Parfümerie Douglas:Bloß weg von der Börse

Der Drogeriemarkt Müller greift nach Douglas - das will die Gründerfamilie der Parfümerie verhindern. Um den Konkurrenten abzuwehren, greift sie zu einem spektakulären Schritt: Douglas will die Börse verlassen und Finanzinvestoren an Bord holen. Ein Wirtschaftskrimi beginnt.

Stefan Weber

Immer, wenn der Scheich nach Düsseldorf kommt, ist viel Leben in der dortigen Filiale des größten deutschen Parfümerie-Konzerns. Der Orientale pflegt für mehr als hunderttausend Euro einzukaufen, nur dort in diesem einen Geschäft, weil er es so liebt.

Douglas

Douglas bietet Dinge, die das Leben schön und angenehm machen sollen - auch Lippenstift.

(Foto: Bernd Thissen/dpa)

Die Verkäuferinnen bereiten sich auf den hohen Besuch "generalstabsmäßig" vor, wie Jörn Kreke, 71, einmal verraten hat, Aufsichtsratschef und graue Eminenz des Unternehmens. Der Mann aus Hagen, der seit 1969 aus dem Süßigkeiten-Laden Hussel heraus einen Lifestyle-Spezialisten aufgebaut hat, macht selbst das, was viele Deutsche, insbesondere zu Weihnachten, tun - er sucht bei Douglas nach Düften, die man verschenken kann. Er riecht intensiv an den Flakons.

Jetzt steht der Grandseigneur, der es so liebt, in den eigenen Läden mit offenen Armen empfangen zu werden, mitten drin in einem Wirtschaftskrimi, in einer Abwehrschlacht gegen einen unliebsamen Eindringling - und in einer Neuordnung des Verbunds, zu dem knapp 2000 Fachgeschäfte und mehr als 24.000 Mitarbeiter gehören. Hier werden Dinge angereicht, die das Leben schön und angenehm machen sollen: Duftwasser, Cremes, Kosmetik (Douglas), Schmuck (Christ), Mode (Appelrath Cüpper), Bücher (Thalia) und natürlich die Schokoladen von Hussel, alles von Jörn Kreke aufgebaut. Vom Veteranen, der das Tagesgeschäft schon vor zehn Jahren seinem Sohn Henning übertragen hat, und zwar mit den Worten: "Mit Sicherheit kommt einmal eine Situation, wo es so richtig gegen dich läuft, wo du kämpfen und strampeln musst. Da ist es gut, wenn du schon einige Zeit das Ruder in der Hand hast."

Jetzt muss der Clan aus Hagen offenbar heftig strampeln gegen einen lästigen Großaktionär, den Drogerieunternehmer Erwin Franz Müller, der von Ulm aus ein weit verzweigtes Imperium lenkt, das in London unter der Rechtsform Limited registriert ist. Der Patriarch hatte sich im vorigen Jahr mit zehn Prozent bei der börsennotierten Douglas AG eingekauft und angekündigt, seine Beteiligung weiter aufzustocken - auf bis zu 18 Prozent.

Dagegen wehrt sich die Familie Kreke nun mit einem spektakulären Schritt: Sie will ihren Einfluss mit Hilfe von Finanzinvestoren vergrößern und das Unternehmen von der Börse nehmen. Das teilte Douglas am Donnerstag in einer Ad-hoc-Meldung mit. Die Überlegungen befänden sich noch in einem frühen Stadium, heißt es. Struktur und Finanzierung einer möglichen Transaktion seien noch nicht geklärt. Geredet wird offenbar mit Apax und BC Partners, zwei Spezialisten der Private-Equity-Szene, also Firmenbesitzern auf Zeit, die unter Einstreichen einer großen Rendite Anteile kaufen und verkaufen.

"Wir wollen kaufen, nicht verkaufen"

Durch die Rechtsform einer AG, die Publikumsaktien anbietet, fühlen sich die Douglas-Strategen verwundbar. Jörn Kreke, der langjährige Chef, und seine Dynastie halten 12,6 Prozent an der Handelsgruppe; nimmt man die Anteile der Familie seines Vaters Herbert H. Eklöh (1905-1978) hinzu, kommt man auf mehr als 30 Prozent. "Wir wollen kaufen, nicht verkaufen", erklärt Henning Kreke, 46, der amtierende Vorstandschef, voller Selbstbewusstsein - seine Familie wolle die Mehrheit. "Die Familie Kreke steht voll und ganz hinter der Douglas-Gruppe", ergänzt er.

