere Unternehmen wie TNT in der Illegalität. Kocsis sprach von "Gesetzesbrechern".

TNT-Post-Chef Mario Frusch bekräftigte am Abend, dass seine Firma gemäß dem eigenen Tarifvertrag zahle. "Wir zahlen den Mindestlohn, den Verdi auf der Fassade seiner Zentrale in Berlin plakatiert", sagte er der Süddeutschen Zeitung. "Es ist offensichtlich, dass Frau Kocsis in ihrer Eigenschaft als stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende der Deutsche Post spricht." Eine entsprechende Klage sei beim Verwaltungsgericht Berlin eingereicht. Beratungen werden dort für Mitte Februar erwartet.

Ebenfalls geklagt hatten der Bundesverband der Express- und Paketdienste und als erster noch vor dem Amtsantritt Piepenburgs im Dezember die Firma Pin. Pin erwägt nun allerdings, seine Klage zurückzuziehen. Piepenburg verwies zur Begründung am Mittwoch auf die Verfahrenskosten.

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