Personaldebatte:Aufsichtsrat berät über Zukunft von Deutsche-Bank-Chef Cryan

Paul Achleitner

Der Aufsichtsratschef der Deutschen Bank Paul Achleitner ruf offenbar für Sonntagabend den Aufsichtsrat zusammen.

(Foto: Boris Roessler/dpa)
  • Vor zwei Wochen war bekannt geworden, dass Achleitner nach einem Ersatz für Bankchef John Cryan sucht.
  • Cryan gilt als angeschlagen, weil es ihm nicht gelingt, das Geldhaus aus der Krise zu steuern.

Der Aufsichtsrat der Deutschen Bank berät Finanzkreisen zufolge am Sonntag über die Zukunft von Konzernchef John Cryan. Aufsichtsratschef Paul Achleitner habe die Mitglieder des Kontrollgremiums für Sonntagabend zu einem "Update-Call" eingeladen, sagten zwei mit der Angelegenheit vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters am Samstag. Dabei könnten weitreichende Entscheidungen gefällt werden, sagte einer der Insider.

Vor zwei Wochen war bekannt geworden, dass Achleitner nach einem Ersatz für Cryan sucht. Eine Stellungnahme der Deutschen Bank zu dem angesetzten Gespräch gab es bislang nicht.

Cryan leitet die Deutsche Bank als Nachfolger von Anshu Jain und Jürgen Fitschen seit Mitte des Jahres 2015. Das größte Geldhaus Deutschlands aus der Krise zu steuern, gelang ihm bislang allerdings nicht. 2017 meldete die Deutsche Bank vor allem wegen der US-Steuerreform das dritte Verlustjahr in Folge. Doch auch das operative Geschäft im Anleihehandel und im Investmentbanking läuft nach wie vor alles andere als rund. Seit Jahresbeginn brach der Aktienkurs um knapp 30 Prozent ein.

Cryan selbst ging nach der öffentlich gewordenen Personaldebatte in die Offensive. In einem Brief an seine Mitarbeiter erklärte er, nicht selbst zurücktreten zu wollen. "Ich möchte Ihnen versichern, dass ich mich weiterhin mit all meiner Kraft für die Bank einsetze und gemeinsam mit Ihnen den Weg weiter gehen möchte, den wir vor rund drei Jahren angetreten haben." Offiziell endet der Vertrag von Cryan erst im Jahr 2020.

Auch Aufsichtsratschef Achleitner steht in der Kritik

Der Druck auf Achleitner ist groß, in der Führungsdebatte nun für Klarheit zu sorgen. "Er wird schnell handeln", sagte ein Großaktionär, der in den vergangenen Tagen mit dem Österreicher zusammentraf.

Auch auf andere mächtige Investoren ist der ehemalige Goldman-Sachs-Banker Finanzkreisen zufolge zugegangen.

Einige Großaktionäre hatten scharfe Kritik an Achleitner geübt, weil nichts von ihm zu hören war. Zudem trage er eine Mitverantwortung für strategische Fehlentscheidungen, da er bereits seit 2012 an der Spitze des Deutsche-Bank-Aufsichtsrats steht.

Dennoch werde es unter den Aktionären wohl keine Mehrheit für eine Ablösung von Achleitner geben, der erst im vergangenen Jahr für fünf Jahre wiedergewählt wurde, sagt auch einer seiner Kritiker.

Weiterhin unklar ist, wer Cryan folgen könnte. "Es gibt mehrere starke externe Kandidaten", sagte einer der Insider ohne Namen zu verraten. In den vergangenen Wochen wurden in Medienberichten der Europa-Statthalter von Goldman Sachs, Richard Gnodde, der Chef der italienischen Großbank Unicredit, Jean Pierre Mustier, und der Chef des britischen Finanzhauses Standard Chartered, Bill Winters, genannt, die jedoch wohl alle ablehnten.

Auch der Österreicher Christian Meissner, der für die Bank of America arbeitet, und Matt Zames, ein ehemaliger Top-Manager von JP Morgan, wurden ins Spiel gebracht. Auch sie sollen abgewunken haben. An einer internen Nachfolgelösung hatten einige der Großaktionäre zuletzt immer wieder Zweifel verlauten lassen. Das von Achleitner hinter Cryan in Stellung gebrachte Duo aus dem Ex-Goldman-Sachs-Mann Marcus Schenck, dem Chef des Investmentbankings, und Christian Sewing, dem Leiter der Privatkundensparte, sei noch nicht reif für den Chefsessel.

Finanzchef James von Moltke wiederum hat sich mit Aussagen bei einer Bankenkonferenz keine Freunde gemacht: Die Warnung, das erste Quartal könnte für die Bank schwierig werden, ließ den Aktienkurs abstürzen.

Wer immer also Cryan auf dem Schleudersitz in den Frankfurter Doppeltürmen folgt, muss auch die Frage beantworten, mit welcher Strategie die Bank wieder Boden gut macht.

Während sich einige Großaktionäre für eine Stärkung des Investmentbankings aussprechen, fordern andere Einschnitte in diesem Bereich. Solange der ehemalige Goldman-Sachs-Banker Achleitner an der Spitze des Aufsichtsrats steht, werde die Deutsche Bank aber wohl auch in Zukunft eine wichtige Rolle im Investmentbanking spielen wollen, sagten die Investoren.

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