Douglas Holding - Henning Kreke

"Die Familie Kreke steht voll und ganz hinter der Douglas-Gruppe", sagte Henning Kreke, Vorstandsvorsitzender der Douglas Holding

(Foto: dpa)

Hinter der Gruppierung Kreke-Eklöh kommt im Aktionärskreis seit vielen Jahren die Bielefelder Oetker-Gruppe: Sie hält inzwischen 25,81 Prozent. Der neue Plan sieht offensichtlich so aus, dass den Aktionären - also auch dem Gegner Müller von den Drogeriemärkten - ein Übernahmeangebot gemacht wird. Die Finanzinvestoren, die flüssigen Helfer, sollen dann die Aktien kaufen. Vorgesehen ist, die Anteile später auf die Krekes zu übertragen.

Das heizt die Phantasie der Börsianer an: Am Donnerstag verteuerte sich die Douglas-Aktie um mehr als 25 Prozent. Am Tag zuvor allerdings hatte sie sehr gelitten, nachdem Douglas eher durchwachsene Geschäfte (der Umsatz stagniert bei 3,4 Milliarden Euro, der Gewinn sinkt) bekanntgegeben und Probleme im Thalia-Buchhandel sowie im Auslandsgeschäft der Parfümerien in Südeuropa eingeräumt hatte. Bei der Präsentation der Jahreszahlen am Mittwoch wurden die weitreichenden Zukunftspläne mit keinem Wort erwähnt.

Jörn Kreke und sein Filius haben die Bloß-weg-von-der-Börse-Aktion eng mit der Familie Eklöh und dem Oetker-Unternehmen abgestimmt. Ihre offizielle Begründung: Die Aktie sei seit langem an der Börse nicht fair bewertet. Zudem ließen sich Umstrukturierungen wie bei Thalia besser lösen, wenn Douglas nicht börsennotiert sei. Doch der entscheidende Grund ist Friseurmeister Müller aus Ulm. Der Angreifer aus dem Schwäbischen kann den anderen Großaktionären das Leben richtig schwermachen. Auf den Douglas-Hauptversammlungen in der Hagener Stadthalle sind meist nur weniger als 60 Prozent der Stimmen vertreten - mit einem Anteil von 15 Prozent am absoluten Aktienkapital könnte Müller somit die Sperrminorität von 25 Prozent erreichen und wichtige Entscheidungen blockieren.

Der Angreifer aus dem Schwäbischen

Douglas

Die Parfümerie Douglas plant einen Börsenabgang: Familie Kreke will die Mehrheit.

(Foto: dpa)

Der ungeliebte Douglas-Teilhaber hatte gemeinsame Projekte, etwa beim Wareneinkauf oder in der Logistik, angeregt. Vorstandschef Henning Kreke wies das barsch zurück. Die Firma Müller, formulierte er spitz, werde mit eiserner Hand geführt, "wir aber führen mit Herz und Verstand". So lautet der Slogan der Gruppe. Müller wiederum konterte mit heftiger Kritik am Führungsstil in Hagen und ortete "strategische Fehler".

Seit langem arbeitet der Kreke-Clan am Machtgewinn. Aktien wurden dazugekauft und Loblieder auf die Partnerschaft mit Oetker angestimmt: "Zwischen Oetker und Kreke passt kein Müller." Es gab ein Dementi auf einen Artikel, der referiert hatte, Oetker-Finanzchef Ernst Schröder habe im Aufsichtsrat Vorstandschef Kreke kritisiert. Dessen Vertrag sei ja im Dezember 2010 um fünf Jahre verlängert worden.

Zuletzt kündigte Senior Jörn Kreke im Dezember an, seine Beteiligungsholding Lobelia habe 4,5 Millionen Euro in Douglas-Aktien investiert. Für ihn ist der Kampf um die eigene Mehrheit ein heißer Ritt. Privat hat der Routinier ein Debakel erlebt: Das Unternehmen Adi, das er zu 50 Prozent über die Beteiligungsfirma Lobelia hält, musste im August Insolvenz anmelden.

Die Factoring-Firma hatte etwa Zahnärzten und Labor-Betrieben Forderungen gegen Schuldner aufgekauft; bei Kunden der Firma Orca-Tech, die mit Spezialfahrzeugen Ölschäden auf Autobahnen beseitigt, ging das schief. Die Tochterfirma BF Bestattungsfinanz, die nach Beerdigungen bei säumigen Hinterbliebenen aktiv wurde, musste jetzt an die Neusser Industriellenfamilie Werhahn verkauft werden. Gleichwohl will Kreke weiter Geld in vielversprechende Geschäftsmodelle stecken. Das sei seine "unternehmerische Pflicht", sagte er dem Handelsblatt, ohne Innovationen und Investitionen könne "die deutsche Wirtschaft ihre Spitzenstellung in der Welt nicht behaupten".

Aber erst mal ist Douglas dran.

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