Süddeutsche Zeitung

Per Webcam beobachtet:Cyber-Spanner spioniert Schülerinnen aus

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Schrecklicher Verdacht: Mit Hilfe manipulierter Webcams soll ein Hacker aus dem Rheinland mindestens 150 Kinderzimmer überwacht haben.

Es ist der Albtraum aller Eltern: Ein Hacker aus dem Rheinland soll in die Computer von mindestens 150 Mädchen eingedrungen sein und die Kinder über Webcams ausspioniert haben.

Als die Polizei den Mann festgenommen habe, seien auf dessen Rechnern mehrere Videos aus Kinderzimmern gelaufen, schrieb das Westfalen-Blatt aus Bielefeld am Freitag.

Die Staatsanwaltschaft Aachen bestätigte die Ermittlungen, aber nicht die Zahl der Opfer. Die Spähattacke aufgedeckt hat Thomas Floß vom Berufsverband der Datenschutzbeauftragten Deutschlands (BvD).

Trojaner installiert

Der Elektrotechniker aus dem westfälischen Versmold hält in Schulen regelmäßig Vorträge, um Kinder und Jugendliche für den Datenschutz zu sensibilisieren.

"Zwei Mädchen erzählten, dass die Kontroll-Leuchte an ihren Webcams nicht ausgeht", erklärte Floß der Deutschen Presse-Agentur. Als der Experte die Computer untersuchte, entdeckte er schädliche Programme - sogenannte Trojaner -, die im Hintergrund die Geräte manipulierten.

Die Software habe der Täter über den Chat-Dienst ICQ verbreitet: Zunächst knackte er das Nutzerkonto eines Schülers, das nur von einem schwachen Passwort geschützt war. Dann versandte er von dessen Adresse aus einen als Bildschirmschoner getarnten Trojaner an die Mitschüler.

Wer die Datei öffnete, hatte die Software auf dem Rechner, so Floß. Der Experte konnte die Spur ins Rheinland zurückverfolgen und erstattete Anzeige. Die Staatsanwaltschaft Aachen ermittelt. "Eine Person steht in Verdacht, unerlaubt Computer mit Schadprogrammen ausspioniert und Webcams manipuliert zu haben", sagte ein Sprecher. Zur Zahl der Opfer äußerte er sich nicht.

Kein Einzelfall?

Das Westfalen-Blatt berichtete, 150 Schülerinnen seien betroffen, darunter 60 aus dem Kreis Gütersloh. Der Täter hatte es vor allem auf Mädchen abgesehen - Jungen seien nur selten betroffen, berichtete Datenschützer Floß.

Er geht davon aus, dass es sich um keinen Einzelfall handelt. "Ich habe 50 bis 60 Schulen besucht - jedes Mal hat sich mindestens eine Schülerin gemeldet, bei der solch ein Problem aufgetreten ist. Und viele andere trauten sich nicht, davon zu sprechen."

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