Payback Pay:Wie Payback das Bezahlen per Handy revolutioniert

Payback Pay

Erledigt: So sieht der Bildschirm am Ende des Bezahlvorgangs mit Payback Pay aus.

(Foto: Payback)

Bislang funktioniert Payback Pay nur bei dm, aber bald kommen auch Kaufhof, Alnatura und Aral dazu. Der Haken: Noch spielen die Kunden nicht mit.

Von Michael Kläsgen

Erich Harsch, der dm-Chef, stapelt tief, ganz tief. Auch Paypack-Geschäftsführer Dominik Dommick vermeidet jedes Tamtam. Harsch, 54, versichert: "Wir machen nichts gegen irgendjemanden, sondern fragen uns: Spielt das eine Rolle? Und wollen die Kunden das?" Dommick, 43, beteuert, es sei nie das Motiv gewesen, eine deutsche Antwort auf Apple Pay zu geben, der Möglichkeit, mit dem iPhone zu zahlen. Aber faktisch könnte das natürlich das Ergebnis sein.

Beide Unternehmen, dm und Payback, haben sich im Rennen um die kundenfreundlichste Lösung beim Mobile Payment, dem Bezahlen mit dem Smartphone, nach vorn geschoben, zumindest in Deutschland. Um den Markt wird weltweit gerungen. In Deutschland bezahlt im Moment kaum jemand mit seinem Handy. Amerikaner, Chinesen und Briten nutzen hingegen bereits iPhones des US-Konzerns Apple zum Zahlen, Franzosen und Schweizer können es bald tun. Die andere Smartphone-Großmacht, Samsung aus Südkorea, zog mit Angeboten im Heimatland, den USA, Großbritannien und Spanien im globalen Wettlauf nach.

Und Deutschland? Volksbanken und Sparkassen tüfteln und testen noch. Andere haben aufgegeben oder sind pleite. Die deutsche Kreditwirtschaft soll sich immerhin auf einen gemeinsamen technischen Standard geeinigt haben. Neues dazu gibt es 2017, vielleicht.

Plötzlich ist Deutschland wieder auf der Höhe der Zeit

Das Angebot von Payback und dm katapultiert Deutschland jetzt auf die Höhe der Zeit. Ob die Kunden es annehmen? Einzelhandelsexperte Horst Rüter sagt: "Wenn sich diese mobile Bezahlfunktion in Deutschland nicht durchsetzt, dann wird sich so schnell gar nichts in dieser Richtung durchsetzen. Dann will der Kunde so etwas zur Zeit auch nicht."

Die App von Payback ist seit Anfang Juni einsatzbereit und im Prinzip funktionsfähig, egal mit welchem Smartphone, egal, ob auf Apple oder Samsung und zwar in allen 1790 dm-Drogeriemärkten. Mit Payback Pay kann man nicht nur zahlen, sondern auch Coupons aktivieren und Punkte sammeln. Und das, egal bei welcher Bank man ist, per Lastschrift. Auch da hat die Kleinstaaterei ein Ende. dm macht nur den Anfang. Im Juli folgen alle Real-Märkte, im Herbst Aral, Kaufhof, Alnatura, Thalia und Rewe. Doch bei Rewe funktioniert es nicht mit dem weit verbreiteten iPhone.

Es geht um 28 Millionen Menschen. Das heißt, um alle Payback-Kunden, und dazu gehört fast jeder Zweite über 25 Jahren in Deutschland. Was für ein Potenzial! Ist das der Durchbruch für das Handy-Zahlen in Deutschland?

Payback ist mehr als nur ein "Punktesammler"-Unternehmen

Dommick, offenes Hemd, Drei-Tage-Bart, Fallschirmspringer mit Höhenangst, sitzt in der Payback-Zentrale an der Münchner Theresienwiese: "Die Chance, dass hier der Durchbruch bei Mobile Payment gelingt, ist groß, eben weil wir kein Mobile-Payment-Anbieter sind." Klingt widersprüchlich. Soll heißen: "Wir kommen aus einer ganz anderen Ecke. Bei uns wird alles andersherum gedacht, nämlich vom Verbraucher her." Man könnte auch sagen: Payback hat einen Riesenvorteil gegenüber allen anderen. Das Unternehmen ist schon da, wo alle hinwollen: an der Ladenkasse.

Payback? Ja, das sind diese "Punktesammler", deren Rabatt-Schnipsel man an den Kühlschrank pappt und an die man immer erst dann denkt, wenn man vor der Kasse steht und sie eigentlich gern einlösen würde. Seit 2011 gehört Payback zur US-Kreditkartenfirma American Express, einem Schwergewicht mit mehr als 30 Milliarden US-Dollar Umsatz im Jahr. Die vermeintlichen "Punktesammler" wirken in diesen Tagen wie eine smarte High-Tech-Firma. Seit Jahren herrscht zwischen den Akteuren ein lähmender Glaubenskrieg darüber, welches die beste Technik für das Mobile Payment sei. NFC oder HCE? Payback wich dem einfach aus und nutzt nun den scannbaren QR-Code, diese schwarz-weiße quadratische Matrix.

