Passagierrechte:Schwirr ab

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Fluggäste müssen nach Verspätungen oft mühsam um Entschädigungen von den Airlines kämpfen. Dienstleister versprechen hier schnelle Hilfe - gegen Provision. Dabei ist rechtlich eigentlich alles längst eindeutig geregelt.

Von Stephan Radomsky

Was für ein Ärger, und das zum Urlaubsstart. Von München aus wollte Laura S. über Madrid nach Buenos Aires, eine ohnehin lange Strecke. Schon der erste Flieger aber hatte wegen eines Defekts zehn Stunden Verspätung, also stundenlanges Warten am Gate - und dann war der Anschlussflug längst weg. Anderthalb Tag vergehen so, bis der Urlaub in Südamerika für Laura S. endlich beginnt.

Bei diesem Ärger bleibt es für sie allerdings nicht. Denn noch immer - der Urlaub ist seit Monaten vorbei - kämpft sie um die Entschädigung, die ihr von der Fluggesellschaft eigentlich zusteht. Die weigert sich allerdings zu zahlen, einfach so. Ein Muster, das Verbraucherschützer und Juristen immer wieder beobachten: Berechtigte Ansprüche der Passagiere werden abgelehnt, mit oft abenteuerlichen Begründungen. Dabei ist die Entschädigung seit Jahren auf EU-Ebene genau geklärt. Je nach Reiseentfernung und Verspätung erhalten Reisende bis zu 600 Euro (siehe Tabelle). Auch die Pflichten der Anbieter bei verspätetem oder annulliertem Abflug sind festgelegt. Wenn Passagiere ihr Recht einfordern, scheint die Sache dann aber plötzlich nicht mehr so klar.

"Die Strategie dahinter ist einfach: erst einmal ablehnen, die Leute verunsichern und wenn möglich zermürben. Vielleicht geben sie ja auf", sagt Ronald Schmid. Der Jurist lehrt Reiseverkehrsrecht in Dresden und vertritt als Anwalt auch selbst Mandanten vor Gericht. Außerdem spricht er für Fairplane. Das österreichische Unternehmen hat sich, ähnlich wie auch die Anbieter Flightright oder EU-Claim, darauf spezialisiert, gegen eine Provision zwischen 25 und 30 Prozent der Entschädigung die Ansprüche der Passagiere durchzusetzen, wenn nötig auch durch eine Klage.

Zwar könnten die Kunden auch selbst vor Gericht ziehen und müssten dafür bei einem Streitwert von maximal 600 Euro nicht einmal zwingend einen Rechtsanwalt nehmen, sagt Schmid. Viele scheuten aber den Aufwand und das finanzielle Risiko eines Prozesses. Dabei bekämen die meisten Kunden nach einer ordentlichen Beweisführung am Ende recht, "und zwar auf ganzer Linie". Rechtsdienstleister wie Fairplane seien da gerade für Passagiere ohne passende Rechtsschutzversicherung eine Möglichkeit, "sich die Lästigkeiten vom Hals zu halten".

Diesen Service wollen Verbraucherschützer nicht bewerten. Das Problem seien die Schwierigkeiten der Kunden, zu ihrem Recht zu kommen, heißt es etwa von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg - und zwar ohne Unterstützung.

Alternativ können seit Ende 2013 auch Flugpassagiere die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (SÖP) in Berlin anrufen, wenn sie sich ungerecht behandelt fühlen. War zuvor eine Beschwerde bei der Fluggesellschaft erfolglos, versuchen die Schlichter zwischen Anbieter und Kunden zu vermitteln. Von den knapp 5000 im Jahr 2014 eingereichten Schlichtungsanträgen von Airline-Kunden endeten nach Angaben der SÖP 91 Prozent mit einer Einigung der Parteien. Die ist für die Verbraucher kostenfrei, da die Schlichtungsstelle von den Unternehmen selbst finanziert wird.

Es gibt allerdings Fälle, in denen Passagiere keinen Ansprüche haben. Dann nämlich, wenn die Fluggesellschaft außergewöhnliche Gründe für die Verspätung hat. Dazu gehören laut BGH auch Streiks (Az. X ZR 104/13) - und die dürften im vergangenen Jahr wohl für einen ziemlich großen Teil der Verspätungen verantwortlich gewesen sein.

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