Süddeutsche Zeitung

Knöllchen:Supermärkte gehen gegen Dauerparker vor

Lesezeit: 3 min

Von Berrit Gräber

Wer in Städten einen Parkplatz sucht, braucht gute Nerven und viel Zeit. Oft bieten die Freiflächen vor Supermärkten und Einkaufszentren die einzige Chance, das Auto für ein paar Stunden abzustellen. Auch Carsharing-Kunden lassen die Wagen am Ende der Fahrt gern dort stehen. Was früher problemlos möglich war, kann jetzt allerdings schnell ins Geld gehen. Immer mehr Ladenbetreiber lassen ihre Flächen überwachen. Dauerparker sind unerwünscht. Werden vorgegebene Zeiten überschritten oder Parkscheiben vergessen, bitten die privaten Kontrolleure mit 30-Euro-Knöllchen zur Kasse. Oder sie lassen abschleppen, schalten Inkassofirmen ein. In jedem Fall wird es teuer. "Das ist für viele zum echten Ärgernis geworden", sagt Hannes Krämer, Jurist beim Auto Club Europa (ACE) in Stuttgart. Falschparker brauchen sich aber nicht alles bieten zu lassen. Was erlaubt ist - und was schlicht zu weit geht.

Dürfen Supermärkte das?

Ja. Die Betreiber können ihre Kunden kostenlos parken lassen - oder auch nicht. Weil Parkplätze und Tiefgaragen immer öfter von Fremdparkern genutzt werden, die sie manchmal den ganzen Tag blockieren, sind viele dazu übergegangen, Firmen zur Überwachung einzuschalten. "Private Wächter wie Park & Control, Fairparken oder Parkräume KG sind in letzter Zeit wie Pilze aus dem Boden geschossen", berichtet ACE-Jurist Krämer. Vor allem in Ballungsräumen, wo Parkraum knapp ist. Die externen Kontrolleure überwachen dann das Gelände, bestimmen Regeln und Gebühren und verteilen Strafen. Auf einigen Rewe-Parkplätzen gilt neuerdings etwa, dass Kunden nur noch ein oder zwei Stunden parken dürfen und eine Parkscheibe auslegen müssen. Sonst werden bis zu 30 Euro Vertragsstrafe fällig.

Was ist zu beachten?

Weil Parken nicht mehr überall automatisch kostenfrei ist, sollten sich Autofahrer genau umschauen, bevor sie ihr Auto abstellen. Denn: Sobald man die Parkfläche eines Supermarkts oder Einkaufszentrums befährt, geht man einen Vertrag mit dem ein, der den Platz bewirtschaftet, wie Krämer erläutert. Aber: Gibt es eine Parkordnung, müssen die Schilder auch gut lesbar sein, sofort ins Auge fallen und auflisten, dass Strafen drohen, wie teuer Verstöße kommen und ob abgeschleppt wird, wie die Rechtsexperten der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen erläutern. Sind die Schilder versteckt platziert, von Büschen und Bäumen verdeckt, mit winziger Schrift, müssen Autofahrer das nicht hinnehmen. Der Vertrag mit der Kontrollfirma kann dadurch unwirksam werden. Betroffene sollten dann Fotos machen und sich gegen die Forderung wehren.

Wer muss zahlen?

Eigentlich gilt: Wer das Auto gefahren hat, muss das Knöllchen auch zahlen. Zahlt niemand, kommen die Parkplatzwächter nicht weiter - und wenden sich an den Halter des Fahrzeugs. Über das Kennzeichen ermitteln sie ihn mithilfe des Kraftfahrtbundesamts. Ist der Halter nicht selbst gefahren, sondern etwa seine Frau, kann er die Zahlung verweigern. Er sei nicht dazu verpflichtet anzugeben, wer das Auto geparkt hat, so Krämer: "Dann ist die Wächterfirma in der Beweislast." Trotzdem sei der Halter nicht in jedem Fall fein raus, gibt der Jurist zu bedenken. So manches Gericht sei neuerdings der Auffassung, der Halter müsse sehr wohl aufklären, wer gefahren ist.

Womit müssen Carsharing-Kunden rechnen?

Wer ein Auto von Car2go, DriveNow oder etwa Sixt auf einem Supermarktplatz übernimmt und feststellt: An der Windschutzscheibe klebt ein Knöllchen, sollte sich keinen Kopf machen um den "Strafzettel", rät Krämer. Die Strafe muss der Vorgänger-Fahrer zahlen. Die Parkplatzwächter werden ihn über die Vermietungsfirma ausfindig machen und zur Kasse bitten. Zu den 20 bis 30 Euro Vertragsstrafe wegen Falschparkens kommen meist noch Bearbeitungsgebühren von etwa 25 Euro drauf. "Wer ein Carsharing-Fahrzeug auf einem privaten Parkplatz abstellt, sollte sich vorher schlau machen, ob das erlaubt ist", warnt der ACE-Jurist. Verstöße kommen sonst teuer zu stehen.

Was, wenn das Auto abgeschleppt wird?

Ist es auf den Hinweisschildern des Supermarkts ausdrücklich angekündigt, sind auch Parkkrallen und das Abschleppen des Fahrzeugs erlaubt. Den Halter können Abschleppkosten auch dann treffen, wenn er gar nicht selbst gefahren ist, wie die Verbraucherzentralen warnen (Bundesgerichtshof, BGH V ZR 102/15). Der Ärger über teure Rechnungen füllt immer wieder Internetforen und Blogs. Aber: Das Auto darf erst dann abgeschleppt werden, wenn es mehrere Tage lang auf dem Supermarkt-Gelände parkt, eine Zufahrt versperrt oder Rettungsfahrzeuge behindern könnte. Abschleppen nach wenigen Stunden, nur weil die Parkscheibe fehlt oder wenige Zentimeter über den Markierungen geparkt wurde, wäre unverhältnismäßig, wie der Berliner Rechtsanwalt Thomas Hollweck erläutert. Betroffene seien dann nicht verpflichtet, happige Gebühren für eine "Abschleppvorbereitung" zu bezahlen. Solange Abschleppen nicht notwendig war und auch keine Vorbereitungen dazu getroffen wurden, sind solche Posten nach Ansicht des Verbraucheranwalts unrechtmäßig.

Wie kann man sich wehren?

Wer Forderungen für unberechtigt hält, kann dagegen Widerspruch einlegen und die Rechnung bestreiten. Das Knöllchen ignorieren ist keine Option für Halter, wie Krämer warnt. Häufig kommt dann bald Post vom Inkassounternehmen oder vom Anwalt, was die Summe deutlich verteuert. Wer gar keinen "Strafzettel" an der Scheibe hatte, sollte einer Inkassomahnung komplett widersprechen. Das Knöllchen kann vom Wind weggeweht worden sein. Mahn- und Verzugskosten müssten dann nicht bezahlt werden. Bei Problemen helfen Verbraucherzentralen sowie Rechtsanwälte weiter.

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Quelle:
SZ vom 24.06.2019
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