Wie das Bezahlen mit Payback Pay abläuft

Im Idealfall läuft das Bezahlen so: Man sagt der Kassiererin, dass man mit der App oder Payback Pay zahlen will. Sie drückt auf den entsprechenden Button an der Kasse. Man zückt sein Smartphone, ruft die Coupons auf, wählt zwischen der digitalen Punktesammel-Karte oder Payback Pay, tippt eine vierstellige Pin ein, der QR-Code wird gescannt, man hält das Smartphone über das Lesegerät und im Nu wird alles verrechnet. Am Ende erhält man einen digitalen Bon. Soweit die Theorie.

Die Realität ist noch eine andere. Eine Kassiererin bei dm sagt, in den knapp vier Wochen seit dem Start hätten bei ihr nur zwei per App bezahlen wollen. Der Geschäftsführer eines anderen dm-Marktes meint, "gefühlt" zahlten "zwei, drei pro Tag" mit der neuen App. Kaum einer nutzt die App. Und dann ist da auch noch die reale Welt der Kunden. Viele verzweifeln an der Technik und/oder haben ihr Passwort vergessen. In Internet-Foren schimpfen unzählige über das misslungene Update der alten App. Sie schaffen es nicht, die neue zu installieren. Hier ist natürlich das Risiko groß, Kunden ein für allemal zu verprellen.

Andererseits: Neun Millionen Payback-Kunden hatten schon die alte App installiert, und 90 Prozent von denen haben die neue App heruntergeladen. Es sind Millionen, die grundsätzlich bereit wären, per Smartphone zu zahlen. Nur: Tun sie es auch? Harsch räumt ein: "Manchmal ist es ein großer Schritt, nicht nur zu wissen, dass es das gibt, sondern es auch zu nutzen."

Wie damals, bei der Einführung der Kreditkarte?

Der dm-Chef gibt sich aber optimistisch: "Das Bezahlen mit dem Smartphone, das jeder sowieso bei sich trägt, ist gewiss die Zukunft." Der Österreicher warnt gleichzeitig vor, alles Schwarz oder Weiß zu sehen. Weder zahle morgen jeder per Mobilgerät noch verschwinde in Kürze das Bargeld. Harsch vergleicht die Situation eher mit der Einführung von Kreditkarten. "Vor gut 20 Jahren konnte man bei dm noch nicht mit Kreditkarten zahlen. Heute ist das selbstverständlich. Dem Bezahlen mit dem Smartphone könnte es ähnlich ergehen", prophezeit er. "Entscheidend wird sein, ob ein relevanter Teil unserer Kunden die App nutzt." Relevant ist für ihn bereits ein Anteil von zehn Prozent. Dort liegt er in etwa bei den Kreditkarten.

"Wir haben immerhin 1,8 Millionen Kunden täglich", erklärt er im Tonfall der Wiener. Wenn in Deutschland 180 000 von ihnen pro Tag die App nutzen, wären das die besagten zehn Prozent. Eine Zahl, die wiederum nicht als sehr hoch erscheint. Dommick hält sie für weit untertrieben, räumt aber ein: "Wie schnell sich der Wandel vollzieht, entscheidet der Kunde."

Datenschutz als Wettbewerbsvorteil

Der ist in Deutschland bekanntermaßen ein besonders sensibles Wesen, wenn es um seine Daten geht. Ralf Scherfling von der Verbraucherzentrale NRW warnt denn auch ganz allgemein, dass bei Mobile Payment "die grundsätzliche Gefahr der Ausspähung und der missbräuchlichen Verwendung" bestehe. Ist also am Ende auch Payback nur ein verkappter Daten-Krake?

Thomas Kranig, Präsident des für Payback zuständigen Bayerischen Landesamtes für Datenschutzaufsicht, sagt mit Blick auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der App. "Das sind keine Datenschutzbestimmungen nach dem Motto ,Vogel, friss oder stirb'. Sie sind im Vergleich zu amerikanischen Bestimmungen kaum verklausuliert. Es gibt wenige ,Kann'-Formulierungen und sie sind für den Durchschnittsbürger verständlich. Wir haben dagegen keine Einwände und auch keine Hinweise darauf, dass sie nicht eingehalten werden." Kranig sagt sogar, Payback sei schon zuvor auf das Amt mit der Bitte zugegangen, auf die AGB zu schauen. So etwas hat eher Seltenheitswert. Man könnte sogar sagen: Gäbe es ein deutsches oder europäisches Datenschutz-Siegel, so wie es von Mai 2018 an möglich sein soll, Paypack würde es nach gegenwärtigem Stand wahrscheinlich bekommen.

Aber steht im Kleingedruckten nicht auch Unheimliches wie etwa, dass Payback die Kamera des Smartphones nutzen wolle? "Wir planen, Kunden anzubieten, dass sie ihre Karte und die recht lange Kundennummer abfotografieren können, um ihnen den App-Anmeldeprozess zu erleichtern", sagt Dommick dazu. Zugriffe auf die Kamera, würden dem Kunden signalisiert. Ist das jetzt beruhigend?

Die Konkurrenz geht weniger zimperlich vor. Überraschend deutlich distanziert sich Hirsch schließlich sogar von nicht näher genannten Playern aus Übersee: "Wir grenzen uns klar ab von den merkwürdigen Dingen, die bei anderen passieren und sorgen dafür, dass die Daten unserer Kunden geschützt werden."

Datenschutz als Wettbewerbsvorteil - der dm-Chef ist einer der ersten, die sich dazu bekennen. Er ist hoffentlich nicht der letzte.

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