Pflege:Komplizierte Hilfe vom Finanzamt

Betroffene haben meist hohe Ausgaben, viele dürfen in die Steuererklärung. Ein neues BFH-Urteil zieht Grenzen für Ehepaare, die ins Heim ziehen.

Von Berrit Gräber

Ambulanter Pflegedienst, Rollstuhl, Treppenlift, Heim: Braucht ein kranker Mensch Hilfe und Betreuung, kostet das richtig viel Geld. Wenigstens hilft der Fiskus mit. Sowohl der Pflegebedürftige als auch seine Angehörigen können einen Teil der Kosten von der Steuer absetzen. Doch das ist gar nicht so einfach, wie Isabel Klocke, Steuerexpertin beim Bund der Steuerzahler in Berlin erklärt. Bei der Pflege sei das Steuerrecht sehr kompliziert. Diätkost ist beispielsweise nicht absetzbar, eine Augenoperation per Laser schon. Siedeln Senioren "nur" wegen ihres hohen Alters ins Heim um, gehen sie leer aus. Muss jemand aber krankheitsbedingt dorthin, greifen Steuervorteile. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt aber klargestellt: Löst ein Ehepaar seinen Haushalt für den Heimumzug auf, darf das Finanzamt bei beiden die sogenannte Haushaltsersparnis abziehen (Az.: BFH VI R 22/16). Ein Überblick über steuerliche Möglichkeiten.

Das gilt bei den Heimkosten:

Zieht jemand wegen einer Erkrankung ins Alten- oder Pflegeheim, hilft der Fiskus mit. Absetzbar sind unter anderem die Ausgaben für Wohnen und Verpflegung sowie für die Unterkunft im Wohnstift. Das Seniorenheim ist selbst dann als außergewöhnliche Belastung absetzbar, wenn der Kranke nicht ständig pflegebedürftig ist. Aber: Siedelt jemand krankheitsbedingt ins Heim und gibt seine bisherige Wohnung auf, zieht das Finanzamt die ersparten Kosten für den eigenen Haushalt ab. Für 2016 waren das 24,03 Euro pro Tag. Umstritten war bisher, ob der Abzug pro Person sein darf oder einmal pro Haushalt. Nach dem BFH-Urteil steht nun fest: Das Finanzamt darf doppelt kürzen. Damit schrumpft der Steuervorteil. Muss jemand "lediglich" altersbedingt ins Heim, sind null Euro absetzbar. Steuerlich interessant ist dann höchstens noch Folgendes: Zahlen Kinder ihren mittellosen Eltern Unterhalt für die Unterbringung im Heim, können sie für 2016 bis zu 8652 Euro geltend machen.

Außergewöhnliche Belastung:

Übersteigen die Kosten die Pauschbeträge, kann alternativ auch genau abgerechnet werden. Zahlt der Kranke Steuern, kann er das selbst mit dem Finanzamt abrechnen. Tragen der Ehepartner oder die Kinder die Ausgaben, können sie die Kosten in die eigene Steuererklärung packen. Rein darf alles, was wegen Krankheit und Pflege ausgegeben wurde, etwa Arznei, Physiotherapie, Einlagen, Prothesen, Hörgeräte, Rollstuhl oder Krankenhausaufenthalte. Auch der behindertengerechte Umbau von Bad und Wohnung gehört dazu oder ein Treppenlift. Was von der Kranken- oder Pflegeversicherung bereits erstattet wurde, zählt nicht. Allerdings wirken sich selbst hohe Kosten nicht immer steuermindernd aus, weil Bürger einen gewissen Anteil selbst tragen müssen, wie Erich Nöll, Geschäftsführer des Bundesverbands der Lohnsteuerhilfevereine (BDL) betont.

Pauschalen abholen:

Möglich ist auch ein Behindertenpauschbetrag. Die Pauschale liegt zwischen 310 und 3700 Euro, abhängig vom Grad der Behinderung. Den Maximalbetrag bekommen hilflose oder blinde Kranke. Einzelnachweise sind nicht nötig. Pflegenden Angehörigen steht ein Pauschbetrag von 924 Euro pro Jahr zu, wenn sie einen Patienten mit Pflegegrad 4 oder 5 bei sich daheim oder in dessen Wohnung betreuen. Bedingung ist, dass sie unentgeltlich pflegen. Teilen sich mehrere Angehörige die Pflege, wird die Pauschale aufgeteilt.

Helfer daheim absetzen:

Beschäftigt ein Kranker zuhause ambulante Pflegekräfte oder liefert ihm ein mobiler Verpflegungsservice jeden Tag das Mittagessen, beteiligt sich der Fiskus an den Kosten. Das kann maximal 4000 Euro Steuerersparnis im Jahr bringen. Ist außerdem eine Haushaltshilfe engagiert, die auf 450-Euro-Basis im Monat die Wäsche macht, aufräumt und saugt, ist auch diese Ausgabe absetzbar. Maximal 510 Euro Steuerbonus sind damit noch einmal extra im Jahr drin. Bezahlen Angehörige das Pflegepersonal oder die Haushaltshilfe, können sie die Kosten auch in der eigenen Steuererklärung ansetzen. Das geht auch parallel zum Pflegepauschbetrag von 924 Euro, so Nöll. Den Steuervorteil für Haushaltshelfer können sich auch Bewohner eines Seniorenheims abholen - wenn sie in einem eigenen, abschließbaren Appartement leben mit Bad, Küche, Wohn- und Schlafbereich. Wer den Behindertenpauschbetrag geltend macht, bekommt keinen Bonus für Helfer daheim.

Handwerker im Haushalt angeben:

Ob Elektriker, Waschmaschinenmonteur oder Computerexperte: Auch Arbeiten von Handwerkern daheim sind steuerlich absetzbar mit bis zu 1200 Euro im Jahr. Das kann interessant sein, wenn die Wohnung rollstuhlgerecht umgebaut oder nachgerüstet werden muss. Den Steuervorteil gibt es nicht nur für Kranke, die zuhause betreut werden, sondern auch für Bewohner von Seniorenheimen mit eigenem Haushalt. Voraussetzung: Der Lohn ist extra ausgewiesen und die Rechnung wurde nicht bar bezahlt. Material lässt sich nicht absetzen.

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