Süddeutsche Zeitung

Mercedes: Piëch-Double im Spot:Diabolischer Sensenmann

Ist er es oder ist er es nicht? Ein Piëch-Double im Mercedes-Werbespot gibt Rätsel auf. Dabei passt die Botschaft überhaupt nicht zum VW-Aufsichtsratschef.

Thomas Fromm

In der Regel ist er nicht sehr gesprächig. Vielleicht ist es deshalb gerade diese Kunst, ab und zu mit wenigen Worten Folgenschweres herauszulassen, wegen der Ferdinand Piëch so gefürchtet ist.

Zum Beispiel bei der Frankfurter Automobilausstellung im vergangenen September. Da brauchte der VW-Patriarch nur zu sagen: "Zwölf ist eine gute Zahl." Und jeder wusste, was gemeint war: Zehn Automarken hat VW, also will Piëch noch zwei dazukaufen. Auch ein paar Monate zuvor, es passierte vor Journalisten auf der italienischen Mittelmeerinsel Sardinien, sprach der Alte - und kündigte mit einem kleinen Nebensatz Großes an.

Auf die Frage, ob der damalige Porsche-Vorstandschef Wiedeking noch sein Vertrauen habe, antwortete Piëch nur dieses: "Zur Zeit noch. Das 'noch' können Sie streichen." Für Wiedeking der Anfang vom Ende.

So sehr hat man sich inzwischen an das raunende Orakel gewöhnt, dass man es nun bereits offenbar überall wähnt. Sogar in einem Werbespot des VW-Rivalen Mercedes. Es geht um einen Werbefilm für die Mercedes-E-Klasse, produziert von der Werbeagentur Jung von Matt. Hauptdarsteller: der Tod persönlich.

Mercedes sagt "sorry"

Er sitzt auf dem Beifahrersitz, mit Sense, schwarzer Kapuze, während der Fahrer auf eine Unfallstelle zurast. Ein Transporter mit gefällten Bäumen liegt quer auf der Straße, ein Baumstamm baumelt genau in der Höhe der Frontscheibe. Der Sensenmann dreht sich zum Fahrer, murmelt gehässig "Sorry", der Fahrer macht eine Vollbremsung - und hält - ja - direkt vor dem Baumstamm. "Sorry", antwortet der Fahrer. Eingeblendet wird der neue Bremsassistent der E-Klasse. Und der Tod, dem der Fahrer so gerade eben von der Schippe gesprungen war, schaut leicht pikiert aus dem Fenster. Vorhang zu.

Ein geistreicher und auch makabrer Werbespot, wie es ihn in der Autowerbung nur selten gibt. Dabei könnte es bleiben. Wenn der Sensenmann - alt, kahlköpfig, dünnlippig, spitzes Gesicht - nicht, nun ja, eine gewisse Ähnlichkeit mit Ferdinand Piëch hätte.

In den einschlägigen Foren im Internet geht es nun um die eine Frage: Ist er es, oder ist er es nicht? Ist die Piëch-Ähnlichkeit Zufall oder Absicht? Wollte sich Mercedes gar bei dem Alten rächen? Dafür, dass die VW-Tochter Audi dem Stuttgarter Hersteller Marktanteile abjagt?

"Auf jeden Fall Matsch"

"Ich find die Werbung witziger als ich sie mir vorgestellt hab, hauptsächlich weil die den Piëch als Sensenmann gewinnen konnten", schreibt einer der Nutzer im Online-Forum. Ein anderer meint dagegen, alte Männer sähen nun mal eben so aus wie Piëch, und Brad Pitt hätte man ja wohl nicht nehmen können. Und, so die Frage eines Bloggers: "Mal ehrlich ... würde Piëch 'Sorry' sagen? Der würde allenfalls zurückhaltend diabolisch lächeln und der E-Klasse-Fahrer wär' auf jeden Fall Matsch."

Das ist ein Argument: Der Sensenmann scheitert an moderner Sicherheitstechnik - das klingt nicht nach einem Plot, bei dem Piëch den Hauptakteur geben könnte... .

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SZ vom 09.06.2010/stl/pak
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