Süddeutsche Zeitung

Pensionskassen:Zehntausende müssen um Betriebsrenten zittern

  • Zwei Pensionskassen stehen kurz davor, die Betriebsrenten ihrer Versichten abzusenken.
  • Aufgrund der niedrigen Zinsen können sie die Beiträge nicht mehr so anlegen wie früher - und die Zahlungen nicht mehr in gleicher Höhe garantieren.
  • Helfen könnten zwar die Arbeitgeber - zur Rettung der Kassen verpflichtet sind sie allerdings nicht.

Von Herbert Fromme, Frankfurt

Zehntausende von Versicherten bei Pensionskassen müssen um die Höhe ihrer Betriebsrenten bangen. Nach SZ-Informationen stehen mindestens zwei Pensionskassen kurz davor, Zahlungen an die aktuellen Betriebsrentner und die Zusagen an die künftigen Empfänger spürbar abzusenken. Eine ganze Anzahl weiterer Pensionskassen muss ebenfalls kämpfen und denkt über Absenkungen nach.

Hauptursache für die Probleme sind die niedrigen Zinsen. Bereits vor zwei Jahren hat Frank Grund, Exekutivdirektor bei der Finanzaufsicht Bafin, zum ersten Mal vor Problemen der Pensionskassen gewarnt. Seither hat sich nichts verbessert, im Gegenteil. "Die Lage ist heute noch ernster als vor zwei Jahren", sagte Grund, der für die Versicherungsaufsicht zuständig ist. "Ohne zusätzliches Kapital von außen werden einige Pensionskassen nicht mehr ihre vollen Leistungen erbringen können."

Pensionskassen funktionieren ähnlich wie Lebensversicherer. Doch ist die Lage der Pensionskassen ernster als die der Lebensversicherer, sagte Grund. Sie zahlen ausschließlich lebenslange Renten aus und leiden deshalb sowohl unter den niedrigen Zinsen als auch unter der durchschnittlich längeren Lebenszeit. In Deutschland gibt es 137 Pensionskassen, die aktuell 165 Milliarden Euro Kapital für heutige und künftige Betriebsrenten verwalten. Mit einem Drittel von ihnen steht die Bafin in ständigen intensiven Diskussionen, sagte Grund. Bei einer nicht genannten Zahl von Pensionskassen, die zusammen 10 Prozent der 165 Milliarden Euro verwalten, sei die Lage sehr ernst.

Die Bafin spricht mit den Pensionskassen und mit den Arbeitgebern, um sie zur finanziellen Stärkung der Kassen zu bewegen. "Wir drängen die Pensionskassen, bei ihren Trägern oder Aktionären rechtzeitig Unterstützung einzufordern." Viele Arbeitgeber tun offenbar auch etwas, es sei auch schon Geld geflossen. "Zwingen können wir sie aber nicht", sagte Grund. Denn sie sind nicht zur Rettung der Pensionskassen verpflichtet. Probleme haben vor allem Pensionskassen, bei denen viele verschiedene Arbeitgeber Mitglied sind. "Es gibt Kassen mit 70 Arbeitgebern", sagte Grund. Dazu kommen Kassen, bei denen der Arbeitgeber nicht mehr existiert.

Viele Firmen suchen Wege, um ihre Kassen loszuwerden

Der letzte Ausweg sei die Leistungskürzung, sagte Grund. Dann müssten die Arbeitgeber eigentlich für die Differenz zwischen Zusagen und Zahlungen einstehen. "Der Arbeitgeber muss dann dafür sorgen, dass die Versorgungsberechtigten die volle zugesagte Leistung erhalten", erläuterte Grund. Das funktioniere aber nur, wenn der noch existiert und liquide ist.

Immer mehr Arbeitgeber suchen Wege, um ihre Pensionskassen loszuwerden. In zwei Fällen - die nicht mit den beiden Kassen identisch sind, die ihre Zahlungen reduzieren wollen - haben die Eigner ihre Pensionskassen bereits an den Abwicklungsspezialisten Frankfurter Leben verkauft, der vom chinesischen Investor Fosun kontrolliert wird. Das sind die offene Pensionskasse Pro BAV der Axa und die Prudentia, die Betriebsrenten von C&A-Mitarbeitern verwaltet.

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SZ vom 04.05.2018/vit